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#Spielberg-Sci-Fi trifft Drogen-Krimi in diesem fantastischen Thriller, den kaum jemand auf dem Schirm hat

Die Welt ist ein Game im Cannes-Geheimtipp Eat the Night, in dem Drogen-Thriller, Fantasy-RPG, eine queere Love-Story und das Erwachsenwerden auf wundervolle Weise kollidieren.

Wenn der Rest der Welt Cannes im Fernsehen oder in TikTok-Storys sieht, dann rotieren die versammelten Kameras meist um einen Ort: den roten Teppich vor dem Grand Théâtre Lumière, mit über 2000 Plätzen. Sitzt du in diesem Kino-Koloss auf dem Balkon, hast du das Gefühl, die heißeste Weltpremiere des Jahres auf einem 43 Zoll-TV von der Couch aus zu schauen.

Berühmt ist das Lumière dank seines roten Teppichs – und weil bei jeder Gala-Premiere kollektiv aufgesprungen wird, damit die Branchenblätter die Dauer der Standing Ovation messen können. Die längste Standing O. aller Cannes-Zeiten gab es 2006, als 22 Minuten lang für Pans Labyrinth geklatscht wurde, wie die BBC  weiß. Habt ihr schon von Anfang bis Ende einer Friends-Episode geklatscht und gejubelt? Don’t try this at home …

Wie dem auch sei, im Schatten des Blitzlichtgewitters spielt sich das andere Festival von Cannes ab, denn neben der offiziellen Auswahl mit Goldener Palme, Ehrenpalme und anderer Flora finden an der Croisette gleichzeitig weitere unabhängige Festivals statt. Deren roter Teppich ist nicht so lang, deren Kinos sind kleiner, aber die Filme manchmal genauso gut oder besser. Eat the Night gehört dazu.

In Eat the Night beginnt der Countdown zum Ende der Kindheit

Am Anfang des Films steht ein Ladebalken und dann rasen wir schon mit dem Motorrad durch die Straßen in und um Le Havre im Norden Frankreichs. An diesem Ort erwartet man eher keine muskulösen Fantasy-Krieger mit mannshohen Schwertern. Drogendealer schon eher. Beides geht in Eat the Night und dank seinen drei Hauptfiguren ineinander über.

Für Pablo (Théo Cholbi) und seine kleine Schwester Apo (Lila Gueneau) stellt das MMORPG Darknoon weniger einen Fluchtweg dar, sondern vielmehr ihre Heimat von der Realität. Mit Einfühlungsvermögen und Respekt zeichnet das Drehbuch/Regie-Team Caroline Poggi und Jonathan Vinel (Jessica Forever) in ein paar skizzenhaften Zügen nach, was die beiden daran reizt. Die virtuelle Welt entwickelte sich für sie über die Jahre in einen auf ihre Weise realen Ort, in dem Erinnerungen geschaffen und geteilt werden. Ein Klick auf den Login stößt die Tür zum sicheren, warmen Zuhause auf.

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Doch Darknoon soll abgeschaltet werden. Der Countdown bis zum Ende läuft. Pablo lernt zeitgleich den Supermarktverkäufer Night (Erwan Kepoa Falé) kennen und weist ihn in sein hausgemachtes Drogen-Dealer-Biz ein. Die beiden Männer beginnen eine leidenschaftliche Beziehung. Apo, vorher so dicke mit ihrem großen Bruder, verbringt ihre Zeit zunehmend allein in Darknoon.

Spielberg-Sci-Fi trifft Drogen-Thriller in dem Cannes-Highlight

Die Dealer-Aktivitäten ziehen indes den Unmut der Konkurrenz auf, welche unliebsame Mitbewerber schon mal mit Kopfschuss beseitigt. Eat the Night ist alles andere als ein typischer Coming-of-Age-Film. Ein Teelöffel Ready Player One, eine Prise Euphoria und eine paar Milligramm The Wire und schon nähert man sich dem eigensinnigen Film an, der in der Quinzaine des cinéastes seine Weltpremiere feiert.

Wirklich erfrischend an Eat the Night ist, wie ernst jedes einzelne Genre in dem Mischmasch genommen wird. Die Animationen der Darknoon-Welt kommen vielleicht nicht ganz an ein Spielberg-Budget ran, überzeugen aber genug, um zu glauben, dass Teenager darin freiwillig Tausende von Stunden investieren.

Poggi und Vinel inszenieren die Coming-of-Age-Geschichte mit einer Beobachtungsgabe auf Augenhöhe, die alle drei Held:innen im Nu in Fleisch und Blut verwandelt. Und der Drogen-Thriller stürzt sich ohne Rücksicht auf Verluste in eine Gewaltspirale, deren brutale Wendungen man erstmal verarbeiten muss. Eat the Night ist kein perfekter Film. Bei allen Stars und Regie-Größen sind kleine Filme wie dieser aber ein guter Grund im Mai nach Cannes zu reisen und von 8 Uhr bis Mitternacht von einer Schlange zur nächsten zu hetzen.

Eat the Night hat noch keinen deutschen Kinostart.

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