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#Stilblüten aus neuen Dissertationen

Stilblüten aus neuen Dissertationen

Eine Dissertation zu verfassen, ist nicht einfach. Doppelt anspruchsvoll ist es, eine Dissertation über „Die Kunst der Einfachheit“ (Leuphana Universität Lüneburg) zu schreiben. Darin heißt es: „Heute ist vieles komplex, so komplex, dass wir uns zunehmend nach Einfachheit sehnen. Doch wenn wir vor Konzepten der Einfachheit stehen und die Komplexität vermeintlich überwunden ist, eröffnet sich die weitreichende Frage, ob es etwas Komplexeres gibt als Einfachheit.“ Nach 200 Seiten wird die Frage dann in den Schlussbemerkungen beantwortet: „Durch die weitreichenden Gedanken ist der Umgang mit der Einfachheit nicht zwingend einfacher geworden. Die Einfachheit hat sich in der vorliegenden Arbeit in ihrer Komplexität und in ihrem äußersten Reichtum fortwährend verdichtet, und drohte sich dabei wiederkehrend des klaren Blickes zu entziehen.“ Unser Fazit: Es bleibt also kompliziert.

Einen komplizierten Satz finden wir auch in „Die Energiewende im Bundestag“ (Leuphana Universität Lüneburg). Er lautet so: „Die Wirkrichtung des fantasmatischen Narrativs ‚ökologischer Modernisierung‘ und der politischen Praktiken, die sich in seinem Kontext zeigen, ist wegen des system-externen Ansetzens – außerhalb ökonomischer Strukturen – der verfahrenspolitisch ausgerichteten Maßnahmen sowie dem geringen Zukunftsbezug der dominierenden Glücksverheißung, die auf Erhalt des jetzigen Wohlstands zielt, als reformistisch bis beharrend zu klassifizieren.“ Die Autorin will darlegen, dass sich anhand der Identifikation und Einordnung fantasmatischer Narrative die Blindheit der hegemonialen Diskursformation für strukturelle Krisenursachen nachvollziehen und begründen lasse. Ob dies gelungen ist, mag jeder Leser selbst herausfinden. Uns ist es nicht gelungen.

Involviertheit in Ungleichheitsverhältnisse

Nicht immer ist es einfach, zu forschen, erfahren wir in der Dissertation „Flucht als Überlebensstrategie“ (Universität Innsbruck): „Als weiße privilegierte Wissenschaftlerin bin ich bei der Auseinandersetzung mit widerständigen Praktiken von marginalisierten und Rassismus erfahrenden Menschen zudem mit der Problematik der eigenen Involviertheit in diese Ungleichheitsverhältnisse konfrontiert.“ Die Arbeit entstand trotzdem. Denn sie versteht sich als Beitrag zu einer widerständigen Praxis der Wissensproduktion, die jenseits historischer Wir-und-die-Anderen-Konstruktionen den Versuch unternimmt, „mit Hilfe der Perspektiven und Erzählungen FluchtMigrierender polarisierende Denkmuster zu entlarven“. Die Autorin erfindet den Begriff „FluchtMigrierende“ und konstatiert ein europäisches Grenz- und Migrationsregime mit massiver Gewalt. Sie will aber nicht nur erklären und einordnen, sondern „eingreifende Wissenschaft“ betreiben. Das bedeutet also, irgendwie Politik machen.

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Da kann man ja fast durchatmen, wenn es in der Dissertation „Der Begriff der Revolte bei Albert Camus“ (LMU München) so lakonisch wie überzeugend heißt: „Ich wollte diese Stellungnahme von Camus zu den Philosophen der Existenzphilosophie zeigen, ohne sie im Detail zu untersuchen oder zu kommentieren, und zwar aus einem bestimmten methodologischen Grund. Die Art wie sich Camus mit diesen Philosophen beschäftigt, wie er die philosophischen Quellen behandelt, ist, vorsichtig gesagt, nicht optimal.“ Gratulation zu so viel Chuzpe! Zumal die Art, wie der Autor Satzzeichen setzt, auch nicht optimal ist. Wechseln wir zur Universität Bonn. Die dortigen Doktoreltern hätten aus zwei Gründen bei diesem Halbsatz über die Todeszahlen durch den Zweiten Weltkrieg (60 bis 80 Millionen Menschen) eingreifen müssen: „Die Schreckensherrschaft der Nationalsozialisten hatte nicht nur das Leben sechs Millionen unschuldiger Menschen zur Folge“. Darüber hinaus glänzt die Dissertation „Zur Begründung und Tragweite der Menschenwürde am Beispiel der Volksrepublik China und der Islamischen Republik Iran“ mit zahlreichen weiteren Fehlern, die wir uns hier ersparen.

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