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#Schau mich an, stell dich mir!

Schau mich an, stell dich mir!

Der Wiedererkennungswert von Frida Kahlos Gemälden ist in der Kunstgeschichte unerreicht. Ihre Selbstbildnisse haben auf der ganzen Welt Verbreitung gefunden, in unzähligen Reproduktionen; in allen denkbaren Formen sind sie in die kommerzielle Verwertung eingegangen. Das hat sie zur vermutlich bekanntesten Künstlerin überhaupt gemacht. Diese Kahlo-Überdosis hat ihre Schattenseite dort, wo Ermüdung droht, ein Sattsehen an den bekanntesten Bildern wie „Der kleine Hirsch“, mit ihrem Gesicht und den Pfeilen im Tierkörper gleich dem Märtyrer Sebastian, oder „Die gebrochene Säule“, die ihren von Nägeln durchbohrten geöffneten Körper stützt.

Rose-Maria Gropp

Redakteurin im Feuilleton, verantwortlich für den „Kunstmarkt“.

Das ist bedauerlich, weil es den Blick auf das einzigartige Œuvre dieser Ausnahmekünstlerin verstellt, das weit über scheinbar unablässige Selbstbetrachtung hinausgeht. Umso verdienstvoller ist es, dass jetzt der Band „Frida Kahlo. Sämtliche Gemälde“ auch die wenig bekannten Facetten ihres Schaffens ausleuchtet. Was seit Jahrzehnten als Welt der Frida Kahlo beschworen wird, erfährt eine längst fällige, großartige Horizonterweiterung.

Eine kompromisslos idiosynkratische Bildwelt

Der Herausgeber Luis-Martín Lozano und die Autorinnen Andrea Kettenmann und Marina Vázquez Ramos sind fern jener Deutungsart, die unausrottbar den Inhalt der Bilder als schlicht deckungsgleich mit der Person der Künstlerin behandelt. Stattdessen unternehmen sie in kenntnisreichen und sehr gut geschriebenen Texten eine Revision ihrer Vorbilder. Sie zeigen, dass zu ihnen auch ihr Vater Guillermo Kahlo, der Fotograf und selbst Maler war, gehört. Sie identifizieren den Einfluss zum Beispiel des deutschen Verismus. Es musste nicht erst der mexikanische Künstler Diego Rivera kommen, um ihr, der Autodidaktin, Vorlagen zu liefern. Die Autoren ordnen ihr Schaffen in die damaligen Avantgarden ein, zeigen die wenig beachtete Modernität mancher ihrer Bilder.

Luis-Martín Lozano (Hrsg.): „Frida Kahlo: Sämtliche Gemälde“. Texte von Andrea Kettenmann und Marina Vázquez Ramos.


Luis-Martín Lozano (Hrsg.): „Frida Kahlo: Sämtliche Gemälde“. Texte von Andrea Kettenmann und Marina Vázquez Ramos.


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Bild: Taschen Verlag

Die umstandslose Einsortierung Kahlos in den Surrealismus unter der Ägide von André Breton funktioniert ebenso wenig. Was Breton und seinem westlich geprägten Weltbild Exotismus bedeutet haben mag, war für sie gelebte Wirklichkeit. In Kahlos, gewiss eine Zeit lang surrealistisch inspirierter, Kunst findet die mexikanische religiöse Ex-voto-Malerei ihren Widerhall, stärker als Traum oder Mythos. Ihre kompromisslos idiosynkratische Bildwelt erschafft eine eigenständige weibliche Ikonografie, in der Fantasie und Realität verschmelzen.

Die stolze Distanz der Unberührbarkeit

Geboren wurde Frida Kahlo, getauft übrigens noch „Frieda“, 1907 in Mexico City als Tochter eines deutschstämmigen Vaters und einer mexikanischen Mutter. Sie starb 1954, zu Tode erschöpft, bis zuletzt versuchte sie zu malen. Ihre frühe vermutliche Kinderlähmung im rechten Bein, ihr Unfall in einem Bus, als sie achtzehn Jahre alt war, mit Verletzungen, die ihr lebenslange Schmerzen aufbürdeten; ihre von heftigen Gefühlen gezeichnete Beziehung zu Diego Rivera; ihre Liebhaber, Männer wie Frauen, ihre zunehmende Abhängigkeit von Alkohol und Drogen: Es stimmt, all das ist in ihrer Kunst. Aber dort ist auch eine unbändige Kraft, eine enorme Sensibilität für andere Menschen, meist ihr nahestehende und Freunde, deren Bildnisse sie erschafft; der Wille zur Weltverbesserung. Sie brannte für die mexikanische Revolution und zeit ihres Lebens für den Kommunismus.

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