#Rumänen und Bulgaren oft erfolgreich am deutschen Arbeitsmarkt
Inhaltsverzeichnis
„Rumänen und Bulgaren oft erfolgreich am deutschen Arbeitsmarkt“
Als vor anderthalb Jahrzehnten Bulgaren und Rumänen die lange erhofften Rechte aller EU-Bürger bekamen, waren die Befürchtungen in Deutschland mancherorts größer als die Freude: Statt Facharbeitern und Touristen wurden mancherorts Arme und Arbeitsmigranten erwartet. Die würden dann auf Kosten der deutschen Sozialsysteme hier recht passabel leben, während ihre Landsleute in Bukarest oder Sofia mit staatlicher Unterstützung von vierzig, fünfzig Euro auskommen müssten. Eine neue Untersuchung im Auftrag des „Mediendienstes Integration“ zeigt, dass manche dieser Befürchtungen unbegründet waren, und vertritt die These, Zuwanderer aus Rumänien und Bulgarien hätten den Arbeitsmarkt bereichert und die Sozialkassen alles in allem gefüllt.
Von „Einwanderung in die Sozialsysteme“ war hingegen zunächst sorgenvoll die Rede, als 2014 die volle Freizügigkeit gewährt wurde. Tatsächlich kamen viele Tausend Frauen und Männer, die mit verschiedenen unkonventionellen Einkommensmodellen der Armut zu Hause zu entgehen suchten. Eines davon bestand darin, für eine große Zahl von Kindern in Deutschland Kindergeld zu beantragen und von diesem Geld den Lebensunterhalt in Deutschland, aber auch für Verwandte in Rumänien oder Bulgarien zu bestreiten. Andere verdingten sich als Gelegenheitsarbeiter zu extrem niedrigen Löhnen für Drecksarbeiten. An manchen Ausfallstraßen deutscher Städte entstanden regelrechte „Arbeitsstriche“, an denen verzweifelte Ausländer auf ruchlose Arbeitgeber hofften.
Anderswo, etwa in Dortmund oder in Berlin-Neukölln, machte sich bald bemerkbar, dass ganze Dörfer aus Rumänien sich dort neu ansiedelten, meist aus der Volksgruppe der Roma. Um zu bleiben und an Geld vom Staat zu kommen, meldeten viele ein Gewerbe an. So kam es etwa allein in Berlin-Neukölln in einem Jahr zu mehr als 3000 Neuanmeldungen; überwiegend für Firmen in der Baubranche oder für Dienstleister, die sich als „Public Relations Assistent“ bezeichneten, womit das Verteilen von Zetteln gemeint war. Die Selbständigkeit eines Elternteils ebnete den Weg zum Recht auf Kindergeld. Die damalige Bezirksstadträtin Franziska Giffey, heute Regierende Bürgermeisterin in Berlin, reiste 2013 eigens nach Rumänien, um mehr über die Zuwanderer zu erfahren, die fast ausschließlich aus Roma-Familien kamen.
Starker Anstieg der Beschäftigungsquote
Städte und Gemeinden ächzten damals schwer unter der Last der Neubürger. In ohnehin schwierigen Stadtteilen wurde das Zusammenleben noch schwieriger. Aktionspläne mussten her, Sonderkonferenzen und runde Tische tagten. Dann kam 2015 die große Flüchtlingsbewegung aus Syrien und überlagerte alles. Heute, so der Studienautor Carsten Wolf, sieht die Bilanz nach 15 Jahren weitgehend offener Grenzen anders aus, als seinerzeit befürchtet. Aus der anfänglichen Armutszuwanderung ist aus seiner Sicht eine Bereicherung des Arbeitsmarktes und der Sozialsysteme geworden.
Im September 2021 arbeiteten rund 460.000 Menschen aus Rumänien sozialversicherungspflichtig in Deutschland, aus Bulgarien rund 170.000, das ist eine Verdreifachung allein gegenüber 2014. Während die Beschäftigungsquote von 35 Prozent auf heute 69 Prozent stieg, sank der Anteil an Sozialhilfebeziehern unter Rumänen und Bulgaren ebenso wie die Arbeitslosenquote. Sie beträgt heute neun Prozent, wenig mehr als der Bundesdurchschnitt. „Die Beiträge zum Sozialsystem durch die Beschäftigten dürften die Kosten zum Beispiel durch Arbeitslosigkeit deutlich überwiegen“, schreibt Wolf.
Der Bericht zitiert den Arbeitsmarktexperten und Migrationsforscher Herbert Brückner, der sagt: „Ein vergleichbar starker Anstieg der Beschäftigungsquoten wurde meines Wissens bislang in Deutschland in keiner anderen Bevölkerungsgruppe beobachtet, zumindest nicht in einem derart kurzen Zeitraum.“ Das sei ein großer Erfolg der Einführung der Arbeitnehmerfreizügigkeit. Verwiesen wird dabei auch auf zwei Aspekte: Inzwischen arbeiten rund 5000 rumänische Ärzte in deutschen Krankenhäusern und Praxen, mehr als aus jedem anderen EU-Land. Außerdem würden viele Arbeitnehmer später wohl wieder zurück in ihre Heimat gehen, also als Alte nicht in Deutschland versorgt und gepflegt werden müssen.
Das allerdings ist eine Vermutung, die sich schon bei früheren Einwanderungsgruppen in Deutschland als falsch erwiesen hat, etwa bei Einwanderern aus der Türkei. Die fortdauernde Armutsherausforderung für Europa, die sich auch in den ausgegrenzten Roma-Gruppen aus Rumänien und Bulgarienzeigt, wird in der Studie nicht erwähnt. Wie viele Roma Anteil am Integrationserfolg vieler Zuwanderer aus Rumänien und Bulgarien in Deutschland haben, bleibt daher eine interessante Frage für künftige Studien.
Wenn Ihnen der Artikel gefallen hat, vergessen Sie nicht, ihn mit Ihren Freunden zu teilen. Folgen Sie uns auch in Google News, klicken Sie auf den Stern und wählen Sie uns aus Ihren Favoriten aus.
Wenn Sie an Foren interessiert sind, können Sie Forum.BuradaBiliyorum.Com besuchen.
Wenn Sie weitere Nachrichten lesen möchten, können Sie unsere Nachrichten kategorie besuchen.