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#Orcas: Kostspielige „Muttersöhnchen“

„Orcas: Kostspielige „Muttersöhnchen“

Mütterliche Fürsorge der extremen Art: Orca-Mütter kümmern sich so intensiv um ihre schon erwachsenen Söhne, dass ihr eigener Fortpflanzungserfolg stark leidet, zeigt eine Studie. Letztlich kann sich dies für die Mütter allerdings lohnen: Die spezielle Investition in den männlichen Nachwuchs erhöht wohl ihre Chancen auf mehr Enkelkinder, erklären die Wissenschaftler.

Scheinbar selbstlos opfern sich Eltern für das Wohl ihres Nachwuchses auf: Dieses Konzept ist auch uns Menschen bekannt und unter Säugetieren ist es weit verbreitet. Es ist dem Ziel gewidmet, die Überlebens- und Fortpflanzungschancen der Nachkommen zu fördern, um letztlich für die Weitergabe der eigenen Gene zu sorgen. Vor allem die mütterliche Fürsorge kann dabei sehr ausgeprägte Formen annehmen. Bei manchen Arten widmen sich die Weibchen dem Wohl ihrer Nachkommen sogar bis ins Erwachsenenalter hinein. Ein besonders interessantes Beispiel findet sich dafür bei den auch Schwertwal genannten Orcas (Orcinus orca).

Spezielle Förderung der Söhne

Diese Vertreter der Zahnwale sind für ihre hohe Intelligenz und ihr komplexes Sozialverhalten bekannt. Sie leben und jagen in Gruppen, die von erfahrenen Weibchen angeführt werden. Die Muttertiere kümmern sich zunächst intensiv um ihre Kinder beiderlei Geschlechts. Doch wie Untersuchungen an einer Orca-Population an der Pazifikküste Nordamerikas gezeigt haben, kommt es nach dem Erreichen des Erwachsenenalters zu einer Besonderheit: Während die jungen Weibchen selbstständig werden, kümmern sich die Mütter weiterhin um ihre Söhne. Vor allem versorgen sie diese mit Nahrung, wie Beobachtungen belegen: Wenn eine Schwertwal-Dame etwa einen Lachs gefangen hat, teilt sie ihn typischerweise in zwei Hälften, frisst die eine und gibt die andere an ihren Sohn weiter.

Die geschlechtsspezifische Fürsorge macht sich auch auf der Populationsebene deutlich bemerkbar: “Wir konnten bereits belegen, dass Söhne eine deutlich höhere Überlebenschance haben, wenn ihre Mütter vorhanden sind”, sagt Michael Weiss von der University of Exeter. “In der aktuellen Studie wollten wir nun klären, inwieweit diese Unterstützung einen Preis für die Weibchen hat“. Weiss und seine Kollegen werteten dazu Daten der intensiv erforschten pazifischen Schwertwalpopulation aus den Jahren 1982 bis 2021 aus. Verschiedene Informationen flossen dabei in die statistischen Auswertungen ein, um Zusammenhänge aufzudecken.

Zulasten der eigenen Fortpflanzung

Wie die Forscher berichten, spiegelte sich in den Ergebnissen wider, dass die Investition in die Söhne stark an den Müttern zehrt. Die Studie ergab, dass jeder lebende Sohn die jährliche Wahrscheinlichkeit einer erfolgreichen Aufzucht eines weiteren Kalbs durch seine Mutter um etwa die Hälfte verringert. Vermutlich liegt dies daran, dass die Walmütter zugunsten ihrer Söhne selbst nicht genug fressen. “Das Ausmaß der Kosten, die die Weibchen für die Betreuung ihrer erwachsenen Söhne auf sich nehmen, war wirklich überraschend”, so Weiss. Diese extreme Form der Fürsorge, bei der die Mütter auf unbestimmte Zeit ihren eigenen Fortpflanzungserfolg opfern, um speziell ihre Söhne zu fördern, ist höchst ungewöhnlich und möglicherweise sogar einzigartig, sagen die Wissenschaftler.

Doch wie kann sich solch ein auf den ersten Blick nachteilig erscheinendes Konzept evolutionär entwickeln? Dies hat damit zu tun, dass Individuen nicht am Wohl ihrer Spezies „interessiert“ sind, sondern nur an der möglichst effektiven Weitergabe der eigenen Gene. Wie die Forscher erklären, kann ein Orca-Weibchen durch die Investition in ihre Söhne offenbar besser dafür sorgen, ihr Erbe zu hinterlassen, als durch weitere eigene Nachkommen. Konkret: Mütter, die sich um ihre Söhne bemühen, profitierten davon, dass diese sich mit zahlreichen Weibchen paaren können und so für eine vergleichsweise große Anzahl von Enkeln sorgen. “Die Weibchen haben evolutionäre Vorteile, wenn ihre Söhne sich erfolgreich fortpflanzen können, und unsere Ergebnisse scheinen zu belegen, dass diese Vorteile ausreichen, um die hohen direkten Kosten aufzuwiegen”, sagt Weiss.

Letztendlich kann sich das Konzept allerdings negativ auf die gesamte Fortpflanzungsrate bei den Orcas auswirken und damit Bedeutung für ihren Schutz haben, sagen die Forscher. Dies gilt besonders im Fall der untersuchten Population, die offenbar sehr isoliert lebt und mit menschlich verursachter Nahrungsknappheit zu kämpfen hat. Co-Autor Daniel Franks von der University of York sagt dazu: “Diese Strategie, auf eigenenFortpflanzungserfolg zu verzichten, um die Söhne zu fördern, mag in ihrer evolutionären Vergangenheit vorteilhaft gewesen sein, aber jetzt bedroht sie möglicherweise die künftige Überlebensfähigkeit dieser kleinen Population“, so der Wissenschaftler.

Quelle: Cell Press, University of Exeter, Fachartikel: Current Biology, doi: 10.1016/j.cub.2022.12.057

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