#„Pakt von Rom“ für die ganze Welt
„„Pakt von Rom“ für die ganze Welt“
Die Zusammenkunft markiere einen „stratosphärischen Augenblick für Italien“, die „Augen der Welt“ seien auf Rom gerichtet. So sprach am Sonntagmittag, erkennbar ergriffen, der italienische Gesundheitsminister Roberto Speranza. Er meinte das zweitägige Treffen mit seinen Amtskollegen aus der G-20-Gruppe der maßgeblichen Wirtschaftsnationen, das er in den Kapitolinischen Museen in Rom eröffnete. Aus Berlin war Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) angereist. Der konnte sich in Rom erholen von den Verbalangriffen der heimischen Impfgegner, über die er zuletzt geklagt hatte. Das Treffen fand in hybrider Form statt. Einige Minister, unter ihnen Spahns amerikanischer Amtskollege Xavier Becerra, waren persönlich angereist, andere ließen sich per Video zuschalten.
Die Perspektive von Gastgeber Speranza mochte nicht ganz übereinstimmen mit der Außensicht auf die Ressorttagung einer informellen Staatengruppe. Doch Italien hat in diesem Jahr den Vorsitz der G20, und das Treffen von Gesundheitsministern mag in Zeiten der Pandemie tatsächlich fast so wichtig sein wie der Gipfel der Staats- und Regierungschefs, der Ende Oktober ebenfalls in Rom stattfinden wird.
Die zentralen Themen der Tagung waren der aktuelle Kampf gegen das Coronavirus sowie eine global koordinierte Strategie zur Abwehr künftiger Pandemien. Speranza hatte schon im Vorfeld des Treffens einen „Pakt von Rom“ erarbeiten lassen, mit welchem sich die Teilnehmer zu nichts weniger als zur „Impfung aller Menschen auf der Welt“ verpflichten sollten. Dies sei ein ambitioniertes, aber erreichbares Ziel, sagte Speranza: „Die reichsten und stärksten Länder sollen sich die Entwicklung einer Impfkampagne für alle Nationen zur Aufgabe machen. Denn niemand rettet sich allein. Und die Impfung ist die Waffe, die uns zur Verfügung steht.“
Um die Impfung aller Erdenbewohner mit einer ersten Dosis zu erreichen, seien zunächst weitere sechs Milliarden Impfdosen erforderlich, heißt es in Speranzas Entwurf. Der soll nach seiner Vorstellung an diesem Montag verabschiedet werden. Der Impfglobalismus sei nicht nur ein Gebot der humanitären Hilfe und der Gerechtigkeit gegenüber den Entwicklungs- und Schwellenländern, bekräftigte Speranza, sondern liege im ureigenen Interesse der reichen und entwickelten Staaten. Denn selbst wenn diese ihre Gesellschaften fast vollständig durchimpften, könnte das in Afrika und Asien weiter zirkulierende Virus neue gefährliche Mutanten entwickeln, die dann auch zur Gefahr für die wohlhabenden Weltregionen würden. Noch am Sonntag kündigte Jens Spahn in Rom an, Deutschland werde bis Jahresende 100 Millionen Dosen für die internationale Impfkampagne zur Verfügung stellen.
Während am ersten Tag des Treffens über konkrete Schritte im Kampf gegen Covid-19 gerungen wurde, soll es an diesem Montag um grundsätzlichere Frage gehen. Wie kann sich die Welt auf das vermutlich immer häufigere Überspringen von Krankheitserregern von Tieren auf Menschen wappnen? Wie können Tätigkeiten im Gesundheitsbereich attraktiver gemacht werden? Wie können wissenschaftliche Erkenntnisse sowie der Zugang zu Impfstoffen und Medikamenten besser und gerechter zwischen entwickelten Staaten und Entwicklungsländern verteilt werden? Die Regierung in Rom unter Ministerpräsident Mario Draghi scheint eine Antwort auf die Frage gefunden zu haben, was zu tun ist, wenn es nicht an Impfstoff mangelt, sondern an der Impfbereitschaft. Als erstes Land Europas erwägt Italien die Einführung einer allgemeinen Corona-Impfpflicht, hatten Draghi und Speranza am Donnerstag bestätigt. Voraussetzung sei jedoch, dass die europäische wie die italienische Arzneimittelagentur den bisher verwendeten Impfstoffen die allgemeine Zulassung statt wie bisher nur die Notfallzulassung erteilten.
Im März hatte Rom als Ziel ausgegeben, bis Ende September 80 Prozent der Bevölkerung über zwölf Jahre vollständig zu impfen. Am Sonntag lag der Wert bei 72,3 Prozent. Zwar ist Pandemie-Sonderkommissar Francesco Figliuolo weiterhin überzeugt, die Zielmarke bis Monatsende zu erreichen. Doch allein die Ankündigung Draghis, eine allgemeine Impfpflicht zu erwägen, hat für erhebliche Spannungen in dessen breiter Regierungskoalition geführt. Die rechtsnationale Lega des früheren Innenministers Matteo Salvini ist gegen den Impfzwang. Die Sozialdemokraten und andere Linksparteien in der Koalition sind dafür.
Schon seit Mai gilt in Italien die Impfpflicht für das Personal im Gesundheitswesen. Zu Beginn des Schuljahres und des Wintersemesters hätte diese nach dem Willen Draghis und Speranzas auch im Bildungswesen eingeführt werden sollen. Wegen des Widerstands von Gewerkschaftern sowie von rechten Parteien gilt dort aber vorerst „nur“ die Pflicht zum sogenannten Green Pass. Mit diesem lässt sich die Impfung mit mindestens einer Dosis, die Genesung von einer Covid-19-Erkrankung oder ein negativer Test in den zurückliegenden 48 Stunden nachweisen.
Der Green Pass muss seit August in den Innenräumen von Restaurants, bei Kultur- und Sportveranstaltungen sowie in Museen, seit Anfang September zudem in Fernzügen, Überlandbussen und Flugzeugen vorgezeigt werden. Die Ausweitung der Green-Pass-Pflicht auf weitere Arbeits- und Lebensbereiche haben Draghi und Speranza schon angekündigt. Proteste gegen den „grünen Pass“ hat es bisher nur wenige gegeben. Etwa acht von zehn Italienern finden gemäß jüngster Umfragen den Green Pass gut. Genauso viele Befragte äußern ihre Zustimmung zu einer allgemeinen Impfpflicht.
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