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#Die falschen Tränen und die echten

„Die falschen Tränen und die echten“

Der Schauspieler William Hurt ist gestorben, mit 71 Jahren, was sehr traurig ist – und doppelt traurig macht einen diese Nachricht, weil sie selbst treue Anhänger und Bewunderer daran erinnert, dass sie William Hurt fast vergessen hatten. Dabei war er erst neulich im Kino zu sehen, in „Black Widow“, wo er, wie in ein paar anderen Marvel-Filmen, den amerikanischen Außenminister spielte – als Verkörperung des Realitätsprinzips zwischen all den Superhelden und Spezialeffekten.

Es war aber nur eine Nebenrolle – wo er doch in seiner großen Zeit, in den achtziger Jahren, als er die Hauptrollen spielte, das Realitätsprinzip scheinbar mühelos überwunden hatte: mit nicht viel mehr als ein paar Blicken und Gesten, mit Drehbuchsätzen, die am besten zu ihm passten, wenn Lawrence Kasdan sie geschrieben hatte.

Nicht ganz identisch mit der eigenen Präsenz

William Hurt war, nicht nur in Kasdans Filmen „Body Heat“, „The Big Chill“ und „The Accidental Tourist“, in denen aber ganz besonders, die ideale Identifikationsfigur für jenen Teil des männlichen Publikums, der im Kino nicht bloß Rausch und Sinnesüberreizung suchte (wogegen nichts zu sagen ist). Sondern der sich nach Szenen und Figuren sehnte, die man mit dem eigenen Leben in Verbindung bringen konnte.

In dieser Hinsicht war Hurt vielleicht sogar der Beste. Er konnte gehemmt, gereizt, gequält wirken, nicht ganz zu Hause im eigenen Körper, nicht ganz identisch mit der eigenen Präsenz. Kein Schönling, kein Kraftprotz, kein Selbstbewusstseinsmonster. Ideal besetzt war er in James L. Brooks’ „Broadcast News“, wo er sich abstrampelte für eine Fernsehkarriere und sich dabei ertappen ließ, dass die Träne, die ihm während eines Interviews über die Wange rutschte, eine Fälschung war. Ideal besetzt war er als einsam gewordener Schriftsteller in „The Accidental Tourist“, wo seine melancholischen Augen unter der hohen Stirn immer die Frage aufwarfen, wovon er mehr verloren habe: von seinen Haaren oder von seinen Träumen. Und ungeheuer kühn war die Rolle, die er in „The Kiss of the Spiderwoman“ spielte: ein Mann, der Männer liebt, sich mit Frauen identifiziert, sich als Spitzel hergibt fürs brasilianische Regime; und der, als er nicht zum Verräter werden will, eine Stärke zeigt, die er sich selbst niemals zugetraut hätte.

Und das war es, was William Hurts Spiel und Präsenz so besonders machte: dass das Kino als Ort der Wünsche und Schauplatz der Möglichkeiten nicht viel mehr brauchte als den Körper, die Mimik, die Gestik von William Hurt. Dass er, wenn er es wollte, dann doch stark, attraktiv und entschlossen wirken konnte.

In „Body Heat“, Lawrence Kasdans unwiderstehlichem Thriller um Sex, Mord und Gier, bekam Hurt es mit Kathleen Turner zu tun, die damals eine der begehrenswertesten und intelligentesten Schauspielerinnen Hollywoods war. Und als männlicher Zuschauer war man sich nie ganz sicher, ob man Hurt beneiden oder bedauern sollte, wenn hier die Liebe nur noch als Duell denkbar war, als unerbittlicher Zweikampf, den Hurt nicht gewinnen konnte,

William Hurt, als Sohn eines Diplomaten in Washington geboren, hatte in New York auf dem Theater mit dem Spielen angefangen. Es war der große Mike Nichols, der sein Talent als einer der Ersten sah – und viel später, als Hurt längst ein Filmstar war und einen Oscar (für „The Kiss of the Spiderwoman“) hatte, bekannte er, dass er immer noch am liebsten Theater spiele. Er müsse nicht unbedingt ein Star sein. Ein Schauspieler zu sein, reichte auch – ein Glück, möchte man als Kinogänger sagen, dass er dem Theater untreu geworden ist. Und danke für alle Großaufnahmen. Am Sonntag ist er gestorben.

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