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#Weihnachten muss nicht perfekt sein

Weihnachten muss nicht perfekt sein

Weihnachten wird immer noch gerne mit den Worten „besinnlich“ oder „gemütlich“ dekoriert. Korrekt ist eher das Gegenteil: Es gibt wohl keine andere Zeit im Jahr, zu der sich der Mensch einem höheren Erwartungsdruck ausgesetzt sieht als rund um den 24. Dezember.

Insbesondere im vermeintlichen Schutzraum der Familie wird man von Zwängen geradezu umzingelt. Nicht nur dass beim Kauf und Verteilen der Geschenke peinlich darauf zu achten ist, dass die unausgesprochenen Rangfolgen und Regularien beachtet werden.

Die Verwandtschaft beäugt auch gerne mit Argwohn, wann und wie lange man einander Besuch abstattet. Und wenn an den Feiertagen dann das mehr oder weniger aufwendige Essen auf den Tisch kommt, kann schon die Verwendung einer bestimmten Senfsorte als Grundlage der Sauce zum Eklat führen.

Nein, mit dem Etikett „besinnlich“ ist dieser Tanz auf dem Vulkan der menschlichen Emotionen nicht zutreffend beschrieben.

Die Hoffnung, dass die Pandemie in diesem Jahr diesem Furor eine Grenze setzt und – quasi als Kollateralnutzen – im Jahr 2020 ein irgendwie ursprünglicheres Weihnachten ermöglicht, könnte trügerisch sein. Denn die Zwänge bleiben, nur ist ihre Erfüllung nochmals schwieriger geworden.

Der Laden, der möglicherweise das passende Geschenk für die Tante im Sortiment hat, ist mit dem verhängten Lockdown kaum noch erreichbar – also muss eilig eine Alternative her. Und das Fest im weiten Verwandtenkreis wird mittels beinharter sozialer Exklusion aus epidemiologischer Mitverantwortung verkleinert.

In diesem Jahr trägt der Nikolaus eine Maske.


In diesem Jahr trägt der Nikolaus eine Maske.
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Bild: dpa

Unterschiedliche familiäre Auffassungen über die Kanzlerschaftsambitionen eines Friedrich Merz oder in der Frage, was im Rahmen einer zehntätigen Vorquarantäne alles möglich ist, erhöhen das ohnehin hohe Konfliktpotential zusätzlich. Die einzig positive Nachricht lautet bisher, dass der ADAC aufgrund des Lockdowns deutlich weniger Stau erwartet als in den Vorjahren.

Fragt man nach dem Grundübel des real gefeierten Weihnachtsfestes, stößt man auf einen Drang zur Selbst- und Fremdoptimierung. Weihnachten soll, nein: muss den hohen Ansprüchen des „Festes der Liebe“ gerecht werden. Und beim Erfüllen von Ansprüchen neigen wir Deutsche mit unserer leicht zwanghaften Disposition zu besonderer Unerbittlichkeit.

Der widerweihnachtliche Optimierungsdruck

Dieser Haltung konnte über all die Jahre selbst der Kirchgang kaum etwas anhaben. Nach dem gemeinschaftlichen Singen von „Stille Nacht, heilige Nacht“ rang man sich womöglich noch zu christlicher Milde hinsichtlich der verwendeten Senfsorte durch. Letztlich blieb jedoch auch der Gottesdienstbesuch häufig bloß ein weiteres Schmuckelement im durchgetakteten Festtagsprogramm. Den unweihnachtlichen, ja widerweihnachtlichen Optimierungsdruck konnte auch der Pastor selten durchbrechen.

Im Corona-Jahr ist das Scheitern aller Träume vom perfekten Weihnachten nun unausweichlich geworden. Die Glühweinseligkeit auf dem Christkindlmarkt entfällt. Die Kinder sehen kein Krippenspiel. Millionen Bürger werden auch mit der Enttäuschung umgehen müssen, dass das eine oder andere Geschenk nicht rechtzeitig abholbereit in der Paketstation liegt. Angesichts der Fernsehbilder aus den Intensivstationen werden solche Widerfahrnisse als das entlarvt, was sie schon immer waren: kleine Einschlüsse im Champagnerkelch einer ziemlich verwöhnten Gesellschaft.

Weihnachten wird in diesem Jahr also anders sein als geplant und gewünscht. Aber Maria und Josef hatten sich die Geburt ihres Sohnes ja ebenfalls anders erhofft als in einem Viehstall weitab ihres Zuhauses. Und die Hirten auf dem Feld hatten sich den Retter des Volks Israel wahrscheinlich auch etwas muskulöser und, nun ja: handlungsfähiger vorgestellt. Deutlicher als mit einem Baby im Futtertrog hätte Gott sein Nein zu solchen Wünschen kaum zum Ausdruck bringen können. Die Weihnachtsgeschichte der Evangelien lässt sich als klarer Fingerzeig lesen, dass das Heil der Welt nicht in ihrer Perfektionierung liegt.

Es gibt keinen Grund, diese Einsicht nicht auf die bevorstehenden Festtage anzuwenden. Denn auch an Weihnachten wird die Selbst- und Fremdoptimierung nicht zum Ziel führen, weil es sich bei ihr im Kern um eine Art säkulare Weltflucht handelt. Selbst der Versuch, für einen begrenzten Zeitraum von drei Tagen das perfekte Setting zu schaffen, muss scheitern. Und zwar umso mehr, je vehementer man darauf dringt.

Die Krippe steht für eine andere Herangehensweise. Gott legt seine Gnade mitten in das kratzige Stroh einer nach wie vor unerlösten Welt. Vielleicht ein Anstoß, auch den weihnachtlichen Optimierungsdruck zurückzuschrauben und etwas gnädiger mit sich und den Mitmenschen zu sein.

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