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#„Das Volk hat ihn fertiggemacht“

„Das Volk hat ihn fertiggemacht“

Die Lektüre dieses Buches über „Deutschlands ersten schwarzen Nationalspieler“ geht unter die Haut. Es geht um Erwin Kostedde. Als Titel wäre „Der deutsche Pelé“ prägnanter, plakativer, aber um Effekte geht es dem Verlag nicht, Klischees mag der Autor nicht bedienen. Fünf Jahre hat Alexander Heflik an diesem Buch gearbeitet. „Es hätte auch ein deutsches Leben heißen können“, sagt er.

In vielen Gesprächen, einem Therapeuten gleich, hat der Sportjournalist Kostedde zum Reden gebracht. Über dessen bizarre, filmreife Fußball-Karriere und über das Gefühl, mit anderer Hautfarbe als Mensch zweiter Klasse wahrgenommen zu werden. Heute immer noch, am Tage seines 75. Geburtstag wie damals mit fünf Jahren, als seine Mutter zu hören bekam: „Wo habt ihr den denn geklaut?“

Erwin Kostedde kam als Nachzügler auf die Welt. Vater ein amerikanischer GI, über dessen Identität das Nachkriegskind nie etwas erfahren hat. Die Mutter blieb bei diesem Thema so wortlos wie mancher Landser über seine Kriegserfahrungen. Ein Urvertrauen hat Kostedde nie entwickeln können. Den Mitschülern war es ein Vergnügen, ihm mit Ratschlägen zu kommen: „Du musst dich mehr waschen, eine Stunde lang mit Kernseife.“

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Mag er gedemütigt und gedeckelt worden sein, beim Straßenfußball blüht er auf, da zeigt er, was er drauf hat, im Vereinsfußball erst recht. Mit 13 taucht er in die Bahnhofszene ab, eine Bar wird Anlaufstelle Nummer eins, beichtet Kostedde dem Biographen. Er geht lieber freiwillig ins Heim, als daheim bei den vier Schwestern und dem Bruder zu bleiben. Jene, die auf den untauglichen Versuch mit der Kernseife verzichten können, die mit dem anderen, einem „richtigen“ Vater.

Fußball, Alkohol und Streifzüge durch die Nacht gehören mittlerweile zum Alltag. Im Klub beeindruckt das Talent des Stürmers mit den Oberschenkeln eines Gerd Müllers, sie sehen ihm viel nach. Seine Abstürze, seine Eskapaden; auf der Habenseite Tore, viele Tore. Im August 1967 debütiert der 20-Jährige im Bundesligateam des MSV Duisburg. Neun Monate später, nach „Tresen statt Training“, Tagen, in denen Kostedde abtaucht, die fristlose Kündigung. Trainer Guyla Lorant, den sie General nennen, gelingt es nicht, Kostedde zu disziplinieren, in die Spur eines Musterprofis zu bringen. Es wird später ein Wiedersehen der beiden geben.

Glückliche Jahre bei den Kickers Offenbach

Es werden vier glückliche Jahre in den Reihen von Kickers Offenbach. Im Mai 1971 lotst ihn Willi Konrad, als Geschäftsführer die rechte Hand des damaligen OFC-Präsidenten Horst-Gregorio Canellas, von Standard Lüttich zum Pokalsieger vom Main. Die Antwort auf seine Frage, „was zahlen die anderen?“, wartet Konrad gar nicht erst ab: „Wir zahlen mehr“. Die Mitbieter VfB Stuttgart und 1. FC Köln werden ausgestochen vom Zweitligaverein.

Kostedde und der OFC, das hat gepasst. Nach 44 Pflichtspielen in der zweiten Liga steigt Offenbach ungeschlagen auf. Von den 128 Toren steuert Kostedde 28 bei. Das Ehepaar Kostedde bewohnt eine Villa in Hausen, findet Anschluss bei der Familie Canellas. Kostedde fährt Mercedes SLC, er kommt sich vor, als schwimme er im Geld, aber als es darum geht, die Grundsteuer für zwei Reihenhäuser als Kapitalanlage zu zahlen, lässt Kostedde den Deal trotzig platzen. Auch später wird er es nie kapieren, mit Geld umzugehen.

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