#Sterben als gesellschaftlicher Bedarf
„Sterben als gesellschaftlicher Bedarf“
Im Gespräch über Sterbehilfe bei Hart aber fair: Bischof Georg Bätzing, Dr. Susanne Johna, Internistin, Bettina Schöne-Seifert, Professorin für Medizinethik und Olaf Sander.
Bild: WDR/Dirk Borm
Der kontroverse Film „Gott“ von Ferndinand von Schirach soll zur Diskussion einladen. Wie wir leben und sterben gilt längst als eine Frage menschlicher Selbstbestimmung. Die Frage ist nur, ob uns die Konsequenzen bewusst sind.
Bei Frank Plasberg gibt es immer die klassische Schlussrunde mit einer Frage des Moderators. Manchmal fällt sie launig aus, um dem vorherigen Ernst in der Debatte etwas die Schärfe nehmen. Bisweilen soll sie auch eine Art Resümee darstellen, so war es gestern Abend. Plasberg diskutierte anlässlich des zuvor ausgestrahlten Films Gott“ von Ferdinand von Schirach über „Gottes Wille oder des Menschen Freiheit. Was zählt beim Wunsch zu sterben?“ Seine Gäste sollten gegenüber dem des Lebens überdrüssig gewordenen Richard Gärtner aus dem Film „Gott“ einen Satz formulieren: Der katholische Bischof Georg Bätzing hätte ihn nach den Namen seiner Enkel gefragt. Die Ärztin Susanne Johna dagegen ihr Verständnis ausgedrückt, die Öffentlichkeit gesucht zu haben. Die Medizinethikerin Bettina Schöne-Seifert stimmte dem mit einer Ergänzung zu: Sie könne verstehen, „dass er gehen“, also sterben möchte. Der Altenpfleger Olaf Sander konnte die Motivation Gärtners verstehen, der den Tod seiner Ehefrau nicht verkraftet hatte.
Was niemand formulierte, war ein utilitaristisches Argument. Schließlich erspart der Tod eines ansonsten gesunden Mannes von 78 Jahren der Gesellschaft nicht nur den weiteren Lebensunterhalt auf Grundlage seiner Altersversorgungsansprüche. Zudem fallen in der Kranken- und Pflegeversicherung die meisten Kosten in der letzten Lebensphase an. Als „sozialverträgliches Frühableben“ wurde diese Logik im Jahr 1998 zum Unwort des Jahres. Wobei der Urheber Karsten Vilmar, damals Präsident der Bundesärztekammer, das nicht so zynisch meinte, wie es anschließend interpretiert worden war. Aber wie hätte diese Bühnenfigur des Autors Ferdinand von Schirach auf eine solche Bemerkung reagiert? Wenn sich niemand mehr für seine Motivation zum Freitod interessierte, aber er das tödliche Natrium-Pentobarbital nicht zuletzt wegen des unterstellten gesellschaftlichen Nutzens problemlos bekommen hätte? Die Anmerkung hätten Gärtner und die Zuschauern sicherlich im Wortsinn als obszön empfunden. Es hätte das Moralempfinden der Menschen verletzt, den Freitod in dieser Weise als selbstverständlich zu akzeptieren.
Diese Logik verletzte ein Tabu, obwohl das Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil vom 26. Februar diesen Jahres ein „Recht auf selbstbestimmtes Sterben“ postulierte. Wo die „in Wahrnehmung dieses Rechts getroffene Entscheidung des Einzelnen, seinem Leben entsprechend seinem Verständnis von Lebensqualität und Sinnhaftigkeit der eigenen Existenz ein Ende zu setzen“, sogar „als Akt autonomer Selbstbestimmung von Staat und Gesellschaft zu respektieren“ sei.
Nun machte Ferdinand von Schirach in seinem Stück aus seiner Sympathie für diese höchstrichterliche Entscheidung keinen Hehl. Die Protagonisten wirkten entsprechend. Dem eloquenten Rechtsanwalt, dargestellt von Lars Eidinger, stand eine Kontrahentin gegenüber, die unschlüssig wirkte. Seltsamerweise musste sich Ina Weisse laut Regieanweisung an einem Manuskript festhalten, wo sie bei ihrem Schlussplädoyer noch nicht einmal hineinsehen musste. Der von Götz Schubert gespielte Vertreter der Bundesärztekammer wirkte wie ein Gott in Weiß, nur halt in Anzug und Weste. Lediglich Ulrich Matthes vermochte dem katholischen Bischof Thiel ein Profil zu verleihen, ohne gleich wie eine Karikatur aus dem Satiremagazin Titanic zu erscheinen.
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