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#Stadt fragt Stadt #8: Berlin, wie fühlt es sich an, wenn nach Wochen der Unvernunft auf einmal die Sperrstunde droht?

Stadt fragt Stadt #8: Berlin, wie fühlt es sich an, wenn nach Wochen der Unvernunft auf einmal die Sperrstunde droht?

Mit Vergnügen gibt es in vier schönen Städten Deutschlands: Berlin, Hamburg, München und Köln. Wir Redakteur*innen sprechen via unserer digitalen Endgeräte beinahe jeden Tag und trotzdem bemerken wir immer wieder, dass wir die Eigenarten der einzelnen Städte gar nicht so gut kennen! Was bedeutet in Köln eigentlich Fründe? Was macht man, wenn man in Hamburg keine Fischbrötchen mag? Wieso ist Bier in Bayern ein Grundnahrungsmittel und wer hat eigentlich den Pfeffi erfunden, liebe Berliner*innen? Alle zwei Wochen könnt ihr jetzt unsere Antworten dazu lesen bei „Stadt fragt Stadt“.

„Sperrstunde“, das ist ein Wort, das kennen wir in Berlin eigentlich gar nicht. Aber ab Freitagnacht heißt es auch bei uns tatsächlich sehr viel früher als sonst: Feierabend, raus mit euch, alles macht zu. Restaurants, Bars und Kneipen, selbst Supermärkte und sogar Spätis müssen um 23 Uhr schließen. Was in anderen Städten nicht so außergewöhnlich ist, selbst wenn gerade keine Pandemie herrscht (liebe Grüße an dieser Stelle an die Münchner Kolleginnen), ist für uns Berliner*innen dann zugegebenermaßen doch ganz schön ungewohnt.

Berlin, ich weiß, was du letzten Sommer getan hast

Okay, wenn wir ehrlich sind, kommt das Ganze nicht wirklich überraschend. Schließlich glich das Treiben in Berlin in den letzten Monaten ein bisschen einem Tanz auf Messers Schneide – zu groß war nach dem Lockdown im Frühjahr die Euphorie darüber, dass der Berliner Sommer es uns ermöglichte, die warmen Tage draußen an der frischen Luft, auch wieder in etwas größeren Gruppen und ja, eben auch tanzend zu verbringen. Denn auch wenn die Clubs geschlossen sind, das Berlin-Gefühl, den Freiheitsdrang, das Bedürfnis nach ausgelassenen Abenden und dem ein oder anderen Verstoß gegen die Spielregeln, das hat selbst Corona nicht zerstören können. An manchen Wochenenden im Juni oder Juli schien das Gegenteil der Fall zu sein: Anstatt wie sonst im Sommer zu verreisen oder auf Festivals zu fahren, waren wir alle hier und versuchten, so viel Vergnügen aus diesem Pandemie-Sommer herauszukitzeln, wie es nur ging – die einen mit mehr, die anderen mit weniger Vernunft.

Das Resultat: Schlagzeilen über maßlose Raves in der Hasenheide und missglückte Schlauchboot-Demo-Aktionen auf dem Landwehrkanal sorgten bundesweit für Empörung und Kopfschütteln über die Berliner Unvernunft. Nachdem die ersten Beschränkungen nach und nach gelockert wurden, gab es schließlich sogar offiziell grünes Licht für Veranstaltungen unter freiem Himmel – zum Glück für alle Berliner Clubs mit Außenfläche. Für angemeldete Open Airs brauchte es jedoch immer Vorverkaufstickets, Maskenpflicht und Abstandsgebote, und dass ein „Feiern“ unter diesen Umständen gar nicht darauf ausgelegt ist, der Feierlust der Berliner*innen standzuhalten, zeigte sich zum Beispiel letztes Wochenende, als eine Party in der neuen Location der Griessmuehle von der Polizei aufgelöst werden musste, weil, surprise: zu viele Menschen, die sich nicht an die geltenden Regeln hielten.

Trotz der vielen Partys blieb der große Knall aus – bis jetzt?

In den letzten Monaten haben wir uns an den Ausnahmezustand schließlich gewöhnt – zumindest ist die Maske für alle Menschen zur täglichen Begleiterin geworden, die nicht Mitglied in fragwürdigen Telegram-Gruppen sind. Wir haben uns daran gewöhnt, Menschen mit Ellbogen-Checks zu begrüßen, uns auch mit den besten Freund*innen keine Drinks mehr zu teilen und ja, irgendwie haben wir uns in Berlin auch daran gewöhnt, dass trotzdem gefeiert wird. In meinem Freundeskreis gab es am Anfang niemanden, der am Wochenende zum Tanzen in die Hasenheide ging; falls doch, dann hätten sie es zumindest nicht zugegeben. Aber je später der Sommer, desto mehr Freund*innen gestanden dann doch hier und da, es nicht mehr ausgehalten zu haben. Und solange die Zahlen nicht dramatisch anstiegen, fühlte sich das auch irgendwie okay an.

Als wäre das Infektionsrisiko nicht da, wenn man nur ganz fest dran glaubt, dass es für diesen einen sonnigen Samstagnachmittag im Park, diese eine Nacht auf dem illegalen Rave oder dem Besuch der Lieblingskneipe, in der die Abstands- und Mundschutz-Regeln spätestens ab dem dritten Bier nicht mehr ganz so genau genommen werden, schon noch einmal gutgehen würde.

Trotz der vielen Partys blieb der große Knall, das riesige Superspreader-Event, das Berlin auf der Liste der Corona-Hotspots der Bundesrepublik ganz nach oben beförderte, schließlich erstmal aus – weil das Ansteckungsrisiko an der frischen Luft so viel geringer ist, selbst wenn tausend Menschen auf einer Lichtung tanzen? Oder war das einfach nur Glück? Was auch immer der Grund gewesen sein mag, Fakt ist wohl, dass sich viele Menschen in Berlin in den letzten Monaten für unverwundbar hielten. Als wäre das Infektionsrisiko nicht da, wenn man nur ganz fest dran glaubt, dass es für diesen einen sonnigen Samstagnachmittag im Park, diese eine Nacht auf dem illegalen Rave oder dem Besuch der Lieblingskneipe, in der die Abstands- und Mundschutz-Regeln spätestens ab dem dritten Bier nicht mehr ganz so genau genommen werden, schon noch einmal gutgehen würde. Nur noch dieses eine Mal, bevor der Sommer vorbei ist.

Jetzt ist der Sommer vorbei, es wird kälter – und zack, schon steigen die Zahlen dramatisch an. Ab diesem Wochenende ist deshalb erstmal Schicht im Schacht, nicht nur Bars müssen pünktlich vor 23 Uhr die letzte Runde einläuten, auch die Spätis sind zu und es mag übertrieben klingen, aber für uns in Berlin ist es ein komisches Gefühl, nach 23 Uhr nicht mehr einfach so spontan an Bier, Zigaretten, Klopapier und sonstige Essentials zu kommen. Es hat schließlich seine Gründe, warum alle hier die Spätikultur so abfeiern, denn sie steht sinnbildlich ebenso für die Liebe der Berliner*innen zu Spontaneität und Freiheit wie die Clubszene und ja, dazu gehören irgendwo auch die illegalen Raves und Partys – auch wenn damit jetzt wirklich erstmal wieder Schluss sein muss.

Einfach mal zu Hause bleiben

Denn die Sperrstunde trifft uns zwar alle in unserem freiheitsliebenden Alltag, aber am härtesten trifft sie die Bars, Kneipen, weiterhin die Clubs und alle anderen Gastronomien, die von den vergangenen Monaten bereits gebeutelt sind und um ihr Überleben kämpfen. Denn je länger das Ganze andauert, je unvermeidlicher ein zweiter Lockdown wird, desto düsterer sieht es für die Zukunft der Clubkultur und Gastroszene aus, die wir so lieben. Die Vorstellung, dass die Stadt nun ab 23 Uhr stillsteht, macht uns auch ein bisschen traurig, aber vielleicht ist es ja ein kleiner Trost, dass unsere Lieblingsläden es uns danken werden, wenn wir in den nächsten Monaten ein wenig auf die Bremse treten – und einfach mal zu Hause bleiben.

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