Nachrichten

#Requiem für einen Wal

Darren Aronofsky beugt sich wie ein Radiologe über Körper in Not. Immer aufs Neue wendet er sich in seinen Filmen der zugerichteten Physis zu, den gemarterten Drogenabhängigen in „Requiem for a Dream“ (2000), den gequälten Ballerinen in „Black Swan“ (2010) oder dem Schwangerschaftsbauch in „Mother!“ (2017). In seinem neuesten Werk lenkt der New Yorker Regisseur den Blick auf einen krankhaft fettleibigen Mann irgendwo in Idaho. Das klaustrophobische Kammerspiel „The Whale“ nach dem preisgekrönten Theaterstück von Samuel D. Hunter spielt nur in einem einzigen Raum, dem Wohnesslebenszimmer des Protagonisten – und Matthew Libatiques Kamera ist auf ihn fixiert wie der Walfänger auf seine Beute.

Sandra Kegel

Verantwortliche Redakteurin für das Feuilleton.

Tatsächlich ist der Film ein Requiem. Er begleitet Charlie während seiner letzten Lebenstage. Während sein Herz immer mehr versagt, sitzt er bei geschlossenen Fensterläden im Dämmerlicht die meiste Zeit auf seiner Couch. Und wenn er sich schwitzend und keuchend doch einmal aus seinem stoffbezogenen Gefängnis wuchtet, wirkt das in seiner Drastik so schockierend, dass amerikanische Filmkritiker darin einen Skandal ausmachten. Weil Aronofsky und sein herausragender, soeben oscarprämierter Hauptdarsteller Brendan Fraser sich der körpersensiblen Darstellung verweigern. Sie zeigen vielmehr und mit schauriger Faszination jede Falte dieses Körpers.

Wir dürfen nicht in die filmische Falle tappen

Das Drama um Frasers modernen Leviathan ist mitunter tatsächlich kaum auszuhalten. Doch würden wir in Aronofskys filmische Falle tappen, wenn auch wir bereit wären, nur dies zu betrachten: die sechshundert Pfund, die Charlie auf die Waage bringt – oder brächte, denn so etwas wie der Gang ins Bad ist für ihn kaum noch möglich. Aber „The Whale“ ist ein psychologisch nuanciertes Drama über einen überaus reichhaltigen, komplexen und widersprüchlichen Charakter, der eben auch über die Maßen dick ist. Wie Brendan Fraser das über seinen imposanten Fatsuit hinaus in seiner Darstellung herausarbeitet, mit all seinen Sinnen, seiner Mimik, seiner Komik, das ist großes Schauspielerkino.

Charlie haust wie ein Einsiedler in seiner Wohnung. Seinen Lebensunterhalt verdient er sich mit Online-Literaturkursen, wobei er die Kamera ausschaltet, um sich vor den Blicken seiner Schüler zu schützen – und umgekehrt. Zumindest eine Freundin ist ihm im analogen Leben geblieben, die resolute Krankenschwester Liz (Hong Chau), die sich kümmert, Essen vorbeibringt und Charlies Herztöne abhört. Das traurige Fundament ihrer Beziehung wird erst im Laufe des Films offenbar.

Ellie zeigt sich ihrem Vater gegenüber unversöhnlich: Sadie Sink


Ellie zeigt sich ihrem Vater gegenüber unversöhnlich: Sadie Sink
:


Bild: Niko Tavernise

Eher zufällig stolpert Thomas (Ty Simpkins) in die Wohnung. Der junge Missionar einer sektenähnlichen Gruppe will dann gleich Charlies Seele mit Gottes Hilfe retten, obwohl er selbst in sein eigenes Unglück unheilbar verstrickt ist. Schließlich bricht Ellie (Sadie Sink) wie ein Wirbelsturm über Charlies Reich herein. Sie, die entfremdete Tochter, die oh­ne Kontakt zum Vater bei der Mutter aufgewachsen ist und gerade von der Highschool zu fliegen droht, verlangt nach In­stant­hil­fe bei ihren Schulaufsätzen. Aus ihrer Verachtung für Charlie macht sie gleichwohl keinen Hehl.

Wenn Ihnen der Artikel gefallen hat, vergessen Sie nicht, ihn mit Ihren Freunden zu teilen. Folgen Sie uns auch in Google News, klicken Sie auf den Stern und wählen Sie uns aus Ihren Favoriten aus.

Wenn Sie an Foren interessiert sind, können Sie Forum.BuradaBiliyorum.Com besuchen.

Wenn Sie weitere Nachrichten lesen möchten, können Sie unsere Nachrichten kategorie besuchen.

Quelle

Ähnliche Artikel

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Schaltfläche "Zurück zum Anfang"
Schließen

Please allow ads on our site

Please consider supporting us by disabling your ad blocker!