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#Russlands Schattenflotte bedroht die Meere

Der zweitgrößte Hafen der Welt beginnt, gegen die gefürchtete „Schattenflotte“ durchzugreifen. Zugleich warnt die Allianz-Versicherung vor den Folgen des russischen Überfalls auf die Ukraine für die Seefahrt und die Umwelt. Mit perfiden Methoden versuchen die Reeder der Tanker mit russischem Öl, das Brechen von Sanktionen zu verschleiern.

Christoph Hein

Wirtschaftskorrespondent für Südasien/Pazifik mit Sitz in Singapur.

„Die sogenannte Schattenflotte ermöglicht Russland, sein Öl effektiv, aber ohne Versicherung zu verkaufen. Von den rund 900 großen oder extrem großen Tankern, die weltweit eingesetzt werden, verstießen etwa 20 Prozent gegen die Sanktionen gegen Iran, Venezuela und, in zunehmendem Maße, Russland“, beobachten die Versicherer. Insgesamt wird die Schattenflotte schon auf rund 600 Tanker geschätzt. Erst ihr Einsatz ermöglicht es sanktionierten Ländern, weiterhin einen florierenden Ölhandel zu betreiben. „Russland und seine Alliierten versuchen, die Sanktionen zu umgehen“, heißt es im jüngsten „Safety and Shipping Review“ aus München. „Russland hat eine Flotte von rund hundert Schiffen zusammengebracht, um sein Öl zu transportieren. Und es mag auf weitere 200 Schiffe aus Ländern wie Venezuela und Nordkorea Zugriff haben.“

Digitale Fälschung

Das Problem für Seeverkehr und Umwelt ist dabei nicht nur die Menge der Schiffe, sondern auch ihr Zustand. „Die Tanker der Schattenflotte sind eher alte Schiffe unter Billigflaggen, die mit geringeren Wartungsstandards betrieben werden“, warnt Justus Heinrich von Allianz Global Corporate & Speciality. Zugleich haben umfassende Recherchen der „New York Times“ zutage gefördert, dass Tanker ihre obligatorischen Standort-Signale digital fälschen – damit können ihr Kurs und Standort nicht mehr nachverfolgt werden. So verwischen Kapitäne Spuren und erschweren damit Vorwürfe gegen ihre Reeder. Doch erhöht ein solches Verhalten auf See gleichzeitig massiv die Risiken. Auch wird damit das Umladen von Öl etwa im Mittelmeer auf Großtanker mit dem Ziel Indien oder China verschleiert.

Im Dezember vergangenen Jahres hatten die Industrieländer der G 7, die Europäische Union und Australien beschlossen, eine Preisobergrenze für russisches Rohöl bei 60 Dollar je Barrel (Fass zu 159 Liter) einzuziehen. Bei einem höheren Preis dürfen Dienstleister – unter ihnen eben auch Versicherer und Finanziers – sich nicht mehr an dem Geschäft beteiligen. Versicherer halten sich aufgrund der extrem hohen Risiken etwa für Bergungen havarierter Tanker und aufgrund der Umweltrisiken, für die Moskau wohl kaum geradestehen würde, seit dem Angriff zurück. Hinzu kommt ein Einfuhrverbot russischen Öls in der EU, Großbritannien und den Vereinigten Staaten.

Gleichwohl gibt es insbesondere mit Indien und China Großabnehmer. Wobei die Inder die bei ihnen raffinierten Produkte aus dem russischen Öl gerne – und unsanktioniert – an europäische Länder weiterreichen. Zwar sind laut Internationaler Energieagentur (IEA) Russlands Einnahmen aus Öl- und Gasverkäufen seit der Einführung der neuen Regeln von 22,5 Milliarden Dollar auf 8,1 Milliarden Dollar im April gesunken. Im selben Monat exportierte Russland allerdings 8,3 Millionen Liter Öl täglich, mehr als je zuvor seit dem Einmarsch in die Ukraine. Das aber bedeutet, dass rund um die Erde Tankschiffe eingesetzt werden.

Die Lage ist verzwickt

Auffällig ist dabei auch, dass schon im vergangenen Jahr eine ungewöhnlich hohe Zahl von Tankern im Alter von mehr als 20 Jahren – und damit reif für die Abwrackwerft – ihre Eigentümer wechselten. Die Allianz berichtet, dass es im vergangenen Jahr zu mindestens acht Fällen gekommen sei, in denen Tanker der Schattenflotte auf Grund liefen oder in eine Kollision verwickelt waren – mehr als in den gesamten drei Jahren zuvor. Gerade erst explodierte der überalterte Tanker Pablo vor Malaysia; drei Mannschaftsmitglieder bleiben verschollen, Ölreste verseuchten Strände.

Die Lage ist verzwickt: Die Ausfuhr russischen Öls nach China oder Indien ist legal, weil sich die Regierungen den Sanktionen nicht angeschlossen haben – obwohl Indien sich in anderen Bereichen als Partner der westlichen Demokratien betrachtet. Die für den Transport eingesetzten Tanker aber sind oft noch bei westlichen Konzernen versichert. Die aber verstoßen als „Dienstleister“ gegen die Sanktionsregeln. Nicht nur die Amerikaner drohen den westlichen Versicherern. Ziehen sie sich zurück, bleibt den Reedern nur, ihr Geschäft einzustellen. Oder aber, ihre Schiffe nicht mehr zu versichern und damit „schwarz“ fahren zu lassen – was den restlichen Verkehr und die Küstenstaaten stark gefährdet, zumal die Schiffe überaltert erscheinen und wohl nicht über die besten Mannschaften verfügen.

Auch deshalb geht der Ölhafen Singapur, der Eingangshafen zur Straße von Malakka nach Nordasien, einer der meist befahrenen Schifffahrtsstraßen der Welt, nun scharf gegen die dunkle Flotte vor: Seit Jahresbeginn hat der Stadtstaat 33 Schiffe vorübergehend an die Kette gelegt, weil sie den Sicherheitsstandards nicht entsprachen. Das sind mehr als alle Tanker im gesamten Jahrzehnt bis 2019. In der zweiten Jahreshälfte 2022 waren es 22 Tanker. Allein im April dieses Jahres setzte Singapur neun Schiffe fest.

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