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#Sein Stil war die intelligente Gereiztheit

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Sein Stil war die intelligente Gereiztheit

Wer eine helle Haut hat, wird sich kaum vorstellen können, welche Lasten Sidney Poitier, zumal, als er noch jung war, mit sich herumschleppte – auch da, wo er sich scheinbar leicht und elegant über die Schauplätze seiner Filme bewegte. Er spielte nie nur für sich oder für den Regisseur, die Produktion. Er tat es immer auch für seine Leute, die er repräsentierten musste, ob es ihm passte oder nicht. Und denen er voranzugehen hoffte.

Dass er der erste schwarze Hollywoodstar war, das klingt im Nachhinein, als wäre das etwas Schönes und Erbauliches gewesen. Oder auch, als hätte er einfach Glück gehabt. Das mit dem Glück mag stimmen. Aber wenn einer auf so einem Weg der erste ist, dann betritt er eben mit jedem Schritt ein neues, unbekanntes und womöglich vermintes Terrain. Und wenn er sich selbst, seinen Leuten und den Weißen nichts vorlügen wollte, dann nahm er am besten solche Rollen an, die genau diesen Stand der Kämpfe reflektierten. Sidney Poitiers Weg zum Ruhm, einem Oscar sowie dem Ritterschlag durchs Britische Empire war gesäumt von Rückkopplungen und geplatzten Sicherungen.

Neurotische Empfindlichkeit

Selbst wenn seine vielen weißen Verehrerinnen und Bewunderer ihm bescheinigten, dass er gut aussah, ja geradezu ein schöner Mann sei und auch so kultiviert – dann bedeutete dass noch in den Sechzigern und Siebzigern: für einen Mann seiner Herkunft. Kein Wunder also und auch nicht nur ein Werk seiner Drehbuchautoren, dass Poitier als persönlichen Stil eine intelligente Gereiztheit entwickelte, eine leicht neurotische Empfindlichkeit, wie sie auch Sinatra als Schauspieler zeigte. Wenn er in Norman Jewisons „In der Hitze der Nacht“ verhaftet und eines Mordes bezichtigt wird, nicht weil es Indizien gäbe, nur weil er fremd ist und schwarz. Und wenn sich dann herausstellt, dass er selber ein Polizist ist und dem Sheriff an Kompetenz weit überlegen: Dann liegt trotzdem die Beweislast immer noch bei ihm. Der Sheriff beginnt, ihn zu respektieren und zu mögen, aber immer bestimmt ein großes Obwohl das Verhältnis. Eigentlich mag der weiße Mann keine Schwarzen. Es wird, wenn der Film zu Ende geht, noch dauern, bis Sidney Poitier einfach nur kompetent und sympathisch sein darf.

Zufrieden als bester Schauspieler in „Lilien auf dem Felde“: Sidney Poitier


Zufrieden als bester Schauspieler in „Lilien auf dem Felde“: Sidney Poitier
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Bild: dpa

Der wuchtigste Film, in dem er je gespielt hat, ist ein fast vergessenes Bürgerkriegsmelodram von Raoul Walsh. „Band of Angels“ heißt der Film, und Poitier spielt noch nicht einmal die Hauptrolle. Erzählt wird die Geschichte einer Frau, die reich und weiß aufgewachsen ist. Und als ihr Vater stirbt, wird offenkundig, dass sie die Tochter einer Sklavin ist. Und so wird auch sie in die Sklaverei verkauft, was für sie eine Katastrophe ist. Poitier spielt einen jungen Mann, für den diese Katastrophe das normale Leben ist, weil er sich noch nicht einmal einreden kann, etwas anderes als schwarz zu sein.

Sidney Poitier stammte von den Bahamas, wurde aber während eines Besuchs seiner Eltern in Miami geboren, was ihm das amerikanische Bürgerrecht sicherte. Er fälschte sein Geburtsdatum, um in die Army aufgenommen zu werden. Und danach arbeitete er tatsächlich als Tellerwäscher, bis ihn das American Negro Theatre aus Harlem ins Ensemble aufnahm. Das Publikum, so erzählt man sich, habe ihn anfangs nicht besonders gemocht. Er war unmusikalisch, er weigerte sich, auf der Bühne zu singen, wie das doch von einem wie ihm erwartet wurde.

Dass aus der Filmkarriere etwas wurde, lag daran, dass Darryl F. Zanuck, Chef der 20th Century Fox, ihn gesehen und sein Talent erkannt hatte. Was dann folgte, war gewissermaßen eine doppelt kodierte Geschichte: Einerseits waren Filme wie „No Way Out“, „Blackboard Jungle“, „The Defiant Ones“ immer auf seiner Seite, und die Rollen wurden größer und bedeutender mit den Jahren. Und andererseits reflektierten diese Rollen immer auch den Stand des Kampfes um gleiche Rechte, gleiche Repräsentation. Und die Kameraleute, aus deren Perspektive man Poitier betrachtete, blieben weiß. Mit dem Oscar 1964, für seine Rolle in „Lilien auf dem Felde“ belohnte Hollywood auch sich selbst: dafür, dass Poitier wieder ein paar Schritte weiter in Richtung einer normalen Schauspielerkarriere hatte gehen dürfen. Es war aber erst in den Achtzigern so weit, in Filmen wie „Mörderischer Vorsprung“, „Sneakers“ oder „Little Nikita“.

Eine der größten Verdienste Poitiers bestand darin, dass ihn die Kämpfe nicht hart und bitter gemacht hatten – im Gegenteil, es war eine unabweisbare Menschenfreundlichkeit, mit der er dann in den Neunzigern sein anderes Land, die Bahamas, als Botschafter erst in Japan, dann bei der Unesco vertrat. Und dort, auf den Bahamas, ist Sidney Poitier jetzt gestorben. Er wurde wunderbare 94 Jahre alt.

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