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#Sie lacht und liebt laut

Sie lacht und liebt laut

Serien haben zwar ein großes Publikum, aber sie führen ein Leben im Verborgenen. Man schaut sie allein oder im Kreis der Familie, insbesondere im vergangenen Jahr. Sie laufen auf dem Fernsehbildschirm, Laptop, Tablet und zunehmend dem Smartphone. Das ist eigentlich ein Frevel angesichts des wachsenden Produktionsaufwands, aber es soll Menschen geben, die die letzte Staffel von „Game of Thrones“, gedreht für knapp hundert Millionen Euro, auf dem Telefon geschaut haben.

Bei solchen Unsitten ist es erfreulich, dass die Berlinale auch Serien zeigt, ihre Macher und Darsteller auf den roten Teppich holt und das Werk auf die große Leinwand. Dort wird deutlich, dass es genauso hell strahlen kann wie der Film. In diesem Jahr lief es bei dem rein digitalen Festival genau andersrum: Der Film musste ins Revier der Serien schlüpfen. Alle Titel sind von Branchen- und Pressevertretern per Klick erreichbar, eingebettet in die Festival-Homepage. Hier verschwindet auch das größte Unterscheidungsmerkmal zwischen filmischer und serieller Erzählform. Die Episoden sind nicht einzeln aufgeführt, sondern werden in einer zusammenhängenden Datei präsentiert. „Os Últimos Dias de Gilda“, „The Last Days of Gilda“ läuft 106 Minuten, normale Filmlänge. Nur stören nach den ersten dreißig Minuten Abspann und neu beginnendem Intro den Eindruck der filmischen Erfahrung. Hier wird das Phänomen der verschwimmenden Grenzen im Programm der Sektion „Berlinale Series“ mit seinen nur vier Episoden am deutlichsten. Aber der Trend zur Mini-Serie, also zu Shows mit wenigen Folgen und in sich abgeschlossener Handlung, besteht, wie Sektionsleiterin Julia Fidel im Gespräch mit dieser Zeitung (F.A.Z. vom 5. März) bestätigte. Er besteht vor allem dort, wo die künstlerische Vision im Vordergrund steht, wo die Kreativen die Zügel in der Hand haben und die monetäre Auswertung nicht das oberste Ziel ist. „Arthouse“ hätte man das früher genannt, heute spricht man von Produktionen für „Nischen“, die dann aber immer öfter doch das große Publikum erreichen, wie der Erfolg von „Stranger Things“ oder „Das Damengambit“ zeigt. Nicht alle der sechs Serien, die es in diesem Jahr ins Programm der Berlinale geschafft haben, sind zwingend auf eine Staffel beschränkt (zumal das Konzept bei einem Überraschungserfolg dann ja auch gerne über Bord geworfen wird), doch sie verbindet ein künstlerischer Wille und erzählerischer Mut, den man von einem Festivalbeitrag erwartet.

In „The Last Days of Gilda“ stellt Gustavo Pizzi einer aufkeimenden religiösen Radikalität eine Welt voller Sinnlichkeit entgegen, die mit Klischees kokettiert, ohne ihnen anheimzufallen. Gilda, eine Frau um die vierzig, lebt in einem Vorort von Rio de Janeiro, dessen Einwohner mit Kriminalität zu kämpfen haben. Gilda lässt sich davon nicht beirren, verwöhnt sich selbst und andere mit ihrem Körper und ihren Kochkünsten. Sie lacht und liebt laut. Einige Nachbarn haben dafür kein Verständnis, suchen ihren Schutz vor weltlichen Gefahren bei Gott, dessen vermeintliche Krieger schon bald scharfe Waffen zur Hand nehmen. Es ist eine herausragende Serie über den Kampf um Selbstbestimmung, die es wohl auf dem deutschen Markt am schwersten haben dürfte, auch weil es für die unkonventionell kurze Laufzeit noch keine Verwertungsplätze gibt.

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