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#Länder fühlen sich vom Bund bei Gesetzgebung ausgegrenzt

Länder fühlen sich vom Bund bei Gesetzgebung ausgegrenzt

Der Ton ist zunächst höflich. „Die Justizministerinnen und Justizminister begrüßen die konstruktive und vertrauensvolle Zusammenarbeit mit dem Bund in Gesetzesvorhaben“, heißt es in einem Beschlussvorschlag, der der F.A.Z. vorliegt. Doch hätten sie einige „Verbesserungsmöglichkeiten in der Zusammenarbeit“ erörtert. Das Papier, das auf Antrag Bremens und Hamburgs bei der Justizministerkonferenz im November verabschiedet werden soll, bringt allerdings einen schweren Vorwurf zum Ausdruck: Die Länder haben das Gefühl, in der Gesetzgebung immer öfter übergangen zu werden. Hintergrund ist das in der Gemeinsamen Geschäftsordnung der Bundesministerien niedergelegte Prinzip, dass Entwürfe von Gesetzesvorhaben „möglichst frühzeitig“ den Ländern und kommunalen Spitzenverbänden zuzuleiten sind, wenn deren Belange betroffen werden.

Alexander Haneke

Dabei geht es nicht nur um vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen den föderalen Ebenen, vor allem soll das Erfahrungswissen der Länder genutzt werden. Schließlich führen sie die Gesetze des Bundes aus – in den Ländern und Kommunen sitzen die Anwender, die etwas über die praktischen Fragen sagen können. Auch der Nationale Normenkontrollrat hatte in seinem letzten Jahresbericht gerügt, dass der Bund das vorhandene Praxiswissen aus Ländern und Kommunen viel zu wenig nutze.

„Gründlichkeit geht vor Schnelligkeit“

„Die Qualität eines Gesetzes hängt auch davon ab, dass alle Beteiligten ausreichend Zeit hatten, den Gesetzentwurf zu prüfen und Verbesserungen vorzuschlagen“, sagt die Hamburger Justizsenatorin Anna Gallina (Grüne) der F.A.Z. Gründlichkeit gehe vor Schnelligkeit. Die Fristen von Seiten des Bundes seien oft so knapp, dass die Länder selbst dann keine angemessenen Stellungnahmen abgeben könnten, wenn die Beamten Sonderschichten einlegten. „Bei Fristen von teils sogar nur zwei Tagen kann man die Praxis faktisch nicht mehr beteiligen, weshalb wichtige Erkenntnisse gar nicht einfließen können.“

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Beispiele waren zuletzt mehrere Änderungen im Mietrecht und die Gesetzesverschärfung zur Bekämpfung von Kindesmissbrauch, in denen die Fristen zwischen 15 und 18 Tagen lagen; bei der Neuregelung des Geschlechtseintrags 2019 waren es nur zwei Tage. 30 Tage gab es für die Gesetze zur Bekämpfung von Hasskriminalität im vergangenen Winter, doch es handelt sich um ein kompliziertes Gesetzespaket, und die Frist lief über die Weihnachtsferien. „Wir brauchen deshalb längere Fristen, ohne die eine sachgerechte Praxisbeteiligung kaum möglich ist“, sagt Gallina. „Gründlichkeit geht vor Schnelligkeit – das gilt vor allem auch in der Gesetzgebung.“

Hamburg und Bremen wollen auf der Justizministerkonferenz nun Fristen von mindestens vier Wochen fordern, mit Blick auf die vielen Unterbeteiligungsschritte seien oft sogar sechs Wochen erforderlich. Auf ihrer Seite haben sie die kommunalen Spitzenverbände, die sich in der gleichen Angelegenheit erst vor einigen Wochen mit einem Brief an Kanzleramtschef Helge Braun wandten. Die Spitzenverbände wollen das Thema bei ihrem nächsten Austausch mit der Bundeskanzlerin ansprechen.

Im Bundestag ignoriert

Aus Sicht der Länder sind die kurzen Fristen allerdings nicht der einzige Punkt, in dem sie sich vom Bund an den Rand gedrängt sehen. Fast noch schwerer wiegt der Vorwurf gegen den Bundestag, dass die Parlamentarier Gesetzesvorlagen der Länder aus dem Bundesrat immer öfter ignorierten. Beispielhaft nennen Bremen und Hamburg den Entwurf eines Gesetzes zur Einführung von Kammern in internationalen Handelssachen. Die Länder brachten ihn 2010 und 2014 nahezu wortgleich ein, jedes Mal verfiel er mit Auslaufen der Wahlperiode wegen des Diskontinuitätsprinzips. 2018 brachten die Länder den Entwurf zum dritten Mal ein – bis heute liegt er unbehandelt in der Bundestagsverwaltung, obwohl der Bundestag laut Grundgesetz verpflichtet ist, die Vorlagen in „angemessener Frist“ zu beraten.

Regelmäßig würden die Länder vom Bundestag ignoriert, sagt Justizsenatorin Gallina. „Gesetzesvorlagen des Bundesrats bleiben im Bundestag liegen und sterben damit den langsamen Tod.“ Dadurch würden die Besonderheiten der Länder, die in den Gesetzesvorlagen zum Ausdruck kommen, einfach nicht berücksichtigt. Das sei „Gift für das wichtige und sinnvolle Engagement der Länder“.

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