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#So wühlt Lagardes angekündigter Zinsentscheid die Märkte auf

„So wühlt Lagardes angekündigter Zinsentscheid die Märkte auf“

Zwei Zinserhöhungen hat die Europäische Zentralbank (EZB) am Donnerstag angekündigt – und damit die Finanzmärkte einigermaßen aufgewühlt. Um 0,25 Prozentpunkte sollen die Leitzinsen im Juli steigen, für September wurde ein schärferer Zinsschritt um 0,5 Prozentpunkte in Aussicht gestellt. Zugleich zeigte sich EZB-Präsidentin Christine Lagarde eher schmallippig, was Gegenmaßnahmen für den Fall betrifft, dass nun die Anleiherenditen einzelner Euroländer aus dem Ruder laufen sollten – dass die Renditen steigen oder sich ihr Abstand zu den als ausfallsicher geltenden Bundesanleihen vergrößert. Manche Investoren an den Anleihemärkte hatten hier schon auf die Präsentation eines neuen geldpolitischen Instruments gehofft, über das zuletzt im EZB-Rat diskutiert worden war.

Der deutsche Aktienindex Dax, der schon am Donnerstag ein Monatstief erreicht hatte, stand auch am Freitag weiter unter Druck, verstärkt durch hohe Inflationsraten aus Amerika. Er fiel auf weniger als 14.000 Punkte. Besonders stark traf es an Immobilienwerte. Der Branchenindex Stoxx Europe 600 Real Estate verminderte sich auf das tiefste Niveau seit November 2020. Die Anteile des Wohnkonzerns Vonovia verloren im Dax zeitweise 4 Prozent an Wert, Deutsche Wohnen und TAG Immobilien gaben im M-Dax um ungefähr 5 Prozent und Instone im S-Dax sogar um 8 Prozent nach. Höhere Zinsen gelten tendenziell als schlecht für Immobilienunternehmen.

„Tauben“ sind nicht glücklich

Auch die Kurse der europäische Staatsanleihen verringerten sich tendenziell weiter. Die Rendite der richtungsweisenden Bundesanleihe mit zehn Jahren Laufzeit, die am Donnerstag mit 1,47 Prozent ein Acht-Jahres-Hoch erreicht hatte, lag am Freitag zwar leicht tiefer bei 1,44 Prozent. Der Rendite-Anstieg der südeuropäischen Staatsanleihen aber setzte sich fort: Italienische Papiere mit zehnjähriger Laufzeit rentierten zeitweise mit 3,7 Prozent – das hatte es seit Oktober 2018 nicht mehr gegeben – entsprechende spanische Titel mit 2,7 Prozent, griechische mit 4,4 Prozent. Der Euro konnte von der angekündigten Zinserhöhung hingegen nicht profitieren, der Wechselkurs zum Dollar hatte schon am Donnerstag spürbar nachgegeben.

Michael Heise, Ökonom bei HQ Trust, zeigte sich erstaunt über die starke Reaktion der Märkte: „Vielleicht haben die Märkte auf spezifischere Aussagen gehofft, wie die EZB einer möglichen Fragmentierung der Euroländer entgegentreten wird“, sagte er. Matthias Hoppe von der Fondsgesellschaft Franklin Templeton meinte, die italienischen Staatsanleihen hätten wohl besonders stark auf die Ankündigung zum Ende der Nettoanleihekäufe reagiert – weil sie von dem Anleihekaufprogramm besonders betroffen seien.

Die EZB hat sich am Donnerstag insgesamt offenbar „falkenhafter“, also stärker einer Straffung der Geldpolitik zugewandt verhalten, als manche Investoren gedacht hatten. Von den „Tauben“, also den Befürwortern einer lockeren Geldpolitik im EZB-Rat, wird zudem berichtet, sie hätten die Ratssitzung in Amsterdam am Ende „missvergnügt“ verlassen: „Mein Eindruck ist, alle haben verloren“, zitiert die Zeitung „Financial Times“ ein nicht näher genanntes Ratsmitglied.

Der Ökonom Karsten Junius sieht die EZB, die lange eine Tauben-Mehrheit hatte, nun fest in der Hand der Falken – weil die unentschlossenen Mitglieder unter dem Druck der Umstände umgeschwenkt seien. „Die Falken haben sich eindeutig durchgesetzt und Lagarde unter Druck gesetzt“, sagte Junius. Insbesondere, dass die EZB Zinserhöhungen lange vorher zusage, sei ungewöhnlich.

Aus dem Kreis ehemaliger Notenbanker, die lange eine lockere Geldpolitik mitgetragen hatten, ließen sich einige sehr kritisch zu Lagardes neuer Linie zitieren. Der frühere EZB-Präsident Mario Draghi, inzwischen Ministerpräsident Italiens, plädierte aus der Ferne für Zurückhaltung. Der frühere EZB-Chefvolkswirt Peter Praet kritisierte, der Schwenk hätte mit einer besseren Kommunikation darüber einhergehen müssen, was zu tun sei, wenn eine Zinserhöhung die Integrität der Währungsunion mit rapide steigenden Anleiherenditen einzelner Länder verletze. „Je mehr man sich bei den Zinsen ins Falkenlager begibt, desto mehr sollte man auch die Transmission über die Länderspreads klären”, sagte Praet gegenüber dem Finanzdienst Bloomberg.

Folgen der Entscheidung für Sparer

Was heißt das alles nun für Verbraucher? Am stärksten gestiegen sind bislang die Bauzinsen, von weniger als 1 auf rund 2,8 Prozent für Baudarlehen mit zehn Jahren Zinsbindung. Die ersten Banken werben auch schon mit höheren Festgeldzinsen, wie Horst Biallo von der gleichnamigen Verbraucherplattform hervorhebt. Allerdings sind diese Zinssätze immer noch in einer Größenordnung, die weit unterhalb der Inflation liegt. Die Zinsplattform Weltsparen beispielsweise berichtet bei den von ihr vermittelten Angeboten für Festgeld auf zwei Jahre von einem Zinsanstieg von 0,98 auf 1,31 Prozent.

Je nachdem,wie stark die Zinsen steigen, könnten fest verzinste Sparkonten wieder an Bedeutung gewinnen, meint der Deutsche Sparkassen und Giroverband: „Eine Zinswende wird Sparprodukte sicher wieder attraktiver machen.“ Der Darmstädter Bankenprofessor Dirk Schiereck glaubt, mit der Zinswende könnte zwar das Tagesgeldkonto eine Renaissance erleben – ein Comeback des Sparbuches hält er dagegen für ziemlich ausgeschlossen.

Realistischer scheint zu sein, dass erstmal die Negativzinsen verschwinden. Eine Reihe von Banken hat angekündigt, diesen Schritt parallel zur EZB gehen zu wollen. Die ING Deutschland will damit schon Anfang Juli beginnen – durch neue, erheblich höhere Freibeträge.

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