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#Städter auf dem Land: Gentrifiziertes Dorf voller Konflikte

Städter auf dem Land: Gentrifiziertes Dorf voller Konflikte

Wann genau die Stimmung kippte, vermag keiner mehr so genau zu sagen. Vielleicht am Herrentag vorletztes Jahr, als die Männer aus dem Dorf mit ihren Leiterwagen kamen und die Zugezogenen das völlig daneben fanden. „Wir sind die Männer von Gerswalde“, hätten sie geschrien und nach Bier verlangt. Ganz schön betrunken seien sie gewesen. Und dann auch noch diese furchtbare Musik aus den Boxen.

Livia Gerster

Redakteurin in der Politik der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung.

Die Gerswalder haben das anders in Erinnerung. Friedlich seien die Väter und Söhne herumgezogen, vielleicht hätten sie „ein, zwei Bierchen zu viel getrunken“, Herrentag auf dem Land eben. Mit welchem Recht rümpfe man da die Nase? „So ’n Klientel möchten se wohl nicht“, sagt Eva Meister, stellvertretende Bürgermeisterin und eine wichtige Frau im Dorf. „Das schürt natürlich die Wut.“

Eva Meister trägt kurzes Haar und eine dunkle Brille, alles an ihr strahlt Tatkraft aus. Sie wohnt im Ziegenwinkel, und „manche sagen, hier pass ich ooch gut her“, sagt sie lachend zur Begrüßung. Es gibt Kaffee mit Blick auf ihren großen Garten, neben der Vitrine mit dem feinen Geschirr lächelt ihr Sohn aus dem Bilderrahmen. Das Wichtigste, was man über Eva Meister wissen muss, sagt sie gleich zu Beginn, mit so einem verschwörerischen Blitzen in den Augen: „Ich bin ja eine begeisterte Bundesbürgerin.“

Meister hat in der DDR „falsch geheiratet“, einen Linientreuen, der alles meldete, aber nach dem Mauerfall begann ihre Zeit. Sie fuhr nach Westberlin, zur Kreditanstalt für Wiederaufbau, und kam mit 2,3 Millionen Mark zurück. Dann kehrte sie den ganzen DDR-Mief aus dem Dorf.

„Hipster, Ökos, jeder nach seiner Fasson!“

Meister schaut in den Garten und darüber hinaus, zum Horizont. Ihr ganzes Leben hat sie sich um dieses Dorf gekümmert. Sie hat schon vieles erlebt, aber jetzt ist es ernst. Meister spricht von einem Aufstand im Dorf. Der Zorn richte sich vor allem gegen eine Frau: Lola Randl, die Nachbarin aus dem rosa Haus schräg gegenüber. Meister sagt: „Wenn se Krieg will, kann se Krieg haben.“

Das Problem ist, dass ihr kleines Dorf in der Uckermark zu so was wie Berlins hipstem Vorort geworden ist. Die Immobilienpreise sind explodiert. Irgendwelche morschen Höfe kosten statt 20.000 plötzlich 200.000 Euro. Junge Dörfler, sagt Meister, könnten sich hier keine Häuser mehr leisten.

Streit um die Wiesen: Gemäht oder wild?


Streit um die Wiesen: Gemäht oder wild?
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Bild: Jens Gyarmaty

Was das alles mit Randl zu tun hat, erklärt Meister so: Etwa 2009 muss es gewesen sein, als die junge Regisseurin hier aufkreuzte. Meister fand es erst toll, dass die eine Ruine am Kirchplatz kaufte und „den Schandfleck“ renovierte. „Da hab ick den Hut vor denen jezogen.“ Auch als Randl einige Jahre später die große Schlossgärtnerei erstand, unterstützte Meister sie.

Doch Randl hatte jede Menge Leute im Schlepptau, die „elitäre Workshops“ machten und plötzlich so etwas wie ein Dorf im Dorf bildeten. Allmählich kam es Meister so vor, als seien sie und die andern Einheimischen nur Kulisse für deren Selbstverwirklichungsprojekte.

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