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#Staunen und Verstehen – Wissenschaftsfeuilleton

Staunen und Verstehen – Wissenschaftsfeuilleton

“Verstehen” scheint jeder zu verstehen, auch wenn der Literaturkritiker Burkhard Müller in einem Aufsatz über “Das überspannte Gummituch” – erschienen in der Ausgabe der Zeitschrift Merkur vom August 2018 – sein Bemühen darum, die Relativitätstheorie von Einstein zu verstehen, sokratisch formuliert, “Ich verstehe, dass ich nichts verstehe.” Das heißt, wenn mich meine Erinnerung nicht täuscht, hat Sokrates ein s am “nichts” eingespart und Müller hätte den Philosophen so abwandeln müssen, “Ich verstehe, dass ich nicht verstehe”. Nehmen wir an, das gilt allgemein für die Welt, dann schreiten Marxisten mit ihrem alten Grundsatz, man müsse aufhören, die Welt zu verstehen, und anfangen, sie zu verändern, ins Leere. Zum einen tut die Welt nichts anderes, als sich zu verändern, und verstanden hat sie noch niemand. Wer darüber staunt, kann sich jetzt überlegen, was wem vorangeht – staunt man erst über die Phänomene, um nach dieser Initialzündung damit zu beginnen, sie zu verstehen, oder staunt man darüber, wann man etwas von der Welt versteht? Man kann sicher über das staunen, was man nicht versteht – etwa die Schwarzen Löcher -, man kann aber auch darüber staunen, dass man etwas versteht, zum Beispiel das Entstehen von Licht durch die Wechselwirkung elektrischer und magnetischer Felder. Verstehen fasst man dabei oftmals in Form einer Metapher wie dem zitierten Gummitusch, mit dem Physiker versuchen, Einsteins Einsichten in die Geometrie der Raumzeit populär darzustellen. Müller meint, dass die Wissenschaft sich dabei überspannt und solch ein Gummituch das Verstehen von Gravitationswellen eher blockiert. Tatsächlich verkünden Buchtitel, “Warum die Raumzeit kein Gummituch ist”, worüber man erneut staunen kann. Das heißt, man staunt, dass nach einem jetzt 20jährigen Bemühen um ein Public Understanding of Science selbst die einfachsten Fragen nicht geklärt sind, die sich bei der Vermittlung von wissenschaftlich erworbenem Wissen stellen, nämlich wie man Metaphern nutzen kann, wenn man etwas erklären will, das unanschaulich bleiben muss, weil es niemand anschauen kann und vielleicht gar nichts da ist, was sich einem Augen zeigen könnte. Es macht Mühe, Verstehen zu verstehen. Zumindest das sollte man verstanden haben und über den Mut staunen, es weiter zu versuchen. Das neue Jahr kann kommen. Es kann nichts anderes.

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