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#Superreiche wollen mit einer Arche die Welt retten

Superreiche wollen mit einer Arche die Welt retten

Ein Schiff wird kommen. Zumindest, wenn es nach Aaron Olivera geht. In der Zukunftsstadt Singapur plant der 42-Jährige ein Projekt, das nichts Geringeres will, als die Welt zu retten. Die Zutaten: eine Idee, Millionen von Dollar, Spitzenforschung, ein Schiff, das möglicherweise auf einer deutschen Werft gebaut werden wird. „Wir wollen den Geburtsort schaffen für die stärksten Visionen zur Rettung der Welt“, sagt Olivera, der Geburtshelfer.

Christoph Hein

Christoph Hein

Wirtschaftskorrespondent für Südasien/Pazifik mit Sitz in Singapur.

Er trägt Anzug, einen Strauß Lorbeer am Revers. Gleich wird er auf der Bühne im feinen Clifford Pier Restaurant stehen, der alten Abfertigungshalle, über die die ersten Immigranten die Zukunftsstadt erreichten. Sie hatten eine lange Reise hinter sich, Olivera hat eine fast unendliche vor sich: Nüchtern ausgedrückt, will er 500 bis 700 Millionen Dollar einsammeln, Spitzenwissenschaftler einladen, aber auch interessierte „Normalbürger“, und mit ihnen und ein paar Millionären auf einem Schiff, das noch zu bauen ist, immer wieder in See stechen. „Wir müssen die Welt retten. Wir müssen es jetzt tun. Wir müssen dafür alle zusammenarbeiten“ lautet sein Credo.

„Wie kann man Wissenschaften sexy machen?“

Im ersten Moment mag man den Kopf über ihn schütteln. Zu verrückt die Idee, zu luftig die Pläne, zu weit das Ziel. Dann aber tritt an diesem Abend im Clifford Jonathan Hung ans Mikrofon: „Das Vorhaben liegt uns, wir sind alle über das Nutzen von Spitzentechnologie verbunden“, sagt der Chef der staatlichen Raumfahrtagentur Singapurs SSTL. Das Ziel der Zusammenarbeit sei es, „Lösungen an den Markt zu bringen“. Die Singapurer scherzen selten, geht es um neue Pfade in die Zukunft. Sie haben Geld und sind offen für Visionen, auch wenn sie phantastisch klingen. Den staatlichen Werbern der Hightech-Insel dürfte Oliveras Leitsatz gefallen: „Etwas schaffen, über das die Sechsjährige in Kalifornien genauso redet wie der 80-Jährige in Sibirien.“

Olivera hat das Unternehmen Earth 300 gegründet. Die Zahl steht für die Tage, die das Zukunftsschiff auf See sein soll. Denn geplant sind von 2025 an jährlich 30 Expeditionen über jeweils zehn Tage. Ausgestattet werden soll es mit Labors, von denen Wissenschaftler rund um die Erde träumen, und die 160 von ihnen hier kostenlos werden nutzen dürfen. Bei der weltweit ersten Präsentation von Earth 300 lässt er Wissenschaftler aus Australien, Ägypten und Amerika per Video von der Vision schwärmen. Und fragt: „Wie kann man Wissenschaften sexy machen?“ Die Antwort: Die Passagiere sollen ihnen beim Forschen über die Schulter schauen und beim Captain’s Dinner am Abend Visionen debattieren.

„Klein“ geht hier nicht: „Es soll so werden, als würden wir alle Neil Armstrong bei seiner Arbeit auf dem Mond zuschauen dürfen“, sagt Olivera, der in Gibraltar geboren wurde. Funktionieren soll dies, weil bei jeder Zehn-Tage-Tour zehn Luxus-Suiten mit Balkonen für 300.000 Dollar vermietet werden. Alle anderen Kabinen, unter ihnen weitere zehn Suiten, werden kostenlos an knapp 400 Wissenschaftler, Studenten und Interessierte abgegeben. Einnahmen wird Earth 300 auch durch Medienpartnerschaften generieren. Zuschauer sollen, ähnlich wie schon bei den Reisen der Calypso des Meeresforschers Jacques Cousteau, mitfiebern. „Ich mag Luxus“, sagt Olivera, der vor Earth 300 ein Sechs-Sterne-Resort auf den Malediven aufbauen wollte. „Und wir brauchen Superreiche, um unser Vorhaben zu finanzieren.“ Rund 80 Prozent der Einnahmen will er später in Projekte zum Klimaschutz investieren, über die ein Beirat „auf jeden Fall demokratisch“ entscheiden soll. „Ich habe schon viel Irres gesehen. Aber das ist das Verrückteste“, sagt der Mikrobiologe Federico Lauro, Professor an der Singapurer Technik-Universität NTU.

Antrieb durch einen Flüssigsalzreaktor

Zunächst muss nun ein Schiff gebaut werden. Nicht irgendeines. Sondern ein Super-Luxus-Forschungsschiff, „wie es noch keines gab“. Das futuristische Boot, knapp 300 Meter lang und 45 Meter breit, ist mehr als eine Spinnerei: Die Pläne erstellte Iddes Yachts aus Barcelona, die für eine Luxusyacht im vergangenen Jahr unter anderem den German Design Award gewannen. „Nach gut 20 Jahren im Geschäft erlebe ich das erste Mal, dass ein Kunde mit so hohen moralischen Ansprüchen zu uns kommt“, sagt deren Technischer Direktor, Iván Salas Jefferson. „Wir wollen dem gesamten Markt zeigen, das ist ein Schiff, das gebaut ist, um unseren Planeten zu retten.“ Das soll sich auch im Antrieb zeigen: Dafür wählte Earth 300 einen Flüssigsalzreaktor. Terra Power, die Nuklearenergie-Firma von Microsoft-Multimilliardär Bill Gates, hat den „Molten Salt Reactor“ gerade in ihr Forschungsspektrum aufgenommen. „Das ist eine neue Generation von Atomenergie, die sicher, nachhaltig und einhundert Prozent emissionsfrei ist“, erklärt Mikal Bøe, Gründer der Londoner Core Power, die die Technik kommerzialisiert. Sie ist bei Earth 300 mit an Bord und soll die Maschine der Superyacht treiben.

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Die Schiffsbauer sind der Kern eines Teams, zu dem jetzt schon IBM, die 160 Jahre alte italienische Schiffklassifikationsgesellschaft Rina, aber auch einer der führenden Stadtentwickler von Dell zählen. Die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) wolle er als Schiffsfinanzierer ansprechen, sagt Olivera. Die Berater von KPMG hätten den ersten Geschäftsplan bis 2026 geprüft. Mit dem Weltwirtschaftsforum (WEF) und dem Internationalen Währungsfonds (IWF) werde er sprechen. Ihnen wird gefallen, dass der Gründer immer wieder von „radikaler Transparenz“ spricht. „Wir bauen nichts für die Kinder der Superreichen. Wir wollen Träumer und Tatkräftige ansprechen, gleich aus welcher sozialen Schicht.“

Aus der Ruhe bringt den Mann, der in London Verhaltenspsychologie studierte, so schnell nichts. Anrufen dürfe man ihn jederzeit – „ich arbeite rund um die Uhr“, sagt der Vater einer Tochter. Und schiebt nach: „Ich liebe es, wenn mich jemand auf Fehler hinweist. Denn dann habe ich die Chance, etwas zu lernen.“ Mit Blick auf Earth 300 dürfte die Lernkurve hoch bleiben.

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