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#IAEA-Chef Grossi will persönlich nach Saporischschja reisen

„IAEA-Chef Grossi will persönlich nach Saporischschja reisen“

Die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) hat Russland und die Ukraine dringend aufgefordert, sich auf eine Rahmenvereinbarung zum Schutz von Nuklearanlagen während der Kampfhandlungen zu verständigen. IAEA-Generaldirektor Rafael Grossi möchte zur Vermittlung einer solchen Vereinbarung in den kommenden Tagen in die Ukraine reisen, und zwar in die von russischen Kräften gehaltene Sperrzone von Tschernobyl. „Ich bin bereit zu kommen“, sagte er am Freitag in Wien. Grossi stellte klar, dass er nicht als politischer Mediator auftrete, sondern allein im Rahmen seines Mandats für die Sicherheit von Nuklearanlagen.

Vorausgegangen waren beunruhigende Meldungen über Kämpfe auf dem Gelände und ein Brand in einem Gebäude, der wieder gelöscht ist. Drei ukrainische Soldaten sollen dabei getötet worden sein. Russische Einheiten haben das Gebiet um das Atomkraftwerk unter ihre Kontrolle gebracht. Die sechs Reaktorblöcke selbst blieben verschont. Nach Angaben der ukrainischen Behörden sei in dem Akw aktuell nur der vierte Block in Betrieb. Der Betrieb werde durch ukrainische Mitarbeiter und unter der Aufsicht von Behörden in Kiew regulär fortgeführt.

In der Nacht meldete sich der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba über Twitter zu Wort: Die russische Armee schieße „von allen Seiten“ auf die Anlage, schrieb Kuleba. „Das Feuer ist bereits ausgebrochen. Wenn es explodiert, wird das zehnmal größer sein als Tschernobyl!“ Russland müsse das Schießen unverzüglich einstellen, um die Feuerwehr an den Brand heranzulassen. Von russischer Seite gab es keine Bestätigung für einen Beschuss.

Selenskyj wendet sich an Russen

Der Bürgermeister der nahen Stadt Enerhodar, Dmytro Orlow, forderte in der Nacht die sofortige Einstellung der der Gefechte aus Sicherheitsgründen. Er hatte zuvor über etwa 100 russische Militärfahrzeuge in dem Gebiet berichtet. Die Angaben waren zunächst nicht unabhängig zu überprüfen. Auf Videos, die das Geschehen zeigen sollen, waren Schusswechsel zu sehen.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj sprach von einem gezielten Beschuss durch russische Panzer. „Europa muss jetzt aufwachen“, sagte Selenskyj in einer am Freitag bei Telegram veröffentlichten Videobotschaft. „Da sind mit Wärmebildkameras ausgestattete Panzer. Das heißt, sie wissen, wohin sie schießen, sie haben sich darauf vorbereitet“, sagte der Staatschef. Er erinnerte auch an die Atomkatastrophe in Tschernobyl. „Gerade jetzt beschießen russische Panzer die Reaktorblöcke“, sagte Selenskyj. Russland wirft er „Nuklear-Terror“ vor. „Das größte Kernkraftwerk Europas brennt“, sagte er zu dem Zeitpunkt, als das Feuer noch nicht gelöscht war. Die Ukraine fordert seit Tagen die Schließung des Luftraums. Selenskyj wandte sich auch an die russische Bevölkerung: „Leute in Russland, wie ist das überhaupt möglich? Wir haben gemeinsam gegen die Folgen der Tschernobyl-Katastrophe von 1986 gekämpft. Habt ihr es vergessen? Wenn Ihr euch daran erinnerst, könnt ihr nicht schweigen. Sagt eurer Führung, dass ihr leben wollt.“

Im Atomkraftwerk Tschernobyl in der Ukraine war es am 26. April 1986 zu einer der schlimmsten Katastrophen bei der friedlichen Nutzung der Kernenergie gekommen. Nach der Explosion eines Reaktorblocks des Atomkraftwerks verteilten sich radioaktive Stoffe über mehrere Tage über weite Teile Europas.

Ein russischer Angriff löste einen Brand im AKW Saporischschja aus.


Ein russischer Angriff löste einen Brand im AKW Saporischschja aus.
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Bild: dpa

Nach Informationen der F.A.Z. habe das Feuer keine wesentlichen Anlagen beeinträchtigt. Das sagte der Generaldirektor der Europäischen Atomgemeinschaft Euratom, Yves Desbazeille, der F.A.Z. Man verfolge die Entwicklungen weiter und unterstütze die Forderungen nach einer sofortigen Einstellung der Gewaltanwendung in der Umgebung der Kernkraftwerke und nach einem Schutz der Gesundheit und des Wohlergehens der Beschäftigten. Desbazeille beschwichtige, man habe die Aussagen zur Kenntnis genommen, dass die Situation schlimmer werden könnte als in Tschernobyl: „Wir glauben aber nicht, dass diese Einschätzungen die Realität vollständig widerspiegeln. Vieles wird davon abhängen, welches Ziel Russland letztlich verfolgt.“ Er wolle keine Spekulationen darüber anstellen, wie sich die Situation entwickeln werde und welche Auswirkungen sie auf die ukrainischen Kernkraftwerke und andere kritische Infrastrukturen haben könnte, sagte der Franzose.

Warnungen vor der Gefahr auch aus Russland

Russlands militärische Einnahme von ukrainischen Atomanlagen ist vom Lenkungsgremium der IAEA verurteilt worden. Eine entsprechende Resolution des IAEA-Gouverneursrates wurde laut Diplomaten nur von Russland und China abgelehnt. Das Risiko für einen Atomunfall mit internationalen Auswirkungen habe sich im Zuge der russischen Invasion deutlich erhöht, hieß es in der Resolution. Die IAEA-Resolution beruhe auf Lügen, sagte der russische Botschafter Michail Uljanow, der Russland bei den internationalen Organisationen in Wien vertritt, zu Journalisten. Russische Kräfte hätten bei Atomanlagen nie Gewalt angewendet, sondern würden diese nur schützen. „Sie greifen nicht in den Betrieb der Nuklearanlagen ein“, sagte er.

In dem seit acht Jahren dauernden Konflikt sah sich die Ukraine immer wieder dem Vorwurf ausgesetzt, die Krise im Land internationalisieren zu wollen, um die Weltgemeinschaft für ein Eingreifen zu mobilisieren. Auch aus Russland kamen zuletzt Warnungen vor Gefahren um die Atomkraftwerke. Die russische Armee etwa hatte mitgeteilt, die Anlage von Tschernobyl nach ihrem Einmarsch in dem Land rasch gesichert zu haben. Der kremlnahe und vom Westen mit Sanktionen belegte russische Oligarch Oleg Deripaska mahnte Friedensverhandlungen an, um die atomare Gefahr aus der Ukraine einzudämmen. Das Land habe auf seinem Gebiet noch 15 atomare Blöcke und drei Lager für Brennstäbe, sagte er. Er warnte vor großen Risiken für Russland, die Ukraine und Europa, sollte es dort zu einem atomaren Zwischenfall kommen. Damit wäre die Region für die nächsten 200 Jahre verdammt, sagte Deripaska.

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