Wissenschaft

#Schneller Magmafluss unter Grindavik

Ab dem 18. Dezember 2023 kam es in unmittelbarer Nähe der isländischen Kleinstadt Grindavik zu zahlreichen Lavaeruptionen. Dank frühzeitiger Warnungen konnten die Bewohner zwar bereits einen Monat zuvor evakuiert werden. Die Zerstörung des Ortes ließ sich jedoch nur teilweise verhindern. Forschende haben nun die geologischen und physikalischen Prozesse im Vorfeld der Ausbrüche untersucht. In einem rund 15 Kilometer langen Magmatunnel unterhalb von Grindavik strömte das heiße Gestein demnach mit einer Geschwindigkeit von 7400 Kubikmetern pro Sekunde – die höchste bisher festgestellte Magmastromrate.

Island liegt an der Grenze zwischen der nordamerikanischen und der eurasischen tektonischen Platte und ist bekannt für seine vulkanische Aktivität. Ab dem 24. Oktober 2023 kam es in der Region um die Kleinstadt Grindavik, rund 50 Kilometer südwestlich der Hauptstadt Reykjavik, verstärkt zu Erdbeben. Ursache war ein rund 15 Kilometer langer Magmatunnel unterhalb der Stadt, der sich rasch mit Magma füllte, ausdehnte und der Oberfläche näherkam. Am 10. November wurde deswegen vorsorglich die Bevölkerung der Stadt evakuiert. Am 18. Dezember bahnte sich das glutflüssige Gestein einen Weg an die Oberfläche, es kam zu einer heftigen Spalteneruption. Erst drei Tage später hörten die Eruptionen wieder auf. Am 14. Januar 2024 zerstörten jedoch erneute Ausbrüche Teile von Grindavik. Ob die Menschen wieder in ihre Stadt zurückkehren können, ist weiterhin unklar.

Anhaltende vulkanische Aktivität

Ein Team um Freysteinn Sigmundsson vom nordischen vulkanologischen Zentrum an der Universität von Island in Reykjavik hat die geologischen und physikalischen Prozesse ab Beginn der Erdbeben im Oktober 2023 nun genauer analysiert. Dazu werteten die Forschenden seismische Messungen sowie Satellitendaten zur Verformung des Bodens aus. Zudem modellierten sie, wie Brüche und tektonische Spannungen dazu führten, dass sich der Magmatunnel im Ausbruchsgebiet bildete und füllte.

„Die Ereignisse sind Teil einer anhaltenden Periode vulkanisch-tektonischer Aktivität auf der Halbinsel Reykjanes, auf der Grindavik liegt“, erklären Sigmundsson und sein Team. „Die seismische Aktivität nahm am 25. Oktober 2023 dramatisch zu, gefolgt von einer Periode, in der sich Magma im Untergrund anreicherte. Modellierungen deuten auf ein Magmavorkommen in einer Tiefe von rund fünf Kilometern hin, das sich pro Sekunde durchschnittlich um 7,5 Kubikmeter vergrößerte.“ So bildete sich ein 15 Kilometer langer Magmatunnel, der bis unter die Stadt Grindavik reichte.

Wie sich das Magma seinen Weg bahnte

„Die maximale Fließgeschwindigkeit mit der das Magma in den Tunnel drückte, betrug unseren Modellierungen zufolge 7400 Kubikmeter pro Sekunde und wurde am 10. November erreicht“, berichtet das Team. Damit liegt die maximale Fließgeschwindigkeit bis zu tausendmal höher als bei vorangegangenen Eruptionen in der Region. „Derart hohe Fließgeschwindigkeiten geben Einblicke in die Bildung großer Euptivgänge und weisen auf ein ernsthaftes Gefahrenpotenzial hin, dass sich die unterirdischen Gesteinsflüsse an die Oberfläche ausbreiten und in Eruptionen übergehen.“ Als bestimmender Faktor für solche Ereignisse galt bislang der Druck in dem unterirdischen Magmareservoir. Wird dieser zu groß, so die gängige Annahme, bahnt sich das flüssige Gestein einen Weg durch die umgebenden Gesteinsschichten und erschafft dabei Tunnel und Gänge.

Bei dem Magmakörper, der den Magmatunnel unter Grindavik speist, war der Überdruck allerdings relativ gering im Verhältnis zu den Kräften, die das Magma entfaltete. Die aktuelle Studie liefert nun eine Erklärung, warum dennoch derart große Eruptivgänge entstehen konnten. Demnach hatten sich im umgebenden Gestein über lange Zeit hinweg tektonische Spannungen aufgebaut. Als sich ein Weg an der Grenze des Magmakörpers öffnete, bekamen die Gesteinsschichten dadurch schnell große Risse, durch die sich das Magma weiter ausbreiten konnte. „Unsere Ergebnisse können auch dabei helfen, die magmatische Aktivität in anderen Teilen der Welt besser zu verstehen“, so die Forschenden.

Quelle: Freysteinn Sigmundsson (University of Iceland, Reykjavik) et al., Science, doi: 10.1126/science.adn2838

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