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#Schatzgräber, Scharlatan?

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Schatzgräber, Scharlatan?

Archäologische Themen sind in popularisierter Form seit Jahren beim Publikum präsent wie kaum eine andere Wissenschaft, vom derzeitigen Sonderfall der Virologie einmal abgesehen. Aber wenn es um Archäologen geht, dürfte den meisten rasch ein einziger Name einfallen und dann lange kein zweiter. Das geht so weit, dass Heinrich Schliemann bisweilen geradewegs zum Synonym der gesamten Zunft avanciert, etwa im Titel der Geschichts-Dokuserie „Schliemanns Erben“.

Dass sich nicht jeder Archäologe mit dieser Bezeichnung ge­meint fühlt, ist sicher, und umstritten war Schliemann schon von seinem ersten öffentlichen Auftreten als Ausgräber an. Zugleich fehlte es ihm nicht an leidenschaftlichen Verteidigern. „Das Mißtrauen der ‚Fachleute‘ gegen den erfolgreichen ‚Outsider‘ ist das Mißtrauen des Bürgers gegen das Genie“, schreibt etwa C. W. Ceram 1949 in seinem enorm einflussreichen Band „Götter, Gräber und Gelehrte“, gemünzt auf Schliemanns Kritiker. Das Genie aus dem mecklenburgischen Ankershagen, meint Ceram alias Kurt Marek, hält sich jedenfalls nicht wie die misstrauischen Bürger in der staubigen Schreibstube auf, sondern riskiert seine Existenz auf dem Feld: „Ruhelos war er tätig und nichts hielt ihn ab; das Fieber nicht, das auf Mückenleibern aus den Sümpfen quoll, tückisch und gefährlich, nicht der Mangel an gutem Wasser, weder die Aufsässigkeit der Arbeiter, noch die Langsamkeit der Behörden und das Unverständnis der Wissenschaftler aller Welt, die ihn einen Narren schalten und schlimmeres.“

Frank Vorpahl: „Schliemann und das Gold von Troja“. Mythos und Wirklichkeit.


Frank Vorpahl: „Schliemann und das Gold von Troja“. Mythos und Wirklichkeit.
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Bild: Galiani Verlag

Dem damaligen Rowohlt-Lektor Marek stand allerdings nicht das umfangreiche biographische Material zu Schliemann zur Verfügung, das erst seither erschlossen wurde und Schliemanns Pu­blikationen erheblich relativiert. Je deutlicher die Forschung diese Widersprüche herausarbeiten konnte, desto mehr schwang das Pendel in die andere Richtung, bis Schliemann schließlich gar als „pathologischer Lügner“ dastand.

Das Verdikt bezieht sich sowohl auf die Darstellung seiner Lebensumstände wie auf Aspekte seiner wissenschaftlichen Arbeit, auf dramatische Ereignisse wie die Rettung aus Seenot vor Hollands Küste 1841 – klammerte sich der Neunzehnjährige nun an ein leeres Fass, oder gelangte er weniger theatralisch mit einem Rettungsboot an Land? – ebenso wie auf die Entdeckung des „Schatz des Priamos“ im Mai 1873, zu der Schliemann in einem privaten Brief einräumen musste, dass seine Frau, anders als von ihm öffentlich behauptet, gar nicht anwesend war und daher den Schatz auch nicht in einem Tuch heimlich davontragen konnte.

Kann man Schliemann trauen?

Im Vorfeld seines 200. Geburtstages am 6. Januar sind drei Bücher erschienen, die sich vor diesem Hintergrund auf unterschiedliche Weise der Person Schliemanns annähern oder weiteres Material für eine biographische Darstellung erschließen. Während sich der Fernsehjournalist Frank Vorpahl in „Schliemann und das Gold von Troja“ vor allem mit dem Zeitraum beschäftigt, in dem der zu Reichtum gelangte Kaufmann nach einem neuen Lebenssinn sucht und ihn in der Archäologie findet, legt die studierte Archäologin Leonie Hellmayr mit „Der Mann, der Troja erfand“ eine Biographie Schliemanns vor, die von der Geburt bis zum Tod am 26. Dezember 1890 führt und knapp seinen Nachruhm beleuchtet. „Die Forschung verfügt mittlerweile über ein recht differenziertes Bild von seinem Leben“, schreibt Hellmayr: „Dennoch beruhen nach wie vor die meisten unserer Informationen auf Aussagen aus seinen Selbstzeugnissen – und da Schliemann sich und seinen Werdegang gern inszenierte, ist es in manch einem Fall nach wie vor schwierig, Realität von Fantasie zu trennen.“

Für Hellmayrs Biographie bedeutet das tatsächlich eine deutliche Orientierung an den erwähnten Selbstzeugnissen. Allein dieser Bestand ist enorm umfangreich: Schliemann publizierte Reisebücher, Grabungsberichte in Form von Büchern und Artikeln sowie mehrere autobiographische Texte. Seine Briefwechsel umfassen an die sechzigtausend Schreiben, zudem führte er Tagebücher und hinterließ aufschlussreiche Übungstexte beim Erlernen fremder Sprachen. Vor allem dies habe seinen wirtschaftlichen Aufstieg vom Ladengehilfen zum Multimillionär befördert, legt Schliemann selbst nahe, der dann auch die Umstände seines phänomenal raschen Sprachenlernens gern und liebevoll schilderte.

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