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#Wem gehört die Kunst?

Wem gehört die Kunst?

Ein kleines Mädchen aus dem nigerianischen Edo hat gehört, dass ihr Bundesstaat einmal das größte und mächtigste Reich ganz Afrikas gewesen sei. Es will vom Vater wissen, ob das stimme – und der erzählt ihr die Gute-Nacht-Geschichte von einem märchenhaften Königtum, das blitzsauber und gut regiert gewesen sei. Auch Diebstahl habe es nicht gegeben. Während andere Staaten Sklaven gehandelt hätten, habe dieses begnadete Reich mit Artefakten aus Bronze, Eisen und Elfenbein gehandelt. Dann aber seien die auf die Kontrolle des Handels erpichten Briten einmarschiert. Sie hätten den König abgesetzt, das Land zerstört und Hunderttausende von Kunstwerken geplündert, die heute in Museen der ganzen Welt ausgestellt seien. Allmählich sei der Wiederaufbau erfolgt, und im Jahr 2016 habe Gott dem Staat ein Oberhaupt gesandt, welches das Land in eine wieder glanzvolle Zeit führe.

Gina Thomas

Gina Thomas

Feuilletonkorrespondentin mit Sitz in London.

Dieses Märchen über die 1897 von der britischen „Strafexpedition“ geplünderte Königsstadt bekamen am Freitag die Teilnehmer eines Investitionsgipfeltreffens in Benin-Stadt zu hören, bei dem Godwin Obaseki, der seit 2016 amtierende Gouverneur von Edo, die neue Verbindung mit dem kulturellen Erbe des Bundesstaats als Eckpfeiler seines ambitionierten Regenerierungsprogramms präsentierte. Kernstück dieser „geistigen Infrastruktur“ zur Ankurbelung der Wirtschaft bildet das neue Edo Museum of West African Art auf einem Gelände neben dem Herrscherpalast, das die umfassende Darbietung von Kunstwerken aus dem früheren Königreich Benin ermöglichen soll und somit auch der Restitutionsdebatte eine neue Wendung gibt.

Entworfen wurde es vom britisch-ghanaischen Architekten David Adjaye, der am Freitag erstmals seine Pläne vorstellte. Sich mit einer eigenen Identität für die Zukunft zu positionieren, sagte Obaseki, sei nur möglich, wenn „wir entdecken, wer wir sind“. Adjaye nannte die britische Strafexpedition einen „unerhörten Schandfleck auf der Menschheitsgeschichte“, doch erwüchsen aus jedem Unglück Chancen. Hier biete sich über die Rückgabe der Objekte hinaus eine Möglichkeit, die Geschichte durch gemeinsame Initiativen wieder ins Gleichgewicht zu bringen. David Adjayes Entwurf spiegelt das Bestreben, den ursprünglichen Zusammenhang der geraubten Kunstwerke zu beschwören.

Zu den Institutionen, die Edo bei der Wiederentdeckung seiner Wurzeln begleiten werden, gehört das British Museum in London, das als Besitzerin der größten Sammlung von beninischen Artefakten im Zusammenhang mit der Black-Lives-Matter-Bewegung immer mehr unter Druck gerät, Objekte zu restituieren. Bislang sagt das Museum nur Leihgaben zu. Dessen Direktor Hartwig Fischer hat bei einem unbekannten Geldgeber den Großteil eines Gesamtbetrags im Gegenwert von vier Millionen Dollar zur Finanzierung von Ausgrabungen auf dem Baugelände des Museums gesammelt – die ersten in Benin seit 1950. An diesem Projekt sollen der königliche Hof, der Bundesstaat, die nigerianische Kommission für Museen und Denkmäler sowie örtliche Organisationen mitwirken. Die Arbeiten sollen schon im nächsten Jahr beginnen.

Einen wesentlichen Beitrag zu dem Versuch, durch Partnerschaften und Leihgaben einen Mittelweg zwischen Behalten und Zurückgeben zu finden, hat die von Barbara Plankensteiner, Direktorin des Hamburger Museums am Rothenbaum, Kulturen und Kunst der Welt, geprägte Initiative geleistet, in die die betroffenen Institutionen schon seit Jahren in den sogenannten Benin-Dialog eingebunden wurden. Sie lenkte die komplizierte, gereizte und oft durch westliche Bevormundung belastete Diskussion um das Kolonialvermächtnis auf eine andere Ebene, indem sie Afrikanern auf örtlicher Basis zugesteht, zu formulieren, wie sie ihre Geschichte aufgreifen wollen, welche Artefakte sie dazu benötigen und welche Rolle das Museum bei der Untermauerung des Gemeinschaftssinnes spielen wird. Bezeichnend an den Ankündigungen jetzt ist denn auch die afrikanische Federführung.

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