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#Seine Spezialität war die unverhoffte Perspektive

„Seine Spezialität war die unverhoffte Perspektive“

Roger Fritz kannte fast jeden – und umso bedauerlicher ist es, dass ihn heute fast keiner mehr kennt, außerhalb Münchens jedenfalls, außerhalb jener Kreise, in denen man sich noch daran erinnern kann, wie heftig einst gefeiert wurde, in Schwabing, in Rom oder an der Riviera. Als Roger Fritz im vergangenen Herbst starb, gab es kaum große Nachrufe. Was nicht etwa daran lag, dass er nicht genügend Talent gehabt hätte für eine solche Würdigung. Es lag eher daran, dass Roger Fritz als Fotograf, als Schauspieler und als Film- und Fernsehregisseur über zu viele Talente verfügt hatte. Nur ein Talent hat ihm anscheinend gefehlt, das Talent, unglücklich zu sein mit sich selbst. Und in einem künstlerischen Werk all das zur Vollendung zu treiben, was im Leben nicht gelang.

Nein, Roger Fritz hat anscheinend immer gut gelebt: als er in Filmen von Visconti, Peckinpah oder Fassbinder die mittelgroßen Rollen spielte, die für so gut aussehende Männer wie ihn vorgesehen waren. Als er, passenderweise mit seiner Frau Helga Anders in den Hauptrollen, die Filme „Mädchen, Mädchen“ und „Mädchen mit Gewalt“ inszenierte; Filme, die Stil, Eigensinn und Geistesgegenwart hatten, die Preise gewannen und denen er doch wenig folgen ließ.

Körperlich übergriffig und vulgär

Vielleicht war es aber das viel bessere Leben, wenn er, der einst das legendäre Magazin „Twen“ mitgegründet hatte, dann durch die Welt reiste für Münchner und Hamburger Illustrierte und die Menschen und die Schauplätze fotografierte, für die das Publikum oder die Redakteure sich gerade interessierten. Kurz vor seinem Tod hat Fritz eine Auswahl dieser Fotos kompiliert – für ein Buch, das er „Boulevard der Eitelkeiten“ genannt hat. Der Titel ist gut, trifft den Kern der Sache aber nicht – schon weil der Blick in die andere Richtung geht. Was Fritz da zeigt, sind viel weniger die Selbstinszenierungen der Porträtierten; es ist eher eine Chronik der Neugierde, ein Protokoll der Aufmerksamkeit. Fritz fotografierte im Auftrag des Publikums, nicht der Prominenten.

Alain Delon, Luchino Visconti, Romy Schneider, Paris 1961





Bilderstrecke



Mit dem Instinkt für Glamour
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Fotografien von Roger Fritz

Er fotografierte Romy Schneider und Franz Josef Strauß, Luchino Visconti und Dolly Dollar, Markus Söder, Hans Werner Henze und Lisa Lyon. Die üblichen Hierarchisierungen von Hoch- und Populärkultur, Politik, Boheme, Fernsehprominenz sind aufgehoben. Was nicht etwa Indifferenz zur Folge hat, sondern, ganz im Gegenteil, oft unverhoffte neue Perspektiven. Franz Josef Strauß zum Beispiel, bei den Salzburger Festspielen, im weißen Dinnerjacket und mit Ray-Ban-Sonnenbrille, daneben seine Leibwächter in dunklen Anzügen: Man glaubt die Größe zu sehen und die Gefahr, die von diesem Mann ausgeht. Und man traut ihm zu, dass er auch in einer teuren Verfilmung seines Lebens die Hauptrolle einfach selbst übernehmen könnte.

Beim Ball der Sports, 1990 in Mainz, hat Fritz den Kanzler und den Verteidigungsminister fotografiert, Helmut Kohl und Manfred Wörner. Beide tragen Smoking, und Helmut Kohl hat seine Finger an Wörners eigenwillig gemusterter Fliege, so als ob er überprüfen müsse, ob Wörner sie auch selbst gebunden hat. In diesem Bild ist, besser als auf jedem Bundestags- oder Staatsbesuchsfoto, zu erkennen, wie Kohl seine Macht inszenierte: körperlich übergriffig, indezent, vulgär.

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