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#Sind Ökonomen wichtiger als Virologen?

Sind Ökonomen wichtiger als Virologen?

Den Schock erlebte Paul Romer, Ökonomie-Nobelpreisträger des Jahres 2018, schon im März 2020. Seine Tochter, die als Ärztin in einem New Yorker Spital arbeitet, hatte sich mit dem Coronavirus infiziert. Sie habe große Angst gehabt, unwissentlich Patienten und Personal angesteckt zu haben, erzählt Romer. Da habe er sie gefragt, ob sie denn nicht systematisch getestet würde. Das war nicht der Fall.

Rainer Hank

Rainer Hank

Freier Autor in der Wirtschaft der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung.

Für Romer war an diesem Tag klar: Testen, testen, testen ist der Auftrag der Stunde. Wohlgemerkt, wir befinden uns im März 2020, als sich gerade erst herumzusprechen begann, wie schrecklich die Pandemie werden würde. Romer fand sich umzingelt von Bedenkenträgern, die ihm klarzumachen suchten, dass seine Idee utopisch sei und außerdem nichts bringe. Heute singen die deutschen Ministerpräsidenten und die Kanzlerin das Lied vom „Testen, testen, testen“ täglich in ihrem ansonsten dissonanten Chor. Es wäre gescheit gewesen, auf den Ökonomen aus New York früher zu hören.

Paul Romer steht auf Platz eins meiner völlig subjektiven Liste der Ökonomen, die Hilfreiches zur Pandemie gesagt haben oder sagen. Sie soll den Eindruck korrigieren, lediglich der Rat von Virologen sei relevant in diesen katastrophalen Zeiten. Und sie kann das Zerrbild zurechtrücken, Ökonomen seien, weil verliebt in ihre Glasperlenspiele, für das Praktische nicht zu gebrauchen.

Paul Romer also forderte im Frühjahr 2020 für Amerika, jeden Tag 20 bis 30 Millionen Menschen zu testen. Und zwar alle, auch ohne Symptome. Jeder, der negativ ist, werde sofort ins normale Leben entlassen. Wer positiv ist, muss in Quarantäne. Das hat nicht nur den Vorteil, dass Erkrankte sofort isoliert und behandelt werden können, sondern auch, dass alle anderen frei, vor allem angstfrei, weiterleben können wie früher – und ein Lockdown, wenn schon nicht vermeidbar, so doch viel milder hätte gestaltet werden können.

Den Einwand, Testen in dieser Dimension sei nicht praktikabel, kontert Romer mit der Bemerkung, Amerika produziere täglich 350 Millionen Dosen Cola und Fanta. Dieser Industrie seien auch 30 Millionen Tests zuzumuten. In Deutschland wehrte sich das Labor-Kartell dagegen, auch den Veterinärlaboren Analysen zu erlauben, was die Kapazität deutlich einschränkt. Und die politische Debatte setzte alle Hoffnung in die Corona-App („Tracking & Tracing“). Heute gilt die App als teurer Flop. Auch das hatte Romer vorhergesehen: Datenschutzbedenkenträger würden die App kaputtkriegen, bevor sie zu laufen beginnt.

Ökonomen sind keine Propheten. Sie lagen mit Prognosen oft grandios daneben. Aber sie verstehen etwas von Knappheit, Rationalität, Kosten-Nutzen-Erwägungen und Effizienz. Und sie haben eine Schwäche für die schwache Natur des Menschen. Insofern empfiehlt es sich, ihnen in Krisen mehr Gehör zu schenken. Auf Platz zwei meiner zu laudatierenden Ökonomen steht ein Gelehrter namens Casey Mulligan, dessen Ideen in den Vereinigten Staaten gerade erfolgreich umgesetzt wurden, was viele ihm aber nicht gönnen. Denn der Mann war eine Art Chefökonom für die Trump-Administration.

Casey Mulligan ist Fellow der Denkfabrik Hoover.


Casey Mulligan ist Fellow der Denkfabrik Hoover.
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Bild: Hoover Institution

Mulligan gilt als einer der Väter der sogenannten „Operation Warp Speed“, die maßgeblich dafür verantwortlich ist, dass Amerika das Impfen schneller und erfolgreicher auf die Reihe bekommt als Deutschland. Der Gesundheitsökonom in der Tradition der marktwirtschaftlichen Chicago-Schule hatte damit begonnen, die Arzneizulassungsbehörden zu entbürokratisieren und zugleich auf innovative Verfahren der Impfstoffentwicklung zu dringen. In der Pandemie gilt der Grundsatz: Schnelligkeit rettet Leben. Träge Bürokraten können alles versemmeln. So ungefähr hat das mein F.A.Z.-Kollege Winand von Petersdorff geschrieben, dem ich den Hinweis auf Mulligan und sein Team verdanke. Casey Mulligan zeigt: Nicht alles unter Trump war schlecht. Der Fall gibt preis, warum den Deutschen ihr bürokratischer Perfektionismus zum Verhängnis wird und wurde.

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