#Start-Ups für Stalinstadt
„Start-Ups für Stalinstadt“
Es sind Bilder der Tristesse. Sie zeigen Einfamilienhäuser, entstanden Ende der Neunzigerjahre, die zwischen Plattenbauten, Autowerkstätten, Tankstellen und Discountsupermärkten stehen. Nebel hat sich über die Straßen gelegt. Nur wenig deutet darauf hin, dass die abgebildeten Städte einst prosperierende industrielle Zentren waren. Der Fotograf Martin Maleschka fängt in seinen Bildern den Wandel der sozialistischen Planstädte Schwedt, Eisenhüttenstadt und Nowa Huta – ein Stadtteil von Krakau – im Zeitalter des Kapitalismus ein. Der Systemwandel hat sie weitgehend ihrer ursprünglichen Bestimmung als Siedlungen für ein großes Industriewerk beraubt: „Der Ofen ist aus, das Denkmal aber lebt weiter“, heißt es in einem der Begleittexte zu den Fotografien. Die Bilder, die sämtlich in diesem Jahr entstanden sind, werden im Museum „Utopie und Alltag“ in Eisenhüttenstadt im Rahmen der Ausstellung „Ohne Ende Anfang – Zur Transformation der sozialistischen Stadt“ gezeigt.
Der Letzte macht das Licht aus
Die Schau ist der Stadtentwicklung der drei Industriestädte gewidmet und soll zugleich ein Laboratorium für die Zukunft sein. Ein Bild von Maleschka. zeigt einen Wohnblock in Schwedt, der mit einem Landschaftsbild bemalt ist. Das grüne Wandgemälde verschmilzt mit der Wiese vor dem Block. Die sozialistische Architektur scheint vom Boden aufgesogen zu werden, was sinnbildlich für den Umgang mit der sozialistischen Baukultur in den drei Städten ist. Dieser ist oft unbefriedigend, was an den Hörstationen deutlich wird, für die Bewohner der Städte interviewt wurden. Dort erzählt beispielsweise Thomas Zimmermann, 41 Jahre alt, geboren in Eisenhüttenstadt, von der Lage in der Region: „Von meiner Abschlussklasse sind noch zwei, drei Leute übrig. So um 2000 war der Punkt gekommen: Gehst du oder bleibst du und machst als Letzter das Licht aus?“ Eine bedrückende Aussage über einen Ort, der erst vor siebzig Jahren entstanden ist.
Friedrich-Engels-Straße im II. Wohnkomplex in Eisenhüttenstadt, um 1957.
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Bild: Walter Fricke/Stadtarchiv Eisenhüttenstadt
Doch was sind die Gründe für die Veränderung der Planstädte? Die Stadtplanung in den Staaten des Warschauer Pakts beruhte auf der Charta von Athen, die 1933 formuliert wurde. In dieser wird nicht nur die gründerzeitliche Stadt mit ihre Mietskasernen abgelehnt, sondern der Bruch mit allen städtebaulichen Traditionen der Vergangenheit propagiert. Ziel war die Entwicklung einer Stadt für den „neuen Menschen“ und die Abschaffung von Klassenunterschieden. Nach dem Krieg wurde diese Ideen in der DDR angepasst und durch die „16 Grundsätze des Städtebaus“ weiterentwickelt.
Ein grünes Sanssouci für die Arbeiter
Damals wurde auch der Grundstein für eine Stadt gelegt, die in der Anfangsphase der DDR Vorbildcharakter hatte, Eisenhüttenstadt. Für das Eisenhüttenkombinat der „Stalinstadt“, wie die Neugründung zunächst hieß, wurde am 18. August 1950 der erste Axthieb gesetzt. Ein Jahr zuvor war Nowa Huta als Wohnort für die Arbeiter des Eisenhüttenkombinates bei Krakau entstanden. Dieses Projekt hatte eine besondere politische Dimension: die Kommunistische Partei Polens wollte neben das katholisch-konservativen Krakau ein Arbeiterzentrum errichten. Es wurden hierarchisch aufgebaute Siedlungsformen mit einem „politischen“ Zentrum entwickelt – Aufmarschplätze und breite Alleen.
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