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#Spur der Steine

Spur der Steine

Hinter dem Whiskyladen ist die Stadt auf einmal zu Ende. Sie hört einfach auf, wie nicht zu Ende gebaut. Blickte man eben noch auf klassizistische Fassaden, sind es plötzlich nur leere Flächen, dahinter ein winziger Hafen, vor dem ein einsames Schiff dümpelt. Natürlich, weiter landeinwärts setzt sich moderne Bebauung fort. Das architektonische Juwel von einem Stadtzentrum jedoch bricht mitten in der Expansion zu einer urbanen Hafenfront ab. Tatsächlich ist das Zentrum von Oamaru im Südosten Neuseelands eine Art viktorianisches Pompeji. Es verdankt seine Erhaltung einem jähen Niedergang.

Ulf von Rauchhaupt

Ulf von Rauchhaupt

Verantwortlich für das Ressort „Wissenschaft“ der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung.

„Das älteste erhaltene Mauerwerk ist von 1861, da hatte Oamaru 207 Einwohner“, erzählt Stadtführer Jim Hopkins und führt uns zwecks Besichtigung dieser Antiquität eigens zu dem Brückengewölbe unter der überbreiten Hauptstraße. „Vermutlich ist es das älteste erhaltene Mauerwerk in ganz Neuseeland.“ Der eloquente Herr, der vor seiner Pensionierung fürs Fernsehen arbeitete und bis heute im Waitaki District Council sitzt, erläutert, dass die Straßenbreite nicht etwa dem Abhalten von Paraden diente, sondern überlangen Ochsengespannen einen U-Turn ermöglichen sollte. Diese brachten Wolle und Weizen zum Hafen, die von hier aus in alle Welt verschifft wurden und die Stadt in kurzer Zeit schwerreich machten. „Die Glanzzeit waren die Jahre nach 1880, als die Einwohnerzahl auf über fünftausend stieg“, sagt Hopkins. Feine Hotels schossen wie Pilze aus dem Boden, und die Straßen versuchten, in verkleinertem Maßstab, auszusehen wie in Wien oder Paris. Selbst ein Getreidespeicher bekam eine wohlproportionierte Gründerzeitfassade. Heute beherbergt dort das „Steampunk-Headquarter“ lauter skurrile Artefakte einer Zukunft, zu der es nie gekommen ist.

Das „Criterion Hotel“ in Oamaru wurde 1877 erbaut


Das „Criterion Hotel“ in Oamaru wurde 1877 erbaut
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Bild: Ulf von Rauchhaupt

Die Zukunft Oamarus kam ebenfalls nicht. 1889 lief das erste hochseetaugliche segellose Dampfschiff vom Stapel, aber der Hafen von Oamaru war für Dampfer nicht geeignet. Das Geschäft und das Geld wanderten nach Christchurch und Dunedin, zurück blieben ein Banktempel in korinthischer Säulenordnung, ein Rathaus mit Glockenturm und die Hotels – von denen die wenigsten noch lange als solche betrieben wurden. An Oamaru scheint seither das, was Architekten für Fortschritt halten, vorbeigegangen zu sein. Die Stadt wurde zum Fossil.

In gewisser Weise war sie das schon vorher. Die gute Erhaltung der viktorianischen Altstadt verdankt sich nämlich auch dem Umstand, dass hier nicht mit Holz gebaut wurde wie damals sonst überall in Neuseeland. Auf der sumpfigen Mündungsebene des Waitaki wuchsen kaum Bäume. Stattdessen liegt hier die Ototara-Formation, eine mächtige Schicht hellen Kalksteins, die den vielleicht besten Baustein des Landes liefert. Er besteht aus den Resten winziger Meeresorganismen, deren Schalen sich hier vor etwa 34 bis 28 Millionen Jahren ablagerten, als die Gegend von einem flachen Meer bedeckt war.

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