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#Streit in Rom um die Gräber von Föten

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Streit in Rom um die Gräber von Föten

Für Blumenhändler sind Allerheiligen und Allerseelen die umsatzstärksten Tage des Jahres. An der Einfahrt zum Friedhof Flaminio im Norden Roms ist entlang der vielen Blumengeschäfte kaum ein Durchkommen. Der Friedhof, 1941 eröffnet, ist mit 140 Hektar Fläche die größte Begräbnisstätte Italiens. Betrieben wird er vom städtischen Umweltunternehmen „Azienda Municipale Ambiente“ (Ama) das vor allem für die Müllabfuhr verantwortlich ist – und aufgrund der notorischen Unzuverlässigkeit einen denkbar schlechten Ruf hat.

Matthias Rüb

Matthias Rüb

Politischer Korrespondent für Italien, den Vatikan, Albanien und Malta mit Sitz in Rom.

Der städtische Friedhof dient allen Religionen als Begräbnisstätte. Auf den meisten Gräberfeldern sind Katholiken bestattet, es gibt aber auch eigene Abschnitte für evangelische Christen, Muslime und Juden. In dem rund drei Hektar großen „Giardino dei Ricordi“ (Garten der Erinnerungen) können Angehörige die Asche von Verstorbenen verstreuen.

Und im „Giardino degli Angeli“ (Garten der Engel) auf Parzelle 108, wo Pinien Schatten werfen und Halsbandsittiche krächzend von Baum zu Baum fliegen, liegen totgeborene oder kurz nach der Geburt verstorbene Kinder. Die Gräber sind liebevoll gepflegt, von rosa oder hellblau gestrichenen Lattenzäunchen umgeben und mit Plüschtieren und Luftballons geschmückt. Aber es gibt auch Hunderte einfacher Metallkreuze in langen Reihen, kaum einen halben Meter voneinander entfernt. An den Kreuzen sind schwarze Tafeln befestigt, darauf in weißer Schrift ein Datum, ein weiblicher Name und eine Registriernummer. Es sind schmucklose Grabstätten abgetriebener Föten. Zuletzt wurden hier am 15. September 23 Föten bestattet – in der letzten, noch nicht vollständig aufgefüllten Gräberreihe.

Missbildungen am Herzen

Auf den Grabkreuzen für abgetriebene Föten die vollständigen Namen der werdenden Mütter – die 36 Jahre alte Römerin Francesca hält das für einen Skandal. Durch Zufall hatte sie auf einem Metallkreuz von Parzelle 108 ihren eigenen Namen entdeckt. Ihren Nachnamen will Francesca aus Sorge vor Angriffen von Abtreibungsgegnern nicht nennen. Im September 2019 hatte sie im sechsten Monat einen Schwangerschaftsabbruch vornehmen lassen, weil auf Ultraschalluntersuchungen so schwere Missbildungen am Herzen und an der Aorta ihres Babys festgestellt worden waren, dass die Ärzte ihrem Kind kaum Überlebenschancen gaben und sie zudem vor Gefahr für ihr eigenes Leben warnten.

Francesca hatte kurz vor dem Eingriff in der staatlichen San-Camillo-Klinik allerlei Papiere unterzeichnet. Die Zustimmung zur Beerdigung ihres abgetriebenen Babys habe sie aber niemals wissentlich gegeben: „Ich bin Atheistin. Es ist schrecklich für mich zu wissen, dass jemand mit meinem Fötus irgendeinen Ritus vollzogen hat. Dass ich nun auf dem Grab meiner Tochter meinen eigenen Namen sehe, ist grauenhaft.“

Inzwischen haben sich 120 Frauen bei „Differenza Donna“ mit ähnlichen Erfahrungen gemeldet. Die Anwältinnen der Nichtregierungsorganisation haben für die Frauen eine Sammelklage wegen Verletzung ihrer Persönlichkeitsrechte angestrengt: gegen Krankenhäuser, katholische Organisationen, die Beerdigungen abgetriebener Föten vornehmen, sowie gegen Ama, den Friedhofsbetreiber. „Wir wollen wissen, wer für diesen Gesetzesbruch verantwortlich ist“, sagt Elisa Ercoli, Präsidentin von „Differenza Donna“.

Vorangetrieben wird die Bestattung von Föten durch katholische Organisationen wie die „Associazione Difendere la vita con Maria“ (Verband zum Schutz des Lebens mit Maria, ADVM). In 19 der 20 Regionen Italiens hat der private Verein Vereinbarungen mit Kliniken, Behörden und Friedhofsbetreibern zur Bestattung von Föten. Laut einem Gesetz von 1990 müssen Totgeburten und Föten, die älter als 28 Wochen sind, in jedem Fall bestattet werden. Auch bei Abbrüchen zwischen der 20. und 28. Schwangerschaftswoche werden Föten gewohnheitsmäßig von den Krankenhäusern zur Bestattung auf Gemeindefriedhöfen durch private Organisationen wie die ADVM übergeben, wenn sie nicht binnen 24 Stunden von der Mutter oder von Angehörigen zur Bestattung abgeholt werden. Auf vielen Friedhöfen in Italien gibt es „Gärten der Engel“, auf denen mehr als 200.000 abgetriebene Föten beerdigt sind.

Unklar ist, wer auf dem Friedhof Flaminio für die gesetzeswidrige Nennung der Namen der Mütter auf den Kreuzen des „Gartens der Engel“ letztlich verantwortlich ist. Die Kliniken, die ADVM und der Friedhofsbetreiber schieben sich die Verantwortung gegenseitig zu. Der Verdacht, mit der Praxis sollten Frauen, die abgetrieben haben, an den Pranger gestellt werden, ist kaum von der Hand zu weisen. „Differenza Donna“ hält es für ausgeschlossen, dass die vielfache Nennung der Namen wegen eines Versehens geschah. Vielmehr sollten Frauen gebrandmarkt werden.

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