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#Protokoll einer geplanten Reise in Corona-Zeiten

Protokoll einer geplanten Reise in Corona-Zeiten

Montag:

Thomas Klemm

Thomas Klemm

Redakteur im Ressort „Geld & Mehr“ der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung.

Corona hin oder her, wir reden übers Wetter. In Frankfurt regnet es, was meine Frau und mich aber nicht weiter stört, unsere Arbeitsplätze sind im Trocknen. Unerfreulicher finden wir die Wettervorhersage für die Nordseeinsel Amrum, wo wir die zweite hessische Herbstferienwoche verbringen wollen. Die Wetter-App zeigt nichts anderes an als eine Wolke mit fünf blauen Streifen darunter. Wir beschließen, uns von den absehbaren Regentagen nicht die Laune vermiesen zu lassen. Wir wollen in den Urlaub, und von der Vorfreude wird uns weder das Wetter noch sonst etwas abhalten.

Glauben wir zumindest. Bis zum Nachmittag, als uns zwei Meldungen erreichen, die für uns eine vermaledeite Mischung darstellen. Zum einen: In Frankfurt steigt die Zahl der Corona-Infizierten und damit der Inzidenzwert, er liegt nicht mehr weit unter der Schwelle von 50 Neuinfektionen je 100.000 Einwohner. Ein paar Dutzend Fälle mehr, und wir würden in einem Risikogebiet leben. Die andere Schreckensmeldung: Schleswig-Holstein will uns vielleicht gar nicht haben, weder auf seiner Insel Amrum noch anderswo. Das Land hat ein Beherbergungsverbot erlassen. Reisende aus „inländischen Hochinzidenzgebieten“, wie es in der aktualisierten Landesverordnung heißt, müssen sich nach Ankunft 14 Tage in Quarantäne begeben. 14 Tage!

Die Quarantäne würde den Aufenthalt in unserer gemieteten Ferienwohnung verdoppeln (oder würden wir in die Scheune verfrachtet?). Mit Strandspaziergängen, Wattwanderungen und Restaurantbesuchen wäre es nix. Und die Kollegen daheim wären auch nicht amüsiert, wenn sie meinen Haufen Arbeit eine Woche länger übernehmen müssten. Würden wir uns nicht an die Vorschriften halten, müssten wir bis zu 10.000 Euro Bußgeld zahlen. Einen Ausweg bietet Schleswig-Holstein: zwei negative Corona-Tests im Abstand von fünf Tagen, dann dürften wir rein. Wir sind am Boden zerstört.

Dienstag:

Heute sind wir sauer. Sauer auf Schleswig-Holstein, das sich um eine gemeinsame deutsche Corona-Politik nicht schert und strikter vorgeht als alle anderen Bundesländer. Sauer auf die Bundesregierung, die Auslandsreisenden aus Risikogebieten einen kostenlosen Corona-Test gönnt, aber vorsichtige Inlandsreisende wie uns bluten lässt. Und wir sind stinksauer auf all die Frankfurter, die ohne Maske munter Party machen, sich gegenseitig anstecken und den Inzidenzwert in die Höhe treiben. Er liegt heute bei 47, der Gesundheitsdezernent sagt, spätestens am Donnerstag werde die 50 überschritten.

Alarmstufe Rot, auch für unseren Urlaub. Die bittere Ironie: Wir hatten einen zuvor gebuchten Urlaub in den Niederlanden abgesagt, als die dort nachgewiesenen Infektionen in die Höhe schossen, und uns auf Deutschland und auf seine Politiker verlassen. Welch ein Fehler! Jedes Bundesland macht, was es will. Föderalismus sei Freiheit in Corona-Zeiten, sagt ein Politikwissenschaftler im Deutschlandfunk. Der spinnt wohl.

Panisch suchen wir nach anderen Reisezielen. Niedersachsen hat eher laxe Regeln, aber unser Geburtsland kennen wir aus dem Effeff. Den Osten kennen wir auch gut. Zum Wandern und Weintrinken in die Pfalz dürfen wir nicht, weil Rheinland-Pfalz so streng ist wie Schleswig-Holstein. Plötzlich gibt es Hoffnung: Viele Politiker sind über das Vorpreschen der beiden Hardcore-Länder genauso sauer wie wir. Am nächsten Morgen wollen die Länderchefs reden.

Mittwoch:

Zwei halbwegs gute Nachrichten: Der Inzidenzwert in Frankfurt verharrt bei 47. Und Schleswig-Holstein wurde zurückgepfiffen. Die Bundesländer beschließen: Wer aus einem Risikogebiet kommt, muss nun nicht in Quarantäne, braucht aber vor der ersten Übernachtung einen höchstens 48 Stunden alten negativen Corona-Test. Dass einige Bundesländer sich nicht daran halten, schert uns nicht. Unser Urlaub rückt näher.

Spät am Abend melden wir uns zu einem Corona-Test an. Vorsorglich, damit wir nicht auf der Fahrt nach Schleswig-Holstein böse überrascht werden, wenn Frankfurt zum Risikogebiet wird. Die günstige Testvariante muss reichen: 59 Euro pro Rachen. Dass wir nicht bezahlen können, weil das System zusammenbricht, treibt uns neuen Angstschweiß auf die Stirn. Nach mehreren Anläufen klappt es. Puh.

Donnerstag:

Um 17 Uhr ist es so weit: Frankfurt ist Risikogebiet, der Inzidenzwert liegt bei 59. Wir sind nervös. Bleiben die Bundesländer bei ihrer gestern beschlossenen Linie, oder treiben sie das Regel-Chaos auf die nächste Spitze? Morgen früh wollen wir zum Corona-Test. Gottlob leben wir in Frankfurt, am Flughafen können wir uns ohne Termin testen lassen.

Freitag:

Um halb sechs stehen wir auf, um halb acht sind wir hellwach: Die Schlange vor dem Flughafen-Testcenter ist 200 Meter lang! So etwas hätten sie seit April nicht mehr erlebt, sagen alle, die dort arbeiten. Dass Frankfurt zum Risikogebiet geworden ist, hat allen Reisewilligen über Nacht Beine gemacht. Zwei Stunden später ist der Abstrich genommen. Am Nachmittag brechen wir gen Norden auf, übernachten unterwegs. Am Abend bekommen wir das Ergebnis: negativ. Wir sind jetzt nicht mehr aufzuhalten. Und vor allem reif für die Insel.

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