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#Schwierige Beziehung in Kriegszeiten

Schwierige Beziehung in Kriegszeiten

Das Bad Homburger Kurhaus und der Bahnhof erstrahlen abends blau und gelb, und seit Montag weht vor dem Rathaus die gleichfarbige Fahne: An der Solidarität mit der Ukraine und der Verurteilung des russischen Einmarschs als völkerrechtswidrig lässt Oberbürgermeister Alexander Hetjes (CDU) keinen Zweifel. Darin ist er sich mit Peter Braun, Vorsitzender des Bad Homburger Partnerschaftsvereins, und Irina Gerybadze-Haesen, Ehrenvorsitzende der Deutsch-Russischen Brücke, einig. Die „Brücke“ kümmert sich um die seit 1994 bestehende Partnerschaft mit Peterhof bei St. Petersburg. Gerade jetzt komme es darauf an, den Dialog und Austausch mit den russischen Freunden in Peterhof fortzuführen, heißt es einer gemeinsamen Erklärung.

Bernhard Biener

Korrespondent der Rhein-Main-Zeitung für den Hochtaunuskreis.

Deshalb lehnen es auch alle drei ab, die russische Fahne am Europakreisel einzuholen, obwohl entsprechende Forderungen im Rathaus eingegangen sind. Es handele sich um einen Krieg von Wladimir Putin gegen die Ukraine und keine Auseinandersetzung der beiden Völker, so Hetjes. „Die Fahnen am Europakreisel sind Symbol für unsere freundschaftlichen Beziehungen zu unseren Partnerstädten, nicht für die jeweiligen Nationen.“ Braun verweist auf Anti-Kriegs-Demonstrationen in Russland, und Gerybadze-Haesen auf Menschen in Peterhof, die auch hofften, „dass dieser Albtraum bald vorüber ist“.

„Austausch gerade jetzt wichtig“

Der Krieg in der Ukraine trifft dennoch die deutsch-russischen Beziehungen auf Ebene der Städte. Und diese sind zwischen Bad Homburg und Peterhof auch nach 30 Jahren noch eng. Sie begannen einst mit Hilfslieferungen. Heute organisieren die Deutsch-Russische Brücke und ihre Partner in Russland jedes Jahr Sprachkurse im anderen Land, es gibt regelmäßig Bürgerreisen. Auch Corona hat die Arbeit nicht einschlafen lassen.

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„Die Russen haben sich sogar schneller angepasst und sich flexibel auf Videokonferenzen eingestellt“, sagt Heike Wehner, Vorsitzende der „Brücke“. Man habe sich regelmäßig zu Onlinekonferenzen getroffen, um auf Deutsch und Russisch über verschiedene Themen zu reden. Für September sei der nächste Sprachkurs geplant. „Aber jetzt hat uns alles überrollt.“ Gerade hatte Wehner wieder Hoffnung geschöpft. „Bis vor Kurzem dachte ich, die Pandemie wäre die größte Herausforderung für die Partnerschaft.“

Auch in Oberursel macht man sich über das Verhältnis zur Partnerstadt Lomonossow Gedanken. Wie Bad Homburg und Oberursel sind auch Peterhof und Lomonossow Nachbarn und gehören zum selben Verwaltungsbezirk. Bürgermeisterin Antje Runge (SPD) will dem Magistrat vorschlagen, die Partnerschaft förmlich ruhen zu lassen.

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Auf russischer Kreisebene sei das Interesse schon in den vergangenen drei Jahren nicht mehr sehr groß gewesen, ist Runges Eindruck. Ganz anders sehe es bei den Bürgern aus. „Dort ist die Partnerschaft sehr lebendig und der Austausch gerade jetzt wichtig.“ Das dürfe man auf keinen Fall unterbrechen.

Die Beziehung zwischen Oberursel und Lomonossow hat auch durch die Behindertenhilfe des Internationalen Bunds (IB) einen eigenen Charakter. Sie unterstützte eine russische Elterninitiative beim Aufbau einer Tagesstätte, die 2009 öffnen konnte. Zwar war das Ziel damit erreicht, und die direkte Zusammenarbeit endete bald. Anna Weckler, damals als IB-Bereichsleiterin beteiligt, hat aber die inzwischen aus dem Stadtzentrum in ein anderes Haus gezogene Tagesstätte bei späteren Kontakten zu einer Theatergruppe aus St. Petersburg noch mehrfach besucht.

Auf zwischenmenschlicher Ebene begründet

Zuletzt war sie 2018 dort. „Die Kerzenwerkstatt, mit der es anfing, gibt es immer noch“, sagt Weckler. Eine Computerwerkstatt sei hinzugekommen, die von einem Mann mit Behinderung geleitet werde. Außerdem eine Arbeitsvermittlung. „Die Tagesstätte in Lomonossow ist Vorbild für weitere in der ganzen Region geworden.“

Doch jetzt muss der Verein zur Förderung der Oberurseler Städtepartnerschaften (VFOS) mit der neuen Lage zurechtkommen. In einer Erklärung verurteilt er den Einmarsch der russischen Armee in die Ukraine und zeigt sich entsetzt, dass wieder Krieg in Europa herrsche. Aber eine Städtepartnerschaft zeichne sich gerade dadurch aus, dass sie nicht auf politischer, sondern auf zwischenmenschlicher Ebene begründet sei. Deshalb wolle man den Kontakt zu den Partnern in Lomonossow nicht abreißen lassen.

„Das ist derzeit aber nur über einzelne Mitglieder möglich“, sagt der VFOS-Vorsitzende Helmut Egler. Auch bei früheren Besuchen habe man es vermieden, über Politik zu reden. Schließlich könnten sich die meisten Russen nur über das Putin-freundliche Fernsehen informieren. Auch die Vorsitzende der Deutsch-Russischen Brücke in Bad Homburg hat sich in den vergangenen Tagen lieber unverfänglich bei den Freunden in Peterhof erkundigt, wie es ihnen gehe.

Wehner fragt sich, ob die Folgen der Sanktionen und entsprechend aufbereitete Berichte über die deutsche Aufrüstung das Verhältnis nicht doch beschädigen könnten. „Gerade jetzt wäre es wichtig, vor Ort zu sein.“ Umso mehr hat sie sich am Dienstag über eine Nachricht des Peterhofer Partnerschaftsvereins gefreut. Dort mache man sich Sorgen, die Freundschaft könnte vielleicht nicht fortgesetzt werden. Wehner hat daraufhin die gemeinsame Erklärung von Stadt und Verein nach Peterhof geschickt. In der bekräftigt wird, dass die russische Partnerschaftsfahne am Europakreisel weiter wehen soll.

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