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#Stepptanzprotest auf dem Cafétisch

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Wenn man heute von einer Frau hört, die aus ihrem Leben ein öffentliches Kunstwerk macht, denkt man schnell an eine der vielen Influencerinnen. Doch solche Lebensentwürfe gab es schon lange vor dem Internet. So jedenfalls argumentiert der kanadischen Autor Mark Braude in seiner Biographie „Kiki Man Ray“, in der er Leben und Wirken der Malermuse, Sängerin und Schauspielerin Kiki de Montparnasse erzählt: „Kiki war ein Reality-Star in surrealistischen Zeiten. Sie hat die Ära nicht beherrscht. Sie hat nach einem ihr genehmen Zeitplan eine eigene Ära erschaffen.“

Sie tat das im Paris der Zwanzigerjahre, wo sie Künstlern wie Moise Kisling, Tsuguharu Foujita und natürlich Man Ray Model stand und, so Braudes These, einen nicht unwichtigen Anteil daran hatte, dass die dabei entstandenen Bilder noch heute berühmt sind. Auf ihnen blickt die junge Frau mit dem schwarzen Bobschnitt mal melancholisch, mal verführerisch, mal geheimnisvoll den Betrachter an. Kiki faszinierte die Künstler, doch war sie mehr als eine Muse? Braude nimmt für seine Argumentation einen Gedanken der Schriftstellerin Djuna Barnes als Ausgangspunkt, die sagte, ein kühnes Modell könne die Kunstwelt mehr prägen als der Maler selbst.

Den Ehrgeiz, genau das zu tun, entwickelte Kiki schon früh. Geboren wurde die spätere „Königin von Montparnasse“ 1901 als Alice Ernestine Prin in einem Dorf in Burgund. Sie wuchs in Armut auf. Ihre Mutter hatte das uneheliche Kind bei der Großmutter gelassen, als sie nach Paris ging, um als Drucksetzerin Geld zu verdienen. Im Alter von zwölf Jahren setzte die Großmutter das Mädchen in einen Zug; Kiki hörte erst auf zu weinen, als Paris vor dem Fenster auftauchte.

Das Outfit wurde ihre Eintrittskarte

Sie fand schnell Gefallen an der Großstadt, sah hier die Chance, ihr Leben neu zu erfinden. Mit der Mutter brach sie schon kurz darauf und schlug sich mit allerhand Gelegenheitsjobs durch, mit vierzehn stand sie zum ersten Mal einem Bildhauer Modell. Drei Jahre später lernte sie den Maler Maurice Mendjizky kennen, der sie in sein Zimmer im Künstlerviertel Montparnasse einziehen ließ und ihr den Spitznamen „Kiki“ gab, unter dem sie in den Pariser Boheme-Kreisen berühmt werden soll.

In den Künstlerkneipen suchte sie neue Aufträge, besonders im berühmten Café „Rotonde“ wollte sie unbedingt ins Hinterzimmer eingeladen werden, wo die wichtigen Künstler verkehrten, wo Aufträge und Ruhm lockten. Doch der Besitzer des Cafés verwehrte ihr mit Blick auf ihre ärmliche Kleidung den Zutritt. Aus Stoffresten nähte sie sich für den nächsten Besuch eine Bluse und dekorierte einen ausladenden Hut mit buntem Chenillegarn, das Outfit wurde ihre Eintrittskarte. Wenn sie nun als Stammgast das „Rotonde“ besuchte, fertigte sie Zeichnungen ihrer Gesprächspartner an.

Mark Braude: „Kiki Man Ray“. Kunst, Liebe und Rivalität im Paris der 20er Jahre. Insel Verlag, Berlin 2023. 350 S., Abb., geb., 26,– €.


Mark Braude: „Kiki Man Ray“. Kunst, Liebe und Rivalität im Paris der 20er Jahre. Insel Verlag, Berlin 2023. 350 S., Abb., geb., 26,– €.
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Bild: Insel Verlag

Solche Einzelheiten hebt Braude hervor, um die Frau, die man auf den Bildern der Künstler nur als Objekt sah, zum Subjekt ihrer eigenen Geschichte zu machen. Mit Sinn für Details nimmt er seine Leser mit in das Boheme-Leben, lässt sie an der Seite Kikis in den Cafés auf Autoren wie Ezra Pound und Ernest Hemingway oder Künstler wie Jean Cocteau und den Dada-Mitbegründer Tristan Tzara treffen. Oder er begleitet sie zu Hypnose-Séancen im Apartment des Surrealisten André Breton, in dem die Künstler Inspiration aus ihrem Unbewussten zu ziehen versuchten, dabei jedoch zumeist die Traumata des Ersten Weltkriegs offenbarten, die in ihnen schlummerten.

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