Wissenschaft

#Schon die frühesten Primaten lebten in Paaren

In welchen Familienkonstellationen lebten unsere frühen Vorfahren? Hinweise darauf haben nun Forschende mithilfe einer vergleichenden Verhaltensstudie gefunden. Dafür werteten sie die Sozialbeziehungen von mehr als 200 heutigen Primatenarten aus und zogen auf dieser Basis Schlussfolgerungen auf die Lebensweise unserer frühesten Vorfahren. Demnach lebten schon die ersten Primaten vor 70 Millionen Jahren wahrscheinlich als Paare zusammen. Diese Ergebnisse widersprechen früheren Annahmen, denen zufolge die ersten Primaten Einzelgänger waren.

Heutige Primaten, zu denen auch wir Menschen gehören, gelten als sehr soziale Lebewesen. Affen und Menschenaffen leben oft in Gruppen und pflegen komplexe Beziehungen. „Häufig wird jedoch angenommen, dass der Vorfahre aller Primaten ein Einzelgänger war und dass sich andere Formen der sozialen Organisation erst später entwickelt haben“, erklärt ein Team um Charlotte-Anaïs Olivier von der Universität Straßburg in Frankreich. „Zahlreiche Studien haben nahegelegt, dass der Urahn der Primaten klein und nachtaktiv war und auf Bäumen lebte.“ Diese Eigenschaften treffen auch auf einige heute lebenden Lemurenarten zu. Von diesen wiederum glaubte man, sie seien überwiegend als Einzelgänger unterwegs – und übertrug diese Annahme auf den Urahn aller Primaten.

Sozialer als gedacht

„Zahlreiche neuere Feldstudien haben nun aber gezeigt, dass Lemuren deutlich sozialer sind als angenommen und häufig in Paaren zusammenleben“, berichten Olivier und ihr Team. Um zuverlässiger abschätzen zu können, wie sozial die ersten Primaten wahrscheinlich waren, stellte das Forschungsteam eine Datenbank mit Informationen über das Sozialleben von mehr als 200 Primatenarten zusammen. Dafür bezogen sie Feldstudien zu fast 500 wildlebenden Populationen ein.

Dabei stellten sie fest, dass die meisten Primatenarten vielfältige Formen der sozialen Organisation aufweisen. „Am häufigsten waren Gruppen, in denen mehrere Weibchen und mehreren Männchen zusammenlebten, wie etwa bei den Schimpansen oder Makaken. Am zweithäufigsten kamen Gruppen mit nur einem Männchen und mehreren Weibchen vor – wie bei Gorillas oder Languren“, berichtet Co-Autor Adrian Jäggi von der Universität Zürich. „Ein Viertel aller Arten organisierte sich aber auch in Paaren.“

Einzeln fressen, gemeinsam schlafen

Viele Arten, die in früheren Studien als einzelgängerisch beschrieben wurden, klassifizierten Olivier und ihr Team nicht als Einzelgänger. „In früheren Studien wurden Arten als solitär lebend beschrieben, wenn die Individuen allein auf Futtersuche gehen“, erklären die Forschenden. „Unsere Datenbank zeigt aber, dass viele dieser Populationen abseits der Futtersuche als Paare oder Gruppen zusammenleben und gemeinsame Schlafplätze teilen.“ Für die Definition als Paar genügte es dem Forschungsteam, wenn zwei Individuen ein Territorium teilten und häufig gemeinsam schliefen – auch wenn sie nicht gemeinsam Nachwuchs aufzogen oder sexuell monogam lebten.

Mit statistischen Methoden knüpften die Forschenden Verbindungen zwischen dem Sozialleben einer Art und weiteren Merkmalen wie der Körpergröße, der Ernährung, dem Aktivitätsmuster und dem Lebensraum. Daraus erstellten sie ein statistisches Modell, das für jede Kombination dieser Merkmale vorhersagt, welche Form der sozialen Organisation unter diesen Bedingungen am wahrscheinlichsten ist. Dieses Modell wendeten sie auch auf den letzten gemeinsamen Vorfahren aller Primaten an. Dabei legten sie in Übereinstimmung mit Fossilfunden und früheren Untersuchungen zugrunde, dass es sich dabei um einen kleinen, nachtaktiven Baumbewohner handelte.

Paarbeziehung als Urform

„Unser Modell zeigt, dass ein Leben als Paar die mit Abstand wahrscheinlichste Form der sozialen Organisation unserer letzten gemeinsamen Vorfahren war“, erklärt Oliviers Kollege Jordan Martin. „Das Leben in größeren Gruppen entstand wahrscheinlich erst später in der Geschichte der Primaten.“ Damit war die Sozialstruktur der ersten Primaten der von uns heutigen Menschen womöglich ähnlicher als bisher gedacht. „Auch wir leben oft, aber längst nicht immer, als Paare und sind zugleich eingebettet in Großfamilien und größere Gruppen und Gesellschaften“, sagt Jäggi. „Über die genaue Ausgestaltung des damaligen Paarlebens können wir allerdings keine Aussagen machen. Ob zwei Individuen eine emotionale Paarbeziehung aufbauen, sexuell monogam leben oder Nachwuchs gemeinsam aufziehen, variiert auch bei heutigen Primaten-Paaren stark.“

Quelle: Charlotte-Anaïs Olivier (Universität Straßburg, Frankreich) et al., Proceedings of the National Academy of Sciences, doi: 10.1073/pnas.2215401120

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