Nachrichten

#Palmer und die Grünen akzeptieren den Schiedsspruch

„Palmer und die Grünen akzeptieren den Schiedsspruch“

Seit Mai 2021 steuert der baden-württembergische Landesverband der Grünen auf eine mittlere Katastrophe zu. Grund ist das von den früheren Landesvorsitzenden Oliver Hildenbrand und Sandra Detzer sowie einem Parteitagsbeschluss in Gang gesetzte Parteiausschlussverfahren gegen den Tübinger Oberbürgermeister Boris Palmer. Lange sah es so aus, als ob dieser Konflikt nur mit einer Niederlage enden könnte: Entweder wäre Palmer ausgeschlossen worden, dann hätte die Partei ihren nach Ministerpräsident Winfried Kretschmann populärsten Politiker verloren. Oder das Verfahren wäre gescheitert – dann hätte sich die Landesparteiführung blamiert.

Nach einer mehrstündigen Verhandlung des Parteischiedsgerichts konnte das nun abgewendet werden: Das Gericht machte einen Vergleichsvorschlag, den Palmer und sein Anwalt Rezzo Schlauch am Samstag annahmen. Der grüne Landesvorstand stimmte dem Vergleich auf einer digitalen Sondersitzung am Sonntag einstimmig zu. Er enthält drei Abreden: Palmer lässt seine Mitgliedschaft bis zum 31. Dezember 2023 ruhen. Der Landesvorstand will im nächsten Jahr mit ihm darüber sprechen, wie er künftig seine häufig von der grünen Mehrheitsmeinung abweichenden Positionen in die innerparteiliche Diskussion einbringen kann, ohne dass „Grundsätze und Ordnung der Partei“ beeinträchtigt werden. Außerdem wird das Verfahren eingestellt. Ein Parteiausschluss ist nach dem Parteiengesetz möglich, wenn ein Schiedsgericht nachweisen kann, dass ein Parteimitglied gegen Grundsätze, Ordnung oder Satzung der Partei verstoßen hat.

Auslöser war ein Facebook-Beitrag

Die Landesvorsitzenden Lena Schwelling und Pascal Haggenmüller interpretierten den Vergleich als Schuldeingeständnis Palmers: „Mit der Einigung auf das Vergleichsangebot hat Boris Palmer anerkannt, dass er gegen die Grundsätze und die Ordnung der Partei verstoßen hat.“ Damit sei klar: „Boris Palmer hat die Grenzen dessen überschritten, was wir als Partei aushalten müssen.“ Zugleich zeige der Vergleich, dass die Partei den Fall konstruktiv zu Ende bringen könne. Nun könne die Partei nach der „aufreibenden Debatte“ den „Fokus wieder voll und ganz auf die inhaltliche Arbeit“ richten.

Palmer selbst schrieb auf seiner Facebook-Seite, der Vergleich mache klar, „dass ich weiterhin Mitglied der Grünen bin“. „In Überzeugung und Taten bleibe ich ohnehin grün.“ Es erscheine ihm „sinnvoll“, den Streit jetzt zu beenden.

Wissen war nie wertvoller

Testen Sie F+ 3 Monate lang für nur 1 € die Woche und erhalten Sie Zugriff auf alle Artikel auf FAZ.NET.

JETZT F+ LESEN


Palmers Anwalt Rezzo Schlauch kritisierte die Wortmeldung des Parteivorstands. Die Behauptung, der Vergleich sanktioniere Palmer, sei „irreführend“. Ein Vergleich bedeute, dass beide Seiten Entgegenkommen gezeigt hätten, um den Streit beizulegen. Der Tübinger Oberbürgermeister trage mit seinem Einverständnis zu dem Vergleich „seinen Teil dazu bei, den Konflikt zu befrieden.“ Er sei „also nicht bestraft“, so Schlauch.

Das Ruhen der Parteimitgliedschaft bedeutet, dass Palmer nicht für Parteiämter kandidieren kann oder bei Versammlungen abstimmen darf. Der Auslöser für das Parteiausschlussverfahren war ein angeblich satirischer Post Palmers im Mai 2021, in dem er das Wort „Negerschwanz“ benutzt hatte.

Palmer gibt sich für OB-Wahl optimistisch

Der Schriftsatz zur Begründung, verfasst von dem Kölner Parteienrechtler Sebastian Roßner, enthielt auf 34 Seiten mehr als 20 Aussagen Palmers, die er zwischen 2015 und 2021 gemacht hatte und mit denen er gegen die Grundsätze der Grünen verstoßen haben soll. Darunter fanden sich weniger gewichtige wie der Vorwurf, er habe zur Wahl einer CDU-Kandidatin bei einer Oberbürgermeisterwahl aufgerufen, aber auch solche, mit denen sich ein Parteiausschluss durchaus hätte begründen lassen – wie der erwähnte Post oder die öffentliche Diskriminierung eines rad­fahrenden Asylbewerbers in Ulm.

Die überraschende Wende in dem verhärteten Konflikt soll auch durch ei­nen weiteren An­trag des Anwalts des Landesvorstands zustande gekommen sein, der vier Tage vor der Sitzung des Schiedsgerichts einging. Darin wurde Palmers parteiunabhängige Kandidatur zur Oberbürgermeisterwahl im Herbst als parteischädigend bewertet. Daraufhin erarbeitete die Schiedsrichterin Heidemarie Vogel-Krüger mit ihren Beisitzern Simon Letsche und David Vaulont den Vergleichsvorschlag. Der zusätzliche Antrag hatte die Lage für Palmer erschwert: In Tübingen hat der Kreisverband nämlich Anfang April zur Bestimmung des OB-Kandidaten eine Urwahl abgehalten, aus der die Kreisrätin Ulrike Baumgärtner mit 55 Prozent als einzige Bewerberin erfolgreich hervorging. Palmer hatte sich der Urwahl nicht gestellt und erklärt, dass er nicht für eine Partei kandidieren könne, die ihn ausschließen wolle.

Nach Auffassung des grünen Kreisverbands hätte Palmer bei einer Teilnahme an der Urwahl keine Mehrheit bekommen. Die Oberbürgermeisterwahl ist am 23. Oktober. Palmer gibt sich optimistisch, weil er in kurzer Zeit Spenden sammeln konnte und ihm eine Umfrage den Sieg voraussagt. Im Kreisverband heißt es: „Wir wollten mit der Urwahl eine politische Klärung, ob Boris zu uns passt. Der hat er sich nicht gestellt. Ein Freispruch ist dieser Vergleich nicht.“

Wenn Ihnen der Artikel gefallen hat, vergessen Sie nicht, ihn mit Ihren Freunden zu teilen. Folgen Sie uns auch in Google News, klicken Sie auf den Stern und wählen Sie uns aus Ihren Favoriten aus.

Wenn Sie an Foren interessiert sind, können Sie Forum.BuradaBiliyorum.Com besuchen.

Wenn Sie weitere Nachrichten lesen möchten, können Sie unsere Nachrichten kategorie besuchen.

Quelle

Ähnliche Artikel

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Schaltfläche "Zurück zum Anfang"
Schließen

Please allow ads on our site

Please consider supporting us by disabling your ad blocker!