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#Die EU kommt mit Zuckerbrot zu Erdogan

Die EU kommt mit Zuckerbrot zu Erdogan

Die Europäische Union geht wieder auf die Türkei zu – obwohl es dort Rückschritte bei der Rechtsstaatlichkeit und bei Grundrechten gibt. Denn die Regierung in Ankara deeskaliert zumindest in ihrer Außenpolitik und kommt damit den Europäern entgegen. Bevor es jedoch zu Verhandlungen kommt, etwa über einen neuen Flüchtlingspakt oder die Modernisierung der Zollunion aus dem Jahr 1996, will die EU den Spielraum dafür ausloten. Sie muss sich Sicherheit verschaffen, dass die türkische Führung es ernst meint mit einem konstruktiven Dialog.

Rainer Hermann

Deshalb sind am Dienstag EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und Ratspräsident Charles Michel nach Ankara gereist, um mit dem türkischen Präsidenten Tayyip Erdogan zu konferieren. In einer Pressekonferenz nach dem Treffen sagte von der Leyen, die EU strebe eine „ehrliche Partnerschaft“ mit der Türkei an, in der auch offen über den Respekt für die Grundrechte gesprochen werde. Der Besuch solle den Beziehungen der Union mit der Türkei neuen Schwung verleihen; daran sei auch die türkische Seite interessiert. 

„Neue Gelegenheiten für den Frieden“

Eine Erwartung an Ankara hatte Michel bereits mit seiner Anreise signalisiert. Während von der Leyen direkt aus Brüssel angereist war, hatte Michel in den Tagen zuvor Libyen und Tunesien besucht. In Libyen traf er die Führung der neuen Übergangsregierung und den neuen Präsidialrat. Auch an die Adresse Ankaras gerichtet war seine Aussage, dass der Abzug „aller ausländischen Kämpfer und Soldaten“ eine Voraussetzung für ein „stabiles, vereintes, souveränes und wohlhabendes Libyen“ sei. Nach dem Treffen mit Erdogan sprach er von „neuen Gelegenheiten für den Frieden“.

Sitzordnung: Während für EU-Ratspräsident Charles Michel ein großer Stuhl neben dem türkischen Staatschef reserviert war, bekam EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen einen Platz auf einem Sofa in einiger Entfernung von Erdogan und Michel zugewiesen.


Sitzordnung: Während für EU-Ratspräsident Charles Michel ein großer Stuhl neben dem türkischen Staatschef reserviert war, bekam EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen einen Platz auf einem Sofa in einiger Entfernung von Erdogan und Michel zugewiesen.
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Bild: dpa

Vor diesem Treffen hatten von der Leyen und Michel nur einen anderen Tagesordnungspunkt: Sie sprachen mit Vertretern von UN-Organisationen, die sich um die Belange von Flüchtlingen kümmern – des Flüchtlingswerks UNHCR, des Kinderhilfswerks Unicef und der Internationalen Organisation für Migration. Auch Vertreter von UN Women waren zugegen; schließlich hatte Erdogan vor gut zwei Wochen den Austritt der Türkei aus der Istanbul-Konvention des Europarats zum Schutz der Frauen vor Gewalt erklärt. Von der Leyen äußerte sich dazu „sehr besorgt“. Dass Erdogan diese Entscheidung rückgängig macht, gilt indes als sehr unwahrscheinlich.

Weder waren Treffen mit Oppositionsparteien noch mit der Zivilgesellschaft geplant. Zwar hatten die Staats- und Regierungschefs am 25. März noch erklärt, dass der Zustand von Rechtsstaatlichkeit und Grundrechten in der Türkei weiterhin „Anlass zu großer Sorge“ gebe. Von der Leyen und Michel waren aber nicht in der Türkei gekommen, um eine Verbesserung der innenpolitischen Zustände anzumahnen, selbst wenn sie das bei Erdogan zur Sprache gebracht haben. Im Vordergrund standen außenpolitische und strategische Erwägungen. Das hat die Opposition in der Türkei enttäuscht, und die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch schrieb, es könne keine „positive Agenda“ geben, die gegen EU-Werte verstoße.

Erdogans aggressive Politik ist an Grenzen gestoßen

Eine solche „positiven Agenda“ hatten die Staats- und Regierungschefs in ihrer Gipfelerklärung präzisiert. Dort heißt es, die EU habe „ein strategisches Interesse an einem stabilen und sicheren Umfeld im östlichen Mittelmeerraum und an der Entwicklung einer kooperativen und für beide Seiten nutzbringenden Beziehung zur Türkei“. Deshalb begrüße man „die jüngste Deeskalation im östlichen Mittelmeerraum durch die Einstellung der rechtswidrigen Bohrtätigkeiten, die Wiederaufnahme der bilateralen Gespräche zwischen Griechenland und der Türkei und die bevorstehenden Gespräche über die Zypernfrage unter der Schirmherrschaft der Vereinten Nationen“. In diesem Sinne äußerte sich jüngst auch der EU-Außenbeauftragte, Josep Borrell. Er identifizierte drei große außenpolitische Konfliktfelder mit der Türkei – neben Libyen und Syrien das östliche Mittelmeer –, aber nur ein innenpolitisches, die „Verschlechterung der demokratischen Standards“.

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