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#Eine entschärfte Provokation

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Eine entschärfte Provokation

Nüchtern betrachtet, ist es in Jerusalem oder Gaza am Dienstagabend nicht zu der von manchen befürchteten Eskalation gekommen. Der nationalistische sogenannte Flaggenmarsch jüdischer Rassisten, dessen Höhepunkt die Versammlung am Damaskustor im arabischen Teil von Jerusalem war, zog nicht so viele Leute an wie von den Extremisten erhofft. Wenige tausend Menschen kamen zusammen, überwiegend männliche Jugendliche, aus deren Reihen die Rufe „Tod den Arabern“, „dein Dorf soll brennen“ oder „Mohammed ist tot“ ertönten. Sie vertreten eine kleine radikale Minderheit, die medial und politisch überproportionales Gehör findet. Israels neuer Außenminister Jair Lapid schrieb auf Twitter, „diese Leute sind eine Schande für das israelische Volk“.
Entsprechende Festnahmen wegen Volksverhetzung gab die Jerusalemer Polizei aber nicht bekannt. Auch zu Zusammenstößen kam es kaum, weil die Sicherheitskräfte arabisch-palästinensischen Einwohnern den Zugang zu dem betreffenden Areal zuvor weitgehend verwehrt hatten. Gemeldet wurden mindestens 17 festgenommene palästinensische Gegendemonstranten. Flaggen Palästinas wurden konfisziert.

Jochen Stahnke

Politischer Korrespondent für Israel, die Palästinensergebiete und Jordanien mit Sitz in Tel Aviv.

Aus den Reihen der militanten Hamas im Gazastreifen waren Drohungen gekommen, auf die Veranstaltung mit neuen Angriffen zu reagieren. Letztlich aber beließ es die islamistische Bewegung auch auf Druck ägyptischer Vermittler dabei, Ballons mit Brandsätzen aus Gaza in die unmittelbare Umgebung in Israel losfliegen zu lassen, die dort vereinzelt Felder in Brand setzten. Berichten zufolge soll Israel der Hamas über Ägypten bedeutet haben, dass Raketenangriffe hart vergolten würden, man allerdings die Situation nicht zu eskalieren wünsche.

Nur Trainingsgelände bombardiert

Als Reaktion auf die Brandballons griff Israel in der Nacht zum Mittwoch dann militärisch auch eher unbedeutendes Trainingsgelände der Hamas an. Menschen kamen nicht zu Schaden. Das wirkte fast wie die übliche militärische Art von Kommunikation der vergangenen Jahre. Dabei hatten die Streitkräfte nach dem jüngsten kurzen Krieg und auch die neue Regierung angekündigt, fortan werde sich die Art der Abschreckungsstrategie ändern und man werde härter reagieren. Der neue Oppositionsführer Benjamin Netanjahu dürfte den neuen Regierungschef Naftali Bennett daran nun regelmäßig erinnern.
Israelischen Kommentatoren zufolge hatten sich die Organisatoren des Flaggenmarsches in Jerusalem mehr erhofft, an dem auch zwei Knesset-Abgeordnete der extremistischen Partei „Religiöser Zionismus“ teilnahmen, die mit Netanjahu koalieren.

Dem Militärkorrespondenten der Zeitung „Haaretz“ zufolge hatte man ursprünglich einen Marschtermin in der vergangenen Woche noch kurz vor der Abstimmung über die neue Regierung unter Naftali Bennett ins Auge gefasst, der auch mit einer arabischen Partei koaliert. So sollte die Lage in Jerusalem eskaliert und eine gewaltsame Reaktion der Islamisten aus Gaza herbeigeführt werden und die Regierung gestürzt werden.

Dazu kam es nicht. Der Marsch war nicht zuletzt auf Druck aus dem Sicherheitsapparat auf den Dienstag nach der Vereidigung verlegt und nun vom soeben ins Amt gekommenen Sicherheitsminister Omer Bar Lev (Arbeitspartei) genehmigt worden.
Die Lage zwischen Israel und der Hamas bleibt dennoch weiter angespannt. Die indirekten Verhandlungen über einen belastbareren Waffenstillstand ziehen sich. Die Hamas fordert die Wiederaufnahme der Bargeldzahlungen aus Qatar, die der Gesandte des Emirats über Israel vor dem Krieg regelmäßig nach Gaza gefahren hatte. Bisher lässt Israel das nicht wieder auf diese Weise zu. Auch hält es den Übergang nach Gaza für den Warenverkehr weiter eingeschränkt. Israel will nicht wieder in die selbe Ausgangslage wie vor dem Krieg geraten, die Hamas dagegen droht mit Angriffen, sollten die Übergänge nicht wieder geöffnet werden. Die neue Regierung in Jerusalem steht vor delikaten Entscheidungen.

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