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„Rocky Horror Show“ wird in Frankfurt gefeiert

Es ist alles wieder da: Die lautstarken Rufe aus dem Publikum und die Gruppentänze, die nach dem Kommando „Just a jump to the left!“ einsetzen. Wer über die Jahre hin die mehrtägigen Gastspiele von Richard O’Briens Kult-Musical „The Rocky Horror Show“ in der Frankfurter Alten Oper verfolgt hat, kennt natürlich auch die schrill-schrägen Kostümierungen aus Strapsen, Netzstrümpfen, Korsagen, Stilettos, Make-Up und Perücken von Teilen der Besucherschar. Und nicht zu vergessen die mitgeführten Utensilien: In bestimmten Szenen kommen Konfetti, Wasserspritzpistolen, Zeitungen und Spielkarten zum Einsatz.

Der Erzähler ist der Eckpfeiler

Für die Putzkolonne dürften die täglichen Aufräumarbeiten jedenfalls speziell sein, obwohl es eine ausführliche Anleitung gibt, was man darf und was nicht. „The Rocky Horror Show“, 1973 in London auf der King’s Road im kleinen Royal Court Theatre gestartet, hält trotz einem Alter von nunmehr 52 Jahren seinen coolen Kultstatus. Als tragender Eckpfeiler in der absurden Story, in der das biedere amerikanische Jungpärchen Brad Majors (Jed Hoyle) und Janet Weiss (Sydnie Hocknell) sich in einer stürmisch verregneten Novembernacht auf die Suche nach Brads Mentor Dr. Everett Scott (Jacob Atkins) begibt, in eine Autopanne gerät und in der Not am nächstbesten Spukschloss klingelt, fungiert auch der Erzähler. Mit einem Buch in den Händen beleuchtet er die weit verzweigten Zwischenaspekte dieser Hommage an Science-Fiction- und B-Horrorfilme der Frühzeit, die vermeintlich heimelige Wohlfühlkultur der Fünfzigerjahre und die frappante Revolution des Glamrock im Gender-Bender-Look der frühen Siebzigerjahre. Unwissentlich geraten Brad und Janet in eine lasziv-promiske Gesellschaft von Strapsträgern vom fernen Planeten Transexual aus der Galaxie Transylvania, angeführt vom selbstgefälligen Dr. Frank’n’Furter (Oliver Savile), der gerade damit beschäftigt ist, sich den muskulösen blonden Kerl seiner Träume aus der Retorte zu züchten: Rocky (Alexanda O’Reilly).

Bewährter Erzähler in „The Rocky Horror Show“: Sky du Mont.
Bewährter Erzähler in „The Rocky Horror Show“: Sky du Mont.dpa

Als idealer Mime für die Rolle des Erzählers erwies sich in den vergangenen Jahren stets der hochgewachsene Schauspieler Sky du Mont. Zu Beginn des diesjährigen Engagements in der am ersten Abend komplett ausverkauften Alten Oper steht er wieder unverdrossen im Rampenlicht. Kämpft mit nonchalanter Schlagfertigkeit gegen die ritualisierten „Boring“-Rufe des mit List und Tücke ausgestatteten Publikums an. Nicht weit in der Geschichte aber, Brad und Janet sind gerade durchnässt am Spukschloss eingetroffen und werden widerwillig vom Faktotum Riff-Raff (Christian Lunn) begrüßt, geschieht etwas Unvorhergesehenes: Zwischen all den „Boring“-Rufen erschallt aus dem Auditorium ziemlich laut eine sonore Männerstimme mit ungewohnter Botschaft: „Lasst den Mann doch bitte mal aussprechen!“ Da reagiert selbst der souveräne Sky du Mont für einen kurzen Moment irritiert und kann sich ein Lächeln nicht verkneifen.

Sky du Mont ist irritiert

Es kommen noch mehr Überraschungsaktionen der Besucherschar. Dass die Interaktionen zwischen Saal und Bühne so geschmeidig verlaufen, lässt sich auf gleich mehrere Faktoren zurückführen: Viele im Publikum waren schon öfter da, Neuankömmlinge in der Rocky Horror-Welt hatten sich wohl an diesem Abend zumindest in der Minderzahl befunden. Nicht unwesentlichen Anteil am durchgängig kurzweiligen Vergnügen hat die positive Spannung, die vom Auditorium und den Akteuren ausgeht. Man spiegelt sich gegenseitig. In stimmig gespenstischer Kulisse tummeln sich handverlesene Schauspieler und Vokalisten zu den Klängen einer exzellent knackigen Rockformation. Hochwertig verpackt in die Inszenierung von Regisseur Sam Buntrock, mit perfekten Choreographien von Matthew Mohr und Lindsay Atherton, mit Make-Up- und Haardesign von Vanessa White und Set- und Kostümdesign von David Farley.

Als schlicht hinreißend erweist sich vor allem der muskulös-drahtige Oliver Savile mit starkem Stimmtimbre, eine Überblendung aus urwüchsiger eigener Schauspielkunst, aber auch Tribut an den Ur-Mimen des Frank’n’Furter, Tim Curry. Absolut ebenbürtig agiert der stimmlich ebenfalls ausgezeichnete Christian Lunn. Gerne unterschätzt, aber für die Handlung ebenso tragend sind die beiden Frauenfiguren: Columbia (Rebecca D’Lacey) und Riff Raffs Schwester Magenta (Melissa Nettleford). Hinzu kommen die längst zu Rockklassikern avancierten Songs, von „Science Fiction Double Feature“ über „There’s A Light“, „The Time Warp“ bis „Sweet Transvestite“. Sie funktionieren als zeitlose Mittler zwischen den Generationen. Trotz des an sich tragischen Endes schwelgen zum Finale hin alle in der positiven Botschaft der majestätischen Ballade „Don’t Dream It, Be It“. Der Schlussapplaus samt Zugabe will kaum enden. Und nicht wenige im Publikum dürften wiederkommen in dieser Gastspielserie.

The Rocky Horror Show, Alte Oper Frankfurt, bis 21. April

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