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#Rosen für die Staatsfeindin

Rosen für die Staatsfeindin

Liebe Angela Davis! Unsere Kinder sind noch klein, aber alle haben für Sie eine rote Blume gemalt, so schön sie konnten. Jede Blume soll Ihnen sagen, dass Sie, liebe Angela, viele Freunde in der Welt haben.“ Mit diesen Zeilen beginnt ein Brief, den die Kinder und Erzieherinnen des Betriebskindergartens des VEB Kombinat Robotron in Radeberg bei Dresden am 24. Januar 1972 in die Vereinigten Staaten schickten. Und sie waren damals nicht die Einzigen. Hundertausende Briefe und Postkarten sandten Bürger, Schulklassen und Arbeitskollektive aus der DDR zwischen 1970 und 1972 über den Atlantik, überwiegend in Deutsch, zum Teil auch in Schulenglisch. „Dear Angela!“, schrieb etwa die Klasse A2a der Betriebsberufsschule für Agrarberufe, „We cattle-breeder and agronoms of the professional school in Dresden want to send you best greetings.“

Stefan Locke

Stefan Locke

Korrespondent für Sachsen und Thüringen mit Sitz in Dresden.

Dutzende solcher Schreiben wählte Kathleen Reinhardt nun als Leitmotiv ihrer Schau aus Beständen der Bibliothek der Stanford-Universität aus, wo die Sammlung des National United Committee to Free Angela Davis and all Political Prisoners aufbewahrt wird, darunter ein ganzer Karton mit Post aus Dresden und Umgebung. Der Titel der Ausstellung „1 Million Rosen für Angela Davis“ im Dresdner Albertinum weckt sofort Erinnerungen bei den meisten heute über fünfzig Jahre alten Ostdeutschen, die seinerzeit die gleichnamige Kampagne für die Freilassung der afroamerikanischen Bürgerrechtlerin erlebt haben. Mit einem Fünf-Punkte-Plan versuchte die SED 1972 den Prozess gegen Davis zu nutzen. Dazu zählten „eine breite Brief- und Postkartenaktion mit der Forderung nach Freilassung“, zu richten an den „State Attorney General, Departement of Justice, Sacramento/California“, sowie der Aufruf mehrerer Zeitungen, ihr Geburtstagsgrüße ins Gefängnis zu schicken. „Eine Million Rosen für Angela Davis“ war die mutmaßlich erfolgreichste Propaganda-Aktion der SED, weil hier Führung und Volk ausnahmsweise einmal übereinstimmten, wenn auch zum Teil aus höchst unterschiedlichen Gründen.

Millionenfache Post als wirklicher Halt in der Haft

„Angela Davis war in der DDR ein Popstar“, sagt Reinhardt. 50.000 Menschen, zwanzigmal mehr als von der Stasi erwartet, kamen im September 1972 zum Flughafen Berlin-Schönefeld, um die soeben freigesprochene Bürgerrechtlerin zu begrüßen. 500 Junge Pioniere, eigentlich in Reih und Glied an der Gangway positioniert, stürmten ihrem Idol entgegen, als sich die Flugzeugtür öffnete. In Magdeburg wurde Davis Ehrenbürgerin, und in Leipzig, wo sie die Ehrendoktorwürde der Universität entgegennahm, sprach sie vor 200. 000 Menschen. Angela Davis, die damals 28 Jahre alte Amerikanerin mit dem markanten Afro-Bob, gab vielen Menschen das Gefühl, an etwas Großem teilzuhaben. Zugleich verkörperte sie die Hoffnung auf Liberalisierung im kleinen ummauerten Land, fiel doch der Stabswechsel vom greisen Walter Ulbricht zu Erich Honecker genau in diese Tage. Honecker nutzte das und lud Davis zu den Weltfestspielen im Jahr darauf nach Ost-Berlin ein. Abermals tourte sie umjubelt durch die DDR.

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