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#Fossile Eierschalen verraten Evolution der Elefantenvögel

„Fossile Eierschalen verraten Evolution der Elefantenvögel

Bis die Menschen vor rund 1000 Jahren nach Madagaskar kamen, lebten auf der Insel riesige flugunfähige Vögel, die Elefantenvögel. Aus Knochenfunden ist ihre Evolutionsgeschichte nur unvollständig bekannt. Eine neue Analyse zeigt nun anhand von DNA-Analysen aus fossilen Eierschalen, dass die genetische Vielfalt im Süden Madagaskars wahrscheinlich geringer war als bisher angenommen. Dafür deuten die Ergebnisse auf eine bisher unbekannte Linie von Elefantenvögeln im Norden hin – einer Region, die bisher nicht für Elefantenvogelfossilien bekannt war.

Die riesigen Elefantenvögel Madagaskars konnten Skelettfunden zufolge eine Größe von rund drei Metern erreichen und mehrere hundert Kilo wiegen. Obwohl sie bereits 1851 erstmals beschrieben wurden, sind ihre Artenvielfalt und die evolutionären Beziehungen zwischen verschiedenen Elefantenvogelarten bis heute umstritten. Grundlage für die Beschreibung der meisten Arten sind einzelne, unvollständige Skelettreste aus Süd- und Zentralmadagaskar. Anhand dieser Funde ging die Wissenschaft zunächst davon aus, dass es acht Arten in zwei Gattungen gab. Neuere Untersuchungen legten hingegen eine Unterteilung in vier Arten in drei Gattungen nahe.

Eierschalen
Fossile Eierschalen von Elefantenvögeln an einem Strand in Madagaskar. © Gifford Miller

Informationen aus fossilen Eierschalen

Doch auch diese Einteilung muss nun womöglich revidiert werden. „Mit Hilfe einer molekularen Analyse von über 1000 Jahre alten fossilen Eierschalen haben wir erstmals die Phylogeografie der Elefantenvögel beschrieben und neue Einblicke in die Ökologie und Evolution dieser flugunfähigen Riesen gewonnen“, schreibt ein Team um Alicia Grealy von der Curtin University in Bentley in Australien.

Die neue Analyse stützt sich auf über 960 Fragmente fossiler Schalen von Elefantenvogeleiern. „Diese wurden an 291 Orten im Süden, in der Mitte und erstmals auch im Norden Madagaskars gesammelt“, so das Team. Viele der Eierschalenfragmente fanden sich in der Nähe von Stellen, an denen auch bereits Skelettteile entdeckt wurden. „Das legt nahe, dass die Eierschalen wahrscheinlich mit denselben Taxa assoziiert sind, die anhand des Skelettmaterials aus denselben geografischen Gebieten beschrieben wurden.“ Altersbestimmungen zufolge sind die jüngsten Eierschalenfunde 1290 Jahre alt, die ältesten mindestens 6190 Jahre.

Diversität im Süden geringer als angenommen

Grealy und ihr Team analysierten zum einen die Struktur und Gestalt der Eierschalen. „Messungen der Dicke der Eierschalen lassen drei Morphotypen erkennen“, berichten die Forschenden. Im Süden Madagaskars fanden sie zwei verschiedene Typen von Eierschalen – eine, die im Durchschnitt weniger als 1,1 Millimeter dick ist, und eine, die mit einer durchschnittlichen Dicke von 3,32 Millimetern mehr als dreimal so dick ist. „Wir schätzen, dass die Eier mit der dünnsten Schale etwa 860 Gramm wogen und von einem etwa Emu-großen Vogel mit einem Gewicht von rund 41 Kilogramm gelegt wurden“, schreibt das Team. „Die Eier mit der dicksten Schale wogen geschätzt über zehn Kilogramm und wurden von einem Vogel mit einem Gewicht von rund 1000 Kilogramm gelegt.“ Einen dritten Schalentyp fand das Team im Norden Madagaskars, der mit einer durchschnittlichen Dicke von 1,95 Millimetern zwischen den beiden Typen aus dem Süden lag und wahrscheinlich von einem etwa 230 Kilogramm schweren Vogel stammte.

Zusätzlich zu den äußerlichen Untersuchungen analysierten Grealy und ihr Team die in den Eierschalen erhalten gebliebene alte mitochondriale DNA. „Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass die genetische Vielfalt der Elefantenvögel im Süden Madagaskars geringer war als bisher angenommen“, so das Autorenteam. Demnach gab es in Süd- und Zentralmadagaskar wahrscheinlich doch nur zwei verschiedene Gattungen von Elefantenvögeln, die in dieser Region jeweils nur eine Art umfassten: Eine kleine, die als Mullerornis bekannt ist, und eine große namens Aepyornis. Bei der erst 2018 vorgeschlagenen dritten Gattung, Vorombe, hingegen, handelt es sich der genetischen Analyse zufolge in Wirklichkeit um große Vertreter von Aepyornis. Die Forschenden gehen davon aus, dass Aepyornis einen ausgeprägten Geschlechtsdimorphismus aufwies, wobei die Weibchen teilweise fast doppelt so groß waren wie die Männchen und deshalb anhand der Skelettreste irrtümlich als eigene Gattung eingestuft worden waren.

Neue Abstammungslinie im Norden?

Die Eierschalen, die im Norden gefunden wurden, weisen dagegen ein genetisches Profil auf, das auf eine neue Diversität innerhalb der Gattung Aepyornis hindeutet. Obwohl Grealy und ihr Team anhand der bisher vorliegenden Daten nicht mit Sicherheit sagen können, ob es sich um eine neue Art handelt, zeigen sich deutliche Unterschiede zu den im Süden der Insel gefundenen Arten. Womöglich könnte es sich bei den nördlichen Exemplaren um Vertreter der aus Zentralmadagaskar bekannten Art Aepyornis hildebrandti handeln, die kleiner war als die südliche Art Aepyornis maximus und bisherigen Annahmen zufolge nur in einem sehr begrenzten Gebiet in Höhenlagen oberhalb von 1500 Metern vorkam. Sollten die nördlichen Eier tatsächlich von A. hildebrandti stammen, würde sich damit das mutmaßliche Verbreitungsgebiet um fast 1000 Kilometer nach Norden erweitern.

Die Auseinanderentwicklung von A. maximus und A. hildebrandti fällt den genetischen Analysen zufolge ungefähr mit dem Beginn des Quartärs zusammen, als das Klima auf Madagaskar kühler wurde. Dies könnte im kühleren Süden den Gigantismus von A. maximus gefördert haben, während sich kleinere Vertreter in den wärmeren Norden ausbreiteten. Die festgestellte geringe genetische Vielfalt könnte später ein Grund gewesen sein, weshalb sich die Elefantenvögel nicht an die durch Menschen verursachten Umweltveränderungen anpassen konnten und ausstarben.

„Unsere Ergebnisse tragen zum Verständnis darüber bei, wie Elefantenvögel in den einzigartigen Ökosystemen Madagaskars lebten und funktionierten, und bestätigen, dass alte DNA aus Eierschalen ein vielversprechender Weg zur Untersuchung der Evolution und des Aussterbens der terrestrischen Megafauna ist“, so das Forschungsteam.

Quelle: Alicia Grealy (Curtin University, Bentley, Australien) et al., Nature Communications, doi: 10.1038/s41467-023-36405-3

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