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#Skandinavier fordern Taten statt Worte

Skandinavier fordern Taten statt Worte

Gianni Infantino hat reichlich Post bekommen in den vergangenen Tagen. Als Fußball-Funktionäre und politische Machthaber zwischen Paris, London, Moskau und Doha Anfang der vorvergangenen Woche die Super-League-Klubs mit verblüffender Leichtigkeit niederhielten, hatte der Präsident des Internationalen Fußball-Verbandes (Fifa) tatsächlich behauptet, seine Organisation sei „auf den wahren Werten des Sports aufgebaut“.

Es muss wie ein Stichwort gewirkt haben. Die Schreiben, die bei Infantino eingingen, zunächst aus Stockholm, dann aus Kopenhagen, schließlich aus Oslo, fordern Taten statt Worte. Es geht den Präsidenten der Fußball-Verbände der drei skandinavischen Länder, um die Weltmeisterschaft 2022 in Qatar. Es geht um die Menschenrechtslage, die Skandinavier machen Druck, weil sie selbst Druck spüren. Norwegens Verband, die NFF, muss sich auf Antrag mehrerer Klubs mit der Frage eines WM-Boykotts auseinander setzen. Am 20. Juni wird auf einer Mitgliederversammlung abgestimmt.

Auch in Dänemark fordern Fans Taten, etwa die des Brøndby IF in Kopenhagen, und auch die Fanabteilung des nationalen Verbandes, der Dansk Boldspil Union. Also schreibt auch die DBU-Führung an Infantino. „Während die Welt auf die Vorbereitungen der WM schaut“, heißt es, „fordern wir Sie zur richtigen Umsetzung der Menschen- und Arbeitsrechte auf, die entscheidend sind für die Fußballwelt und in Artikel Drei der Fifa-Statuten festgehalten werden. Wir müssen jetzt handeln, wenn Fußball das schöne Spiel bleiben soll.“ Aus Stockholm kommt der Wunsch nach einer gemeinsamen Sitzung.

Und die NFF, der Verband des Landes, in dem die aktuelle Debatte mit dem Beginn der WM-Qualifikationsspiele durch Boykottforderungen verschiedener Profiklubs Fahrt aufgenommen hatte, verbreitert das Spielfeld der Debatte erheblich. Hatte sie sich zuvor vor allem um die Rechte der Arbeitsmigranten gedreht, fordern die Norweger von der Fifa eine Untersuchung zur Verschlechterung der Pressefreiheit, unter Verweis auf das Ranking von  „Reporter ohne Grenzen“. Zwar kletterte das Emirat im gerade veröffentlichten Bericht für das laufende Jahr gegenüber 2020 um einen Rang, von Platz 129 auf Platz 128. Im Laufe der WM-Vorbereitungen ist der Trend jedoch eindeutig negativ. Während die Weltmeisterschaft näher rückte, ging es deutlich abwärts: 2014 stand Qatar auf Platz 113.

Auch auf diesem Feld wollen die Skandinavier konkrete Schritte sehen: „Norwegens Verband bittet die Fifa, eine Bewertung jener Maßnahmen einzuleiten, die unternommen wurden, um der internationalen Presse kritischen Journalismus in Qatar zu ermöglichen, vervollständigt mit einer Evaluation dieser Maßnahmen. Die internationale Fußball-Familie muss die Sicherheit aller Journalisten vor und während des Turniers garantieren und zu bleibenden Verbesserungen der Pressefreiheit in Qatar beitragen.“

Toni Kroos hat es angesprochen: das Verbot der Homosexualität in Qatar.


Toni Kroos hat es angesprochen: das Verbot der Homosexualität in Qatar.
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Bild: AP

Und schließlich bringen die Norweger einen Aspekt ins Spiel, der vom deutschen Nationalspieler Toni Kroos jüngst in dessen Podcast angesprochen wurde: das Verbot der Homosexualität: „Spielern, Betreuern und Fans, die sich als Teil einer sexuellen Minderheit identifizieren“, heißt es aus Oslo, bereite der Gedanke Unbehagen, in ein Land zu reisen, das Homosexualität bestraft. Der offenkundigen Widerspruch, im Stadion Regenbogenflaggen zu erlauben, wie Fifa und Gastgeber zusicherten, während vor dem Stadion, jedenfalls aber für Qatarer abseits des WM-Trubels für gleichgeschlechtliche Liebe Haft droht, dürfte in den Debatten der kommenden Monate noch häufiger eine Rolle spielen.

Nach FAZ.NET-Informationen warten die Absender noch auf eine Antwort Infantinos auf ihre koordinierte Post. Gegenüber FAZ.NET verwies eine Fifa-Sprecherin auf die „Verbesserung der Arbeitsbedingungen“ in Qatar und die Menschenrechtsstrategie ihres Verbandes. Das Akkreditierungsverfahren zur WM werde höchsten Ansprüchen genügen. Man werde die eigenen Bemühungen noch verstärken. Zu den Zahlen verstorbener Arbeitsmigranten in Qatar, die vor zwei Monaten zunächst im Londoner „Guardian“ publiziert waren, verwies die Fifa-Sprecherin direkt auf die qatarische Regierung und deren „Dementi der Zahlen und Schlussfolgerungen“.

Das verlinkte Statement des Regierungssprecherbüros in Doha vom 24. Februar bestreitet allerdings nicht die Zahlen, die der „Guardian“ berichtet hatte, sondern lediglich die Schlussfolgerung, dass die Zahl von mehr als 6500 toten Arbeitsmigranten aus Indien, Nepal, Pakistan, Bangladesch und Sri Lanka seit der WM-Vergabe im Dezember 2010, die auf qatarischen Baustellen (nicht: WM-Baustellen) beschäftigt waren, für eine erhöhte Mortalitätsrate spricht.

Und so zeichnet sich in der Debatte um den Gastgeber der kommenden Weltmeisterschaft ein Muster ab: Tatsächlich ist die Fifa in Sachen Menschenrechte weiter als etwa das Internationale Olympische Komitee. Tatsächlich hat Qatar den Arbeitsmigranten mehr Rechte eingeräumt als das Nachbarstaaten getan haben, jedenfalls auf dem Papier. Tatsächlich berichten qatarische Medien von den Sanktionen, die Arbeitgebern drohen sollen, wenn sie Reformen nicht umsetzen. Aber reicht das? Beim Verweis auf das Reform-Lob der Internationalen Arbeitsorganisation ILO verschweigt die Fifa in ihrer Stellungnahme, dass der Leiter des Büros für Qatar der UN-Organisation, Houtan Homayounpour, in einem Interview mit dem qatarischen Portal dohanews.com im März, als die Diskussion um einen Boykott Fahrt aufnahm, auch gesagt hatte: „Es ist Tatsache, dass das Bild“, das Qatar abgebe, „kein rosiges Bild ist.“

Auch von Infantinos Antwort an die skandinavischen Verbände wird abhängen, ob diese gegenüber den Fanvertretern glaubhaftes Engagement des Weltverbandes vertreten können. Bleibt der Fifa-Präsident vage, wird seine Antwort den Protest der Fans stärken, wird auch der Druck auf die skandinavischen Verbände steigen. Die Fans sind in dieser Hinsicht ausdauernder als die Investoren der Super-League-Klubs.

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