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#Spielräume für Freiheiten

Spielräume für Freiheiten

Von allen politischen Strömungen, die im Gefolge der Französischen Revolution entstanden sind, ist der Liberalismus am schwersten zu fassen. Das hat sicherlich damit zu tun, dass er in der Mitte des politischen Spektrums angesiedelt und demgemäß nach beiden Seiten hin ebenso offen wie abgrenzungsbedürftig ist. Tatsächlich haben die politischen Parteien, die den Begriff liberal in ihrem Namen führen und führten, recht unterschiedliche politische Positionen besetzt: Nationalliberale und Sozialliberale, Wirtschaftsliberale, Bürgerrechtsliberale, Liberalkonservative, Neoliberale und so fort. Nur mit populistischen Bewegungen kann sich der Liberalismus nicht einlassen, ohne seine Identität zu verlieren. Es gibt kaum eine politische Strömung, gegenüber der er so sehr auf Abgrenzung Wert gelegt hat, wie gegenüber dem Populismus.

Aber auch mit der Demokratie ist der Liberalismus nicht immer Hand in Hand gegangen, sondern hat sich häufig als Begrenzung und Einschränkung der Demokratie verstanden: Nicht alles, was auf der Grundlage demokratischer Mehrheiten beschlossen wird, ist mit dem liberalen Freiheitsverständnis vereinbar. Die Formel von der „liberalen Demokratie“ ist darum alles andere als ein Pleonasmus. Dass Victor Orbán die von ihm für Ungarn präferierte politische Ordnung ausdrücklich als „illiberale Demokratie“ bezeichnet hat, ist dafür nur das jüngste Beispiel.

Denkern der Liberalität haftet häufig etwas Biederes an

Wer sich als „illiberaler Demokrat“ bezeichnet, will zumeist provozieren; in einer sozio-politischen Welt, in der alle „irgendwie“ liberal sind oder zumindest Liberalität für sich reklamieren, bezieht man als Illiberaler eine dezidierte politische Position: Man will zu dem Teil des politischen Spektrums, wo sich die meisten aufhalten, unter keinen Umständen dazugehören. Es ist darum wesentlich einfacher, ein Buch über das Illiberale zu schreiben als eines über Liberalität. Dementsprechend sind in den letzten Jahrzehnten, zumindest in Deutschland, sehr viel mehr Arbeiten über die Gegner des Liberalismus entstanden als über die Liberalen selbst – was die politischen Gewichte auf den Kopf gestellt hat. Das hat indes nicht nur damit zu tun, dass die Liberalen nur schwer zu definieren sind, sondern sich bei ihnen auch selten das Außergewöhnliche, Originelle, Exzentrische findet. Den Denkern der Liberalität haftet häufig etwas Biederes, dem Common Sense Verpflichtetes an, weswegen man ihre Ideen und Argumente zumeist zur Kenntnis nimmt, ohne davon sonderlich beeindruckt zu sein. Das ist der Nachteil all dessen, was man nicht nur für richtig, sondern auch für selbstverständlich hält.

Christoph Möllers: „Freiheitsgrade“. Elemente einer liberalen politischen Mechanik.


Christoph Möllers: „Freiheitsgrade“. Elemente einer liberalen politischen Mechanik.
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Bild: Suhrkamp Verlag

Christoph Möllers hat sich also mit dem Vorhaben „liberale Elemente im politischen Feld“ zu erkunden, wie der ursprüngliche Untertitel seines Buches lautete, einiges vorgenommen. Dabei hat er weder eine Geschichte des politischen Liberalismus in der westlichen Welt noch eine Theorie politischer Liberalität geschrieben, wenngleich sich in seinem Buch immer wieder Ansätze zu beidem finden. Im Prinzip nämlich hält er Distanz zu dem Projekt, aus liberalen Elementen eine politische Bewegung, wie eben den Liberalismus, zu formen. Der nämlich, so die Leitidee seines Buchs, verwickelt sich ein ums andere Mal in Selbstwidersprüche, wenn er einen bestimmten Aspekt des Liberalen allein, etwa die individuelle Freiheit, stark macht und dabei dessen Gegensatz, etwa die soziale Verantwortung, zwangsläufig marginalisiert, wie das den liberalen Parteien in vielen westlichen Ländern immer wieder passiert ist.

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