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#Macrons Atomrenaissance

Macrons Atomrenaissance

Kurz hinter Schengen ist die Welt eine andere. Von der kleinen deutschen Grenzstadt keine halbe Autostunde moselaufwärts ragen die vier Kühltürme von Cattenom in die Höhe. Vier Kühltürme für vier Reaktoren, macht insgesamt 5200 Megawatt Leistung. Das ist stattlich. Ein Kernkraftwerk dieser Größe war in Deutschland nie am Netz. Im vergangenen Jahr konnte Cattenom rechnerisch weit mehr als den privaten Strombedarf in der französischen Region Grand Est decken. Das sind neben Lothringen, wo das Kraftwerk steht, auch das gesamte Elsass und die gesamte Champagne.

Während Deutschlands Atomausstieg besiegelt ist, dampfen die Kühltürme auf französischer Seite weiter, weit über diesen kühlen Oktoberabend hinaus. Eine Abschaltung von Cattenom ist kein wirkliches Thema, nicht für die Region, nicht für den Betreiber EDF, nicht für die Regierung in Paris. In Betrieb gingen die ersten Reaktoren in den späten 1980er-Jahren, fast gleichzeitig mit Emsland, Isar 2 und Neckarwestheim 2. Diesen wird Ende 2022 als letzten Kernkraftwerksblöcken auf deutschem Boden der Stecker gezogen. In Cattenom geht es dagegen noch bis mindestens 2046 weiter.

Für die Renaissance gibt es mehrere Gründe

Wenig trennt Deutsche und Franzosen so sehr wie der Umgang mit der Atomkraft. Bis vor Kurzem standen die Zeichen noch auf Annäherung. Doch seit diesem Herbst ist klar: Die Gräben dürften künftig noch tiefer werden. Emmanuel Macron plant eine Atomrenaissance, die energiepolitisch in krassem Gegensatz zum deutschen Kurs steht. Der französische Präsident will neue Kraftwerke bauen und die Entwicklung modularer Minireaktoren fördern. Im Grunde geht es nicht mehr um die Frage, ob die Atomkraft in Frankreich noch eine Zukunft hat – sondern welche.

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Für diese Renaissance gibt es mehrere Gründe. Der aktuellste sind die jüngsten Preiskapriolen auf den Energiemärkten. Sie führten in Paris nicht unbedingt zu einem völligen Umdenken, aber zumindest zu einer Neubewertung der Alternativen. Schon vorher war man skeptisch, ob der deutsche Weg, auf Erdgas und den Ausbau der Erneuerbaren zu setzen, um aus Kohle und Kernkraft auszusteigen, sinnvoll ist. Spätestens aber seitdem sich der Preis für Erdgas binnen kürzester Zeit um ein Vielfaches verteuert hat, findet die deutsche Idee kaum noch Zuspruch.

Kernkraft wichtig für Strommix

Noch spielt Erdgas in Frankreich eine Rolle. Millionen Franzosen heizen damit, im Strommix findet es mit rund 8 Prozent ebenfalls seinen Platz, in der Industrie sowieso. Auch steht Frankreich im Streit um die Gaspipeline Nord Stream 2 nicht so unbeteiligt an der Seitenlinie, wie es mitunter den Anschein hat: Der Großversorger Engie, an dem der französische Staat knapp ein Viertel der Anteile hält, gehört zu den fünf westeuropäischen Finanzierungspartnern des Projekts. An der ersten Doppelröhre Nord Stream ist Engie als Anteilseigner sogar direkt beteiligt. Doch in der französischen Politik muss man lange nach Stimmen suchen, die wie in Deutschland auf den Bau neuer Gasturbinen als Rückhalt einer auf Wind und Sonne basierenden Energiewende drängen – allein schon, weil Erdgas bei der Verbrennung reichlich CO2 produziert. Seine Bilanz ist besser als die der Kohle, wenden deutsche Befürworter ein. Aber Kohle ist beim Nachbarn im Westen nun mal gar kein Thema, entgegnen Gesprächspartner aus Frankreich.

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