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#Wie die Parteien mit der AfD umgehen sollen

Wer die Nachrichten aufmerksam verfolgt, muss eigentlich denken, dass alle am Aufstieg der AfD schuld sind. Sahra Wagenknecht zum Beispiel, weil sie erwägt, eine eigene Partei zu gründen. Das spaltet ihr Lager, und deshalb, so die Meinung ihrer Parteifreunde, wählen die Unzufriedenen im Land nicht mehr links, sondern rechts.

Friedrich Merz ist natürlich auch schuld, weil er zu moderat ist, was heimatlose Konservative verleitet, AfD zu wählen. Er ist aber auch schuld, weil er zu konservativ ist, weshalb die Leute denken, dass rechte AfD-Forderungen halb so schlimm sind und man sie gut wählen kann. Olaf Scholz, Christian Lindner und Robert Habeck sind besonders schuld, weil sie den Leuten ihre Gasheizung wegnehmen wollen und zu viele Migranten ins Land lassen. Das schürt Ängste, und wer Angst hat, wählt rechts. Die AfD ist so gesehen ein Gemeinschaftsprojekt der gesamten politischen Klasse, was ziemlich genau das ist, was die AfD seit ihrer Gründung selbst behauptet. Dass sie nämlich gegen ein geeintes Establishment antritt.

Wer hingegen niemals schuld ist, das sind die Leute, die AfD wählen. Fragt man sie, reden sie von Signalen und Symbolen, von Protest und Trotz. Sie wählen zwar eine in Teilen rechtsextreme Partei, die Deutschland rechtsradikal gestalten will, aber sie selbst sind das nicht, weil sie große Taktiker sind. Sie mögen zum Beispiel das Heizungsgesetz von SPD, FDP und Grünen nicht und bestrafen deshalb einen CDU-Landratskandidaten, damit die CDU-Führung in Berlin stärker ihre Opposition artikuliert. Oder irgendwie so. Sie sind jedenfalls Unzufriedene und keine Rechtsextremen, weil sie die AfD nur benutzen, als Denkzettel, als Rote Karte, als Strafe, als Blitzableiter.

Alle sind sich somit einig, dass über die AfD vor allem als Mittel zum Zweck gesprochen wird. Auch die AfD selbst. Sie ermuntert die Menschen, mit ihrer Wahl ein Zeichen zu setzen. Die anderen Parteien tun das auch, sie rufen auf, ein Zeichen zu setzen, indem sie die AfD nicht wählen, weil das ein Dammbruch wäre, ein Menetekel, eine normative Verschiebung. So pflegen die Deutschen ein taktisches Verhältnis miteinander, die Wähler sind ein Werkzeug der AfD, aber die AfD ist auch ein Werkzeug der Wähler. Die anderen Parteien wiederum wären gerne das Werkzeug, mit dem die Wähler zeigen, dass es in Deutschland kein Demokratieproblem gibt. Selten nur geht es um die tatsächlichen Themen im Dorf, um das Schwimmbad, das Asylbewerberheim oder die Turnhalle. Dafür ist keine Zeit, weil spektakuläre Diskurse geführt werden müssen.

Wer Metadebatten führt, ermöglicht die Protestwahl

So wird das Protestwählertum nicht nur ermöglicht, sondern befördert. Wer unter solchen Bedingungen AfD wählt, kann tun, als habe er mit der Politik der Partei nichts zu tun. Er ist also nicht verantwortlich für das, was die AfD tun wird. Nichts ist in einer Demokratie so gefährlich wie unverantwortliche Wähler. Alle, Politiker und Wähler, sprechen uneigentlich und nur vor dem Hintergrund eines strategischen Kalküls.

Eine Frau gibt im Landkreis Sonneberg ihre Stimme ab.


Eine Frau gibt im Landkreis Sonneberg ihre Stimme ab.
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Bild: dpa

Vielleicht werden solche Metadiskurse von der intellektuellen Eitelkeit aller Beteiligten befördert. Wer über hochkomplexe Motivationslagen spricht, ist natürlich viel klüger als jemand, der banalerweise annimmt, dass man eine Partei wählt, weil man ihr zutraut, die Probleme zu lösen. Das tun AfD-Wähler ja gerade nicht, wie sie seit Jahren freiheraus jedem Demoskopen erzählen, der zufällig bei ihnen anruft. So gefällt sich das ganze Land in Metadebatten, statt über das Klein-Klein zu reden.

Es ist unheimlich schwer, das zu ändern. Wenn die CDU sagt, sie müsse Migration begrenzen, dann ist das eine inhaltliche Position, die nichts mit der AfD zu tun hat. Wenn sie aber sagt, sie müsse Mi­gration begrenzen, um die AfD kleinzuhalten, dann befördert sie den Metadiskurs. Dann geht es gar nicht um die Sorgen der Bürger, sondern um die Sorgen der CDU. Entscheidend ist also, wer im Mittelpunkt steht, der Bürger oder das Parteiengefüge.

Wählerverantwortung entsteht, wenn alle eisern beim Thema bleiben. Über was wird wirklich geredet? Über die Heizung oder über die berufliche Zukunft von Robert Habeck? Das eine brummt im Keller, das andere ist eine schillernde Seifenoper. An diesem Punkt müssen alle widerstehen. Die Debatte gehört in den Keller. Dort soll die AfD sagen, was sie will, das ist genau das, was sie nicht kann. Sie kann nur aus der letzten Reihe polemisieren gegen alles, was andere vorschlagen. Im politischen Keller zieht das nicht. Dort zählt, was die Kilowattstunde im Jahr 2025 kostet, ist der Preis zu hoch, will selbst der größte Nostalgiker keine Gasheizung mehr haben. Dort ist auch die Sprache eine andere, weil sie keinen doppelten Boden mehr hat. Nur im Keller scheitert die AfD.

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