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#So abschreckend ist teures Benzin

So abschreckend ist teures Benzin

Einen solchen Anstieg der Benzinpreise hat man selten erlebt: Um rund ein Viertel haben sich die Kraftstoffpreise auf Jahressicht verteuert, auf mehr als 1,50 Euro je Liter für Benzin und 1,36 Euro je Liter für Diesel. Der Preissprung hat die Inflation in Deutschland befeuert und stark dazu beigetragen, dass diese auf 2,5 Prozent gestiegen ist.

Das ist Grund genug für Ökonomen, sich die Ursache und Folgen der Preisveränderungen genauer anzusehen. Schließlich soll der Benzinpreis künftig eine wichtige Steuerungsgröße für den Klimaschutz werden – in der Politik wird darum gerungen, um wie viel Benzin verteuert werden muss, um die Klimabilanz des Verkehrs auf ein akzeptables Niveau zu bringen. 16 Cent je Liter hat Grünen-Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock ins Gespräch gebracht und damit eine heftige Diskussion ausgelöst. Neben dem Auf und Ab des Ölpreises und der Energienachfrage in der Pandemie haben in Deutschland zuletzt zwei Faktoren das Benzin zusätzlich verteuert: der neue CO2-Preis für den Klimaschutz und die Wiederanhebung der Mehrwertsteuer. Die Münchener Ökonomin Monika Schnitzer, Mitglied im Wirtschaftssachverständigenrat, hat nun zusammen mit Felix Montag und Alina Sagimuldina untersucht, was beides für die Autofahrer bedeutet: Wie haben die Mineralölunternehmen den CO2-Preis und die Steuer auf die Verbraucher überwälzt?

Steuererhöhung wird stärker weitergegeben als Steuersenkung 

In der Studie, die der F.A.Z. vorab vorliegt, kommen sie zu bemerkenswerten Ergebnissen: Zum einen wurde offenbar die Wiederanhebung der Mehrwertsteuer und die Einführung des CO2-Preises seit der Neujahrsnacht deutlich stärker an die Autofahrer weitergegeben, als das bei der Senkung der Steuer im Juli vorigen Jahres in umgekehrte Richtung der Fall war. Die Tankstellen und Mineralölgesellschaften haben also die höheren Preise stärker auf die Verbraucher überwälzt als die Kostenersparnis im vorigen Sommer.

Und zum anderen gibt es deutliche Unterschiede zwischen Benzin und Diesel. Der Preis für Dieselkraftstoff reagierte bei der Steuersenkung wie bei der Wiederanhebung stärker. Dieselfahrer sind preisbewusster, ist die Deutung der Ökonomen: Sie achten stärker darauf, zu welchem Preis sie tanken. Das macht es für die Tankstellen und Ölunternehmen schwieriger, beim Verkauf eine hohe Marge zu erzielen. Deshalb würden beim Diesel sowohl Kostensenkungen wie im vorigen Jahr als auch höhere Kosten wie jetzt stärker an die Autofahrer weitergegeben.

Als mögliche Gründe für die markanten Unterschiede zwischen beiden Autofahrer-Typen nennt Schnitzer, dass Dieselfahrer häufig Vielfahrer seien. Zudem hätten sie bei der Anschaffung tendenziell mehr für ihr Auto ausgegeben und seien deshalb stärker darauf bedacht, die höheren Anschaffungskosten durch niedrigere Verbrauchspreise einzuspielen. Es sei nachweisbar, dass Diesel-Fahrer mehr Vergleichs-Apps einsetzten, um die günstigste Tankstelle zu finden.

Letztlich lag der Studie zufolge bei der Mehrwertsteuersenkung im vorigen Jahr die Weitergabe an die Autofahrer, die sogenannte „Pass trough rate“, beim Diesel bei 79 Prozent. Die Wiederanhebung der Steuer und der CO2-Preis aber seien zu 92 Prozent weitergegeben worden. Bei Super E10 wurde die Steuersenkung zu 52 Prozent weitergegeben, die Anhebung aber zu 75 Prozent. Autofahrern wird das nicht schmecken – die Absicht der Politik, das Tanken teurer zu machen, ging aber auf.

Benzinabsatz deutlich gesunken

Wie reagierten nun die Autofahrer auf die kräftig steigenden Preise? Auch da sind die Erfahrungen aus dem Preisanstieg der ersten Monate dieses Jahres interessant als Labor für den künftigen Einsatz des Benzinpreises als Steuerungsgröße im Kampf gegen den Klimawandel. Von Aufrufen zum „Tankstellenboykott“ gegen die hohen Preise wie im teuren Tank-Herbst 2018 war jetzt nichts zu hören. Allerdings berichtet der Mineralölwirtschaftsverband, der die Ölunternehmen vertritt, von einem deutlich niedrigeren Benzinabsatz in den ersten drei Monaten dieses Jahres im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Der Benzinabsatz sank um 12 Prozent, der von Diesel um 14 Prozent. Allerdings: In diesem starken Rückgang stecken zu einem erheblichen Teil Folgen des Lockdowns. Im ersten Quartal vorigen Jahres spielten die Corona-Maßnahmen noch keine so starke Rolle, im ersten Quartal dieses Jahres schon. Viele Leute sind nicht zur Arbeit gefahren, Urlaube fielen aus und selbst Verwandtenbesuche. Deshalb ist es sinnvoll, den Absatz im Dezember 2020 (kurz vor Einführung des CO2–Preises) und im Januar 2021 zu vergleichen: Auch da gab es, mitten in der Pandemie, einen weiteren Rückgang, den es dem Verband zufolge in anderen Jahren nicht gegeben hatte. Der Benzinabsatz sank von 1,3 Millionen auf 982000 Tonnen, der Dieselabsatz von 2,8 Millionen auf 2,2 Millionen Tonnen.

Wie viel davon mit Corona zusammenhängt und wie viel mit dem Preis, ist nicht so ganz leicht zu trennen. Das Forschungsinstitut RWI hat dazu eine Faustregel: Langjährige Erfahrungen zeigten: Die sogenannte Preiselastizität der Nachfrage nach Benzin liege in Deutschland bei etwa 0,4. „Das heißt, verteuert sich Kraftstoff um 10 Prozent, verringert sich der Verbrauch um 4 Prozent“, sagt Manuel Frondel, Energie-Fachmann beim RWI. Wenn der Benzinpreis nun seit Jahresanfang um rund 27 Cent je Liter gestiegen sei, ein Preisanstieg um 21,6 Prozent, sollte das nach dieser Elastizität eine Nachfragereduktion von knapp 9 Prozent auslösen, meint Frondel. Ein deutlich sichtbarer Effekt also. „Der Rest wäre Corona zuzuordnen“, bilanziert der Forscher.

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