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#Rückkehr ins DFB-Team: Nagelsmanns Wette mit Kroos

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Toni Kroos kehrt ins Nationalteam zurück. Doch damit aus dem Potential auch etwas Reales werden kann, braucht es ein bisschen mehr: die richtigen Konstellationen – und auch die nötige Akzeptanz.

Toni Kroos geht kommunikativ gern seine eigenen Wege. Das ist einerseits wohltuend in einer Branche, in der leicht alles ins Formelhafte und Angepasste gerät, es lohnt sich eigentlich immer, seinen Podcast anzuhören – so eine angenehme Mischung von Nähe zu einem der größten Protagonisten und gleichzeitig einer gesunden Distanz zum Betrieb kann man sonst lange suchen. Andererseits steckt darin immer auch ein gewisses Risiko. Findet ja vielleicht nicht jeder gut, wenn einer den großen Freigeist gibt und, auch das gehört zu Kroos, sich dabei ein bisschen in dieser Rolle gefällt.

In ungefähr diesem Spannungsfeld bewegte sich auch jene für sich spektakuläre Nachricht, die Kroos am Donnerstagnachmittag eher nonchalant unter das Fußballpublikum brachte. „Leute, kurz und schmerzlos: Ich werde ab März wieder für Deutschland spielen“, schrieb Kroos auf seinem Instagram-Account: „Warum? Weil ich vom Bundestrainer gefragt wurde, Bock drauf habe und sicher bin, dass mit der Mannschaft bei der EM viel mehr möglich ist, als die meisten gerade glauben!“

Rücktritt nach der EM 2021

Wahrscheinlich ist es ja wirklich gerade nicht die wichtigste Frage, ob es nicht eigentlich Aufgabe des Bundestrainers wäre, so etwas zu verkünden, oder ob nicht einer der Kanäle des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) vielleicht ein bisschen näherliegend gewesen wäre als ausgerechnet Instagram, die Plattform der Generation Selfie.

Die wichtigere Frage ist natürlich, ob Kroos, 34 Jahre alt, der deutschen Nationalmannschaft, die im März gegen Frankreich und die Niederlande antreten wird, das geben kann, was sie für einen erfolgreichen EM-Sommer braucht. Noch vor einer Fantastilliarde sauberer und zielgenauer Pässe, für die Kroos selbstverständlich steht, ist das innerer Zusammenhalt – wobei das eine schon mit dem anderen zu tun hat. Kroos selbst jedenfalls glaubt nach eigener Auskunft an Kroos, und dass Julian Nagelsmann es tut, richtete er gleich mit aus.

Das hatte sich zuletzt schon abgezeichnet. Der Bundestrainer hatte nicht ohne Grund seine Gedankenspiele in dieser Personalie öffentlich gemacht, offenbar hatten ihn die schwachbrüstigen Auftritte gegen die Türkei und Österreich zur Überzeugung gebracht, dass er einen Mann von anderem Format braucht. Im Dezember hatte Nagelsmann im ZDF-Sportstudio eine Kroos-Rückkehr als „interessanten Gedanken“ bezeichnet. Zudem sagte er: „Ich sehe Toni Kroos als überragenden Menschen, der sehr reflektiert ist. Der ganz selbstlos auch eine Meinung hat zu vielen Themen im Fußball. Ich finde den Austausch mit ihm sehr interessant.“

Kroos, der Weltmeister von 2014 und fünfmaliger Champions-League-Sieger, hatte nach dem Achtelfinal-Aus bei der Corona-EM 2021 seinen Rücktritt aus der Nationalmannschaft erklärt, nach 106 Länderspielen. Eine Entscheidung zum einen für die Familie, zum anderen für den Körper – und für Real Madrid. Kroos wollte das, was in ihm steckt, noch das eine oder andere Jahr im weißen Dress der Königlichen zeigen.

Und nun? Sind die Kinder größer, und der Reiz, sich noch einmal im weißen Trikot des DFB zu zeigen, ist es offenbar auch. Zu konstatieren ist in jedem Fall ein Gewinn an Fußballkultur, und wenn jemand noch in der Verfassung ist, Real Madrid zum Leuchten zu bringen, sollte das doch für die Nationalmannschaft ganz genauso gelten. Oder? Damit aus dem Potential auch etwas Reales werden kann, braucht es allerdings noch ein bisschen mehr: die richtigen Konstellationen – und auch die nötige Akzeptanz.

Nagelsmann hatte zuletzt schon auf der Suche nach der Zukunft einen Revival-Kurs gefahren, ohne dass sich dabei erkennen ließ, wohin der führen sollte: Für Thomas Müller und Mats Hummels hatte er sich zwar wortreich ins Zeug gelegt, was die konkrete Ausgestaltung ihrer Rollen anging, blieben aber größere Fragen offen. Bei Kroos wäre es keine Überraschung, wenn er sich eines gewissen Status vorab hätte versichern lassen.

Wie auch immer: Es ist der bislang größte Eingriff Nagelsmanns in Struktur und Hierarchie seines Teams. Um den erhofften Gewinn daraus ziehen können, muss er sich seinerseits in doppelter Hinsicht versichern: Einmal, was die konkrete Konstellation auf dem Platz angeht, in Madrid war Kroos dann der Beste, wenn er einen kongenialen und – um einen Begriff zu zitieren, der in diesem Jahr auch bei den Bayern en vogue ist – defensiv-denkenden Partner an seiner Seite wusste; einen deutschen Casemiro haben aber auch die Bundestrainer vor Nagelsmann vergeblich gesucht.

Und dann ist da ja noch eine andere Frage: Was es eigentlich mit einer Mannschaft macht, wenn jemand mit diesem Selbstverständnis mal eben wieder Bock hat, nachdem er so lange keinen hatte? Womöglich war es dafür gutes Timing, genau den Zeitpunkt zu erwischen, an dem klar war, dass eine Rettung der EM-Mission eher nicht aus bayerischer Kraft zu erwarten ist.

Klar ist aber auch: Wo ein Kroos zurückkommt, wird es individuell betrachtet auch Verlierer geben. Ob alle das in der Hoffnung schlucken, am Ende alle zusammen die großen Gewinner zu sein, das ist ab jetzt Teil der großen deutschen Wette dieses Sommers.

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