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#Scholz in China: Kein Land für Handelsreisende

Der Umgang mit China war für viele Bundeskanzler ein Balanceakt. Olaf Scholz geht es gegenüber den chinesischen Spitzenfunktionären auch um Krieg und Frieden.

Wer deutliche Worte zu China hören will, für den lohnt ein Anruf bei Reinhard Bütikofer. Der deutsche Grünen-Politiker ist im Europäischen Parlament eine außenpolitische Stimme mit Chinaerfahrung. Wie er auf die Reise von Bundeskanzler Olaf Scholz nach China blicke, lautet die Frage. „In Peking hält man Scholz für die Fortsetzung von Merkel mit sozialdemokratischen Mitteln und findet das gut“, sagt Bütikofer. Er richtet sein Urteil nicht daran aus, dass seine Partei in Berlin mit der sozialdemokratischen Kanzlerpartei regiert. China mache gerade „eine Art Freundschaftstest“, sagt er. Freund sei, wer nicht zu den Anhängern des De-Riskings gehöre. Mit dem Begriff ist Risikominimierung gemeint, indem die wirtschaftliche Abhängigkeit von China verringert wird. Den Kanzler sähen die Chinesen jedenfalls nicht in diesem Lager, sagt Bütikofer.

Da stimmt der Grüne mit dem CDU-Bundestagsabgeordneten und Außenpolitiker Norbert Röttgen überein. Auch der sagt, Scholz mache so weiter wie Merkel. Die am Samstag beginnende Reise des von einer Wirtschaftsdelegation begleiteten Kanzlers sei eine „große Verkaufstour“, sagt Röttgen der F.A.S.

In der Bundesregierung sieht man das naturgemäß differenzierter. Man wolle, so heißt es am Tag vor Reisebeginn in Berlin, weiterhin gute Geschäfte mit China machen. In der im vorigen Jahr beschlossenen Chinastrategie der Regierung stehe schließlich nicht, dass man den Handel mit China runterfahren wolle. Dennoch gebe es genügend Beispiele für ein De-Risking, das auch in der Strategie auftaucht. Genannt wird der Aufbau einer größeren Chipindustrie in Deutschland.

In China hält man große Stücke auf Scholz

Spätestens als Russland die Gaslieferungen eingestellt hat, hat Deutschland begriffen, wie dringend es seine Abhängigkeiten von anderen Ländern verringern muss. Mit China sind die Verflechtungen viel weitgehender als mit Russland. „Wenn der Kanzler die Chinastrategie der Bundesregierung ernst nähme, wäre schon mal ein Anfang gemacht“, sagt Bütikofer.

In Peking hält man große Stücke auf den „Pragmatiker“ Scholz, insbesondere im Vergleich zu den Grünen von Außenministerin Annalena Baerbock. Dieser werfen die Staatsmedien vor, dass sie die bilateralen Beziehungen „potentiell untergräbt“. Cui Hongjian, Europaspezialist der Pekinger Fremdsprachenuniversität, wird deutlich: „Insbesondere die Grünen in dieser Bundesregierung versuchen, die politische Tradition der vorherigen deutschen Regierung zu ändern, einschließlich der Chinapolitik“, sagt der Professor zur F.A.S. Genau beobachtet Peking etwa die „ungewöhnliche“ Mitreise der drei Minister Cem Özdemir, Steffi Lemke und Volker Wissing, die am Montag in die chinesische Hauptstadt reisen: zwei Grüne und ein Liberaler. Manche sprechen von einer Umarmungsstrategie des Kanzlers, der sich so gegen koalitionsinterne Kritik absichern wolle.

Juli 1987: Kanzler Kohl und seine Frau Hannelore in Tibet


Juli 1987: Kanzler Kohl und seine Frau Hannelore in Tibet
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Bild: Picture Alliance

Größere Abkommen werden auf dieser Kanzlerreise nicht unterzeichnet, ist in Peking zu hören. „Wenn ein deutscher Regierungschef nach China kam, war einer der Höhepunkte die Unterzeichnung von Handelsabkommen und Verträgen“, sagt Cui. „Das ist Vergangenheit.“ Jetzt gehe es um eine Neugewichtung der internationalen Beziehungen. Derzeit will China seine Außenbeziehungen stabilisieren. Im Winter reiste Xi Jinping zu Joe Biden nach Amerika, und nach der Scholz-Visite wird er im Mai nach Frankreich, Ungarn und Serbien kommen, um anschließend Wladimir Putin in Peking zu treffen.

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