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#So toll ist es also bei der „Bild“

So toll ist es also bei der „Bild“

Wie lief es in diesem Jahr für die „Bild“-Zeitung? Nicht ganz rund, was die öffentliche Meinung angeht: Die Angriffe auf Christian Drosten und das sensationslüsterne Veröffentlichen aus den Chatprotokollen eines Elfjährigen aus Solingen, dessen fünf Geschwister mutmaßlich von der eigenen Mutter getötet wurden, haben zu Kritikstürmen geführt, wie selbst Axel Springers Kampfblatt es nur selten erlebt. Halbwegs rund hingegen lief es, wenn man auf die Ergebnisse blickt: Eine halbe Million „Bildplus“-Digitalabonnenten wurden soeben verkündet, allein in diesem Jahr sollen zehn Prozent hinzugekommen sein, während die gedruckte Auflage freilich weiter sinkt. Der größte Coup scheint „Bild“ nun jedoch gegen Ende des Jahres gelungen zu sein: Die Medienmarke bekommt eine eigene Doku-Serie auf Amazons StreamingDienst, die so unkritisch und lautsprecherisch ist, dass sie bis in die im „Bild“-Stil eingeblendeten Überschriften wie ein überlanges Marketing-Feature der sich zurzeit zum Bewegtbildanbieter wandelnden „Bild“-Redaktion selbst wirkt, eine Art Making-of zu den Nachrichten des Jahres – as covered by „Bild“.

Es beginnt mit einem Vorspann, der eine Kurzversion der „Causa Drosten“ enthält, was trotz dramatischer Aufmachung recht unproblematisch ist, schließlich bildet dieser, in großer Einseitigkeit abgebildete Streit neben dem nicht hinterfragten Frontschwein-Führungsstil von „Bild“-Chefredakteur Julian Reichelt, der offenbar von Gummibärchen und Zigaretten lebt, das Hauptmotiv der Serie. Dann fällt der erste, mit Emphase und ausnahmsweise aus dem Off gesprochene Satz, der zusätzlich eingeblendet wird: „BILD Europas größte Tageszeitung“. Und schon hat die seit Monaten so stark ihre Unabhängigkeit betonende Produktion der Constantin Entertainment um Jochen Köstler (Regie führten Christoph Sievers, Peter Hirsch, Harald Hotz, Mark Reuter und Meik Schneider) eine schwerwiegende Entscheidung getroffen, die nämlich, sich am B-Wort vorbeizumogeln. Fast sieben Stunden lang aus dem Innenleben der „Bild“-Zeitung zu berichten, ohne sich auch nur ansatzweise mit dem Wesen des Boulevardjournalismus auseinanderzusetzen, das ist schon ziemlich erstaunlich. Weil es so gut wie keinen Blick von außen gibt – die milde Kurzkritik etwa von Lars Klingbeil fällt nicht weiter ins Gewicht –, wird er hier im Großen und Ganzen mit Journalismus an sich gleichgesetzt.

Tönend geht es weiter: „Erstmals durfte ein Kamerateam ein Jahr lang die Arbeit der ‚Bild‘-Macher dokumentieren. Dann kam das Virus. Die Pandemie.“ Nach einer Kunstpause: „Das Kamerateam blieb.“ So heldenhaft, wie es klingt, ist es gemeint, denn man wurde „zum Chronisten der größten Krise seit dem Zweiten Weltkrieg“. Trotz dieses beherzten Sprungs in den Schützengraben wird es bald zäh, kolossal zäh. Zum einen nämlich sind redaktionelle Konferenzen generell nicht rasend interessant; ein ganzes Schnupper-Volontariat sitzt man hier ab. Zum anderen ist der als Kairos verkaufte Zeitpunkt dieser eingebetteten Reportage mehr als unglücklich. Will man heute, wo die Pandemie täglich die Nachrichten beherrscht, tatsächlich noch einmal die immer gleichen Beteiligten (Merkel, Söder, Spahn, Altmaier, Lindner) mit ihren längst überholten Einschätzungen zu Schulschließungen, Lockdowns und Kontaktbegrenzungen von vor einem Dreivierteljahr sehen?

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