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#Der andere Weg der Schweiz

Der andere Weg der Schweiz

Sandra Kaiser steht in Grindelwald und zeigt zur berühmtesten Nordwand der Alpen. Dunkler Fels ragt schroff in den Himmel, hell schraffiert von Eis und Schnee, einschüchternd und abweisend, als ob der Berg jäh abgeschnitten wäre. Seit 13 Jahren führt Sandra Kaiser im Auftrag der Jungfraubahn AG Touristen durch das Berner Oberland. Aber mit dem jüngsten Projekt ihres Arbeitgebers hat sie Schwierigkeiten. Sieben Masten ziehen sich den lieblichen Hang hinauf, der höchste misst 62 Meter. 44 Gondeln schweben hinauf. „Daran muss man sich gewöhnen“, sagt Kaiser in ihrer ruhigen Schweizer Art, „an diese Kabinen, so dicht vor unserer Eigernordwand.“

Die neue Seilbahn heißt Eiger Express, vergangenes Wochenende wurde sie eröffnet. Im Normalfall soll sie gut 2200 Personen pro Stunde zum Eigergletscher transportieren, unter Corona-Bedingungen sind es noch knapp 1500. Es ist nicht so, dass man bislang nur zu Fuß zu Eiger, Mönch und Jungfrau gekommen wäre. Seit 1893 fährt die Wengernalpbahn von Grindelwald zur Kleinen Scheidegg und auf der anderen Seite über Wengen hinunter nach Lauterbrunnen. Seit 1912 fährt ein noch spektakulärerer Zug von der Kleinen Scheidegg durch den Eiger hinauf zum höchsten Bahnhof Europas, 3454 Meter hoch auf dem Jungfraujoch gelegen. Die Region darf als touristisch gut erschlossen gelten. Die nostalgischen Zahnradbahnen sind zu einem Wahrzeichen für Besucher aus der ganzen Welt geworden. Warum braucht die Welt nun den Eiger Express?

43 Minuten Zeitersparnis

„Man darf nicht warten, bis die Touristen zu uns kommen – man muss die internationalen Märkte aktiv bearbeiten“, sagte Dario Gross, Verkaufsmanager der Jungfraubahn, vor Corona. Seit Jahren vermarkte man sich vor allem in Asien systematisch. An Spitzentagen fuhren 5000 Gäste mit der Zahnradbahn zum „Top of Europe“. Doch das Unternehmen ist überzeugt: Da geht noch mehr. Und es geht vor allem schneller. Statt wie bislang von Grindelwald mit der Zahnradbahn zur Kleinen Scheidegg hochzuzuckeln und dort in die Jungfraubahn umzusteigen, geht es jetzt mit dem Express zum Eigergletscher und von dort in die Jungfraubahn. Zeitersparnis: 43 Minuten. Hin und zurück kostet das bis 18. Dezember 130 Schweizer Franken, danach 195. „Das hilft nicht nur den Asiaten“, sagt Dario Gross. „Auch für europäische Gäste, zum Beispiel aus Spanien, ist die Schweiz teuer. Mit dem Eiger Express kommen sie an einem halben Tag aufs Jungfraujoch. Dann können sie am Nachmittag noch eine Schifffahrt auf dem Thunersee unternehmen.“ Doch diesen Winter rechnet man hauptsächlich mit Schweizer Gästen.

Die neue Talstation des Eiger Express in Grindelwald-Grund. Von hier aus fahren die Gondeln zum Eigergletscher und zum Männlichen.


Die neue Talstation des Eiger Express in Grindelwald-Grund. Von hier aus fahren die Gondeln zum Eigergletscher und zum Männlichen.
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Bild: Betreiber

Beim Schweizerischen Bundesamt für Verkehr gingen mehr als ein Dutzend „Einsprachen“ gegen die Bahn am Eiger ein. Mit all diesen Gegnern musste die Jungfraubahn verhandeln. Den Naturschützern kam sie entgegen, indem sie zwei der sieben Masten niedriger baute als geplant. Der Wengernalpbahn garantierte sie die Zukunft – der Nostalgiezug fährt die nächsten 50 Jahre weiter. Der Hotelier Andreas von Almen, der in fünfter Generation das Hotel „Bellevue“ auf der Kleinen Scheidegg führt, kämpfte gegen die Seilbahn, weil er sie als „schweren Eingriff in unsere spektakuläre Landschaft“ sieht. Sein Widerstand wurde mit einem Deal entkräftet: Auch nach Corona wird es kein Open-Air-Konzert mehr vor seiner Haustür geben.

Skikeller ist integriert

Die Jungfraubahn AG ist der größte Arbeitgeber der Region. Ihre Ankündigung, umgerechnet 436 Millionen Euro für die neue Bahn auszugeben, weckte Misstrauen bei den Schweizer Bürgern: Diese Aktiengesellschaft ist allmächtig und macht, was sie will. Um den Widerstand der Einheimischen zu brechen, wurde der Eiger Express als sogenannte V-Bahn geplant. Das heißt: Es wurde nicht nur die neue Bahn gebaut, sondern auch die bereits bestehende auf den Männlichen modernisiert. Beide Bahnen beginnen wie die beiden Schenkel des Buchstabens V in der Talstation in Grindelwald-Grund. Die Station bekam eine eigene Bahnhaltestelle, Busse fahren nicht mehr in den Ort, sondern zum Terminal. Autos parken nicht mehr wild in der Landschaft, sondern im Parkhaus.

„Es ist gut, dass diese großen Bauten in einer Mulde liegen“, sagt Sandra Kaiser und zeigt den gesteigerten Komfort: Skiverleih und Skikeller sind integriert, genauso wie Restaurants und Läden. Rollbänder erleichtern die Wege durch das weitläufige Gebäude. Wie viele von den 470 Millionen Franken entfallen auf den Eiger Express? „Diese Frage habe ich mindestens zehnmal gestellt“, sagt Kaiser, „aber nie eine Antwort bekommen.“

Was wird jetzt aus dieser gigantischen Investition? „Derzeit können die finanziellen Folgen der Pandemie nicht abgeschätzt werden“, sagt Dario Gross. 2021 werde ein Übergangsjahr, und mit zunehmenden Impfungen werde auch die Reisetätigkeit wieder steigen, hofft Gross. „Deshalb rechnen wir bereits für das zweite Quartal mit einer Zunahme von ausländischen Gästen.“

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