Nachrichten

#Biden ringt um die Ukraine-Hilfe

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj weiß, welches Register er ziehen muss, um das amerikanische Publikum zu mobilisieren. „Sie haben ihn gewählt und wiedergewählt und einen zweiten Hitler herangezogen“, sagte er am Sonntag dem amerikanischen Sender CBS. Gemeint waren die Russen und Putin. Mit diesem Putin-Hitler-Vergleich hat Selenskyj kurz vor Beginn der Generalversammlung der Vereinten Nationen in New York den Ton gesetzt. Auch für Joe Biden. Für den amerikanischen Präsidenten ist die Generalversammlung eine Gelegenheit, um die Republikaner daran zu erinnern, was in der Ukraine auf dem Spiel steht.

Majid Sattar

Politischer Korrespondent für Nordamerika mit Sitz in Washington.

Zum zweiten Mal innerhalb von zehn Tagen betritt Biden in dieser Woche die internationale Bühne, um angesichts gravierender Machtverschiebungen in der Welt die amerikanische Führungsrolle zu bekräftigen. Nach dem G-20-Gipfel in Delhi wendet er sich am Dienstag in der Generaldebatte zur Eröffnung der UN-Vollversammlung an die Weltöffentlichkeit. Dazwischen lag eine innenpolitische Woche in Washington, in welcher der Präsident – 14 Monate vor den Wahlen in Amerika – empfindliche Nackenschläge hinnehmen musste.

Unerwartet waren beide Entwicklungen nicht. Unerfreulich sind sie für Biden gleichwohl. Zum einen wies Kevin McCarthy, der republikanische Sprecher des Repräsentantenhauses, seine Fraktion an, Ermittlungen für ein mögliches Amtsenthebungsverfahren gegen ihn einzuleiten. Hintergrund sind die Anschuldigungen, der Präsidentensohn Hunter Biden habe seine strittigen Auslandsgeschäfte politisch flankiert – mit dem Wissen des Vaters. Zum anderen wurde nun auch Anklage gegen den Sohn erhoben – allerdings nicht wegen dieser Anschuldigungen, sondern wegen illegalen Waffenbesitzes.

Haushaltsstreit gefährdet die Ukraine-Politik

Beide Vorgänge belasten den Wahlkämpfer Biden. Den Präsidenten Biden belastet indes ein anderes Thema: Der Haushaltsstreit, der nicht nur zum Monatsende zu einem Shutdown der Bundesverwaltung führen könnte, sondern auch seine Ukraine-Politik gefährdet, mit der es ihm seit Beginn des russischen Angriffskrieges gelungen war, den Westen zu einen.

Das Podium der Generalversammlung am East River dürfte in dieser Woche denn auch mehrmals genutzt werden, um an die Republikaner zu appellieren, die Solidarität mit der Ukraine nicht aufzugeben und die Militärhilfe fortzusetzen. Neben Biden, dessen Rede ebenso an die amerikanische wie an die Weltöffentlichkeit gerichtet sein dürfte, wird am Dienstag auch der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj in der Generalversammlung auftreten.

Einen Vorgeschmack darauf gab Wolodymyr Selenskyj in seinem CBS-Interview. Wenn die Russen Polen erreichen würden, was komme dann, fragte Selenskyj. Ein dritter Weltkrieg? Die ganze Welt müsse entscheiden, ob Putin aufgehalten werden solle – oder man den Beginn eines Weltkriegs heraufbeschwören wolle. Der ukrainische Präsident dürfte auch bei seiner Rede vor der Generalversammlung die Notwendigkeit fortdauernder Militärhilfe untermauern. Es ist eine Botschaft, die er mutmaßlich am Donnerstag direkt an die Republikaner richten kann, wenn er vor beiden Kongresskammern in Washington sprechen wird.

Radikale Republikaner machen McCarthy das Leben schwer

Die Lage ist kompliziert, was daran liegt, dass McCarthy die Ukraine-Politik der Regierung eigentlich im Grundsatz mittragen will. Er wird aber von einer kleinen radikalen Gruppe am rechten Rand seiner Fraktion daran gehindert. Zumindest derzeit. Im „Freedom Caucus“ sind isolationistische und zum Teil offen prorussische Tendenzen ausgeprägt, die auch Donald Trump, der Vorgänger Bidens und führende Bewerber um die Präsidentschaftskandidatur, befördert.

Und die republikanische Mehrheit ist knapp, was McCarthy bekanntlich zu Jahresbeginn schmerzhaft feststellen musste, als die Frondeure ihn durch 15. Wahlgänge schleiften, bis er den hölzernen Hammer des Sprechers der ersten Kongresskammer in die Hand nehmen durfte.

McCarthy hatte eigentlich vor, den Rechtsaußen-Flügel zu besänftigen, als er die Ermittlungen für ein Impeachment-Verfahren gegen Biden freigab. Sein Kalkül war ein Geben und Nehmen. So argumentierte er, ein Shutdown der Bundesverwaltung würde auch den Ermittlungen schaden. Doch die radikalen Kräfte ließen sich nicht besänftigen. Sie drohten zwischenzeitlich offen mit dem Sturz des Sprechers – und zwar nicht etwa in internen Sitzungen, sondern im Plenum des Repräsentantenhauses.

Das wiederum forderte McCarthy heraus. In einer nichtöffentlichen Fraktionssitzung platze es aus ihm heraus: „Ihr Typen denkt, ich hätte Angst vor eurem Antrag, mich abzusetzen. Nur zu. Bringt den verdammten Antrag ein.“ Das englische Original-Zitat, das Fraktionsmitglieder durchstachen, war noch ein wenig saftiger: „Go ahead and fucking do it.“

McCarthy hatte in der vergangenen Woche einen Plan unterbreitet, der vorsah, die anstehenden Einzeletats zu verabschieden und mit der Biden-Regierung einen kurzfristigen Deal im Haushaltsstreit zu machen, um die Bundesverwaltung nach dem 30. September, wenn das Haushaltsjahr in Amerika endet, zu finanzieren. Danach sollten die Republikaner sich mit dem von den Demokraten kontrollierten Senat auf die Suche nach einem langfristigen Deal machen. Doch der radikale Flügel spielte nicht mit – unter anderem wegen des Verteidigungsetats. McCarthy musste die Abstimmung über den Entwurf, der 825 Milliarden Dollar umfasst, verschieben.

Chip Roy, der Vorsitzende des „Freedom Caucus“, machte kein Geheimnis aus seinen Motiven: Der Haushalt sei der einzige Hebel seiner Gruppe, politische Zugeständnisse McCarthys zu erzwingen. Nun laufen im Hintergrund Verhandlungen, um die nötigen Stimmen für den Haushaltsdeal zu erhalten.

Für Biden ist die Angelegenheit höchst ambivalent: Der Wahlkämpfer kann sich über die internen Machtkämpfe bei den Republikanern freuen. Der Präsident allerdings nicht. Das Bild, welches das Land in einer sehr fragilen Weltlage abgibt, ist kein gutes: Amerika wackelt.

Wenn Ihnen der Artikel gefallen hat, vergessen Sie nicht, ihn mit Ihren Freunden zu teilen. Folgen Sie uns auch in Google News, klicken Sie auf den Stern und wählen Sie uns aus Ihren Favoriten aus.

Wenn Sie an Foren interessiert sind, können Sie Forum.BuradaBiliyorum.Com besuchen.

Wenn Sie weitere Nachrichten lesen möchten, können Sie unsere Nachrichten kategorie besuchen.

Quelle

Ähnliche Artikel

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Schaltfläche "Zurück zum Anfang"
Schließen

Please allow ads on our site

Please consider supporting us by disabling your ad blocker!