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#Die Geldpolitik muss ein Zeichen setzen

Die Geldpolitik muss ein Zeichen setzen

Seit Monaten streiten Fachleute über die Frage, ob der aktuelle Preisschub ein vorübergehendes Phänomen darstellt oder den Beginn eines Zeitalters höherer Inflationsraten einläutet. Für beide Szenarien lassen sich Vorläufer aus der Nachkriegsgeschichte finden: Als im Jahr 1951 im Zuge des Koreakriegs die Inflationsrate in Deutschland auf 7 Prozent sprang, sahen manche Zeitgenossen das Ende der erst drei Jahre alten D-Mark nahen.

Die Inflation blieb damals ebenso eine Episode wie in den frühen neunziger Jahren, als sie, vom Boom der Wiedervereinigung getrieben, kurzzeitig die Marke von 5 Prozent erreichte. Der zunächst gemächliche Anstieg des Preisniveaus Ende der sechziger Jahre erwies sich hingegen als Vorbote einer mehr als zehn Jahre währenden Periode überdurchschnittlich hoher Inflationsraten.

Inflationsbekämpfung gibt es nicht zum Nulltarif

Die Frage, ob Geldentwertung ein kurzfristiges Phänomen bleibt oder zur längerfristigen Plage wird, hängt wesentlich vom Verhalten der Zentralbanken ab. Die Geldpolitik ist zwar nicht in der Lage, einen kurzfristigen Anstieg des Niveaus der Verbraucherpreise zu blockieren, wie er derzeit durch die Verteuerung von Rohstoffen und Störungen des Welthandels bewirkt wird. Sie kann mit ihren Instrumenten allerdings sehr wohl verhindern, dass sich ein einmaliger Preisschub in ein dauerhaftes Phänomen verwandelt.

Die Erfahrung lehrt indes auch: Inflationsbekämpfung, etwa durch die Beendigung von Anleihekäufen und die Erhöhung von Leitzinsen, kann über die Verteuerung der Finanzierung für Staaten, Unternehmen und private Haushalte als Nebeneffekt das Wirtschaftswachstum beschädigen. Inflationsbekämpfung gibt es nicht zum Nulltarif.

In einer Zeit, in der die Globalisierung stockt, die wirtschaftlichen Folgen der Pandemie schwer kalkulierbar bleiben und eine ehrgeizige Klimapolitik sehr viel Geld kosten wird, haben sich einige Zentralbanken lange Zeit mit der Überzeugung getröstet, die gegenwärtige Inflation kein geldpolitisches Handeln erfordern. Zahlreiche Ökonomen teilen diese Analyse.

Nicht zuletzt die Europäische Zentralbank vertritt diese Position, aber unumstritten ist sie auch in der Geldpolitik längst nicht mehr. Das Lager derjenigen, die der These von der nur vorübergehenden Natur der Inflation entgegentreten, hat am Dienstag mit Jerome Powell einen prominenten Zugang erhalten: Der Vorsitzende der amerikanischen Federal Reserve ist der mächtigste Geldpolitiker der Welt.

Das Selbstverständnis der Zentralbanken hat sich in den vergangenen Jahrzehnten stark verändert. Im Kampf gegen die Inflation waren sie mehrere Jahrzehnte lang so erfolgreich, dass sie sich andere Betätigungen suchten. In schweren Wirtschafts- und Finanzkrisen haben sie sich als Versicherer gegen gesamtwirtschaftliche Großrisiken etabliert. Der Preis dafür ist die wachsende Abhängigkeit von Regierungen und Finanzmärkten. Die Zentralbanken suchen auch stärker die Öffentlichkeit, begreifen sich als Kämpfer gegen den Klimawandel oder gegen wachsende Ungleichheit von Einkommen. Damit werfen sie Fragen nach den Grenzen der Macht nicht-gewählter Bürokraten auf.

Ein Zeichen tut Not

Den Test, ob die Zentralbanken neuen Stils in der Inflationsbekämpfung die gleiche Konsequenz wie ihre Vorgänger an Tag legen werden, mussten sie bislang nicht bestehen. Aber sie werden diesem Test wohl nicht ausweichen können. Denn nicht verändert hat sich eine zentrale, vor fast genau einhundert Jahren von dem britischen Ökonomen John Maynard Keynes formulierte Erkenntnis: Der größte Schaden der Deflation ist ihre wirtschaftlichen Wohlstand zerstörende Kraft.

Der größte Schaden der Inflation wiederum liegt in ihrer ungerechten und unsozialen Wirkung auf die Verteilung von Einkommen und Vermögen. Die Inflation benachteiligt die ärmeren Schichten der Bevölkerung gegenüber den Begüterten, weil die Ärmeren der Verlust der Kaufkraft im täglichen Leben ungleich härter trifft.

Um die nachteiligen Folgen der Inflation zu bekämpfen gibt es keine andere Möglichkeit als die einer stabilitätsorientierten Geldpolitik. Staatliche Kontrollen von Löhnen und Preisen haben sich in Nordamerika wie in Europa nicht bewährt. Die Staatshaushalte vieler Länder sind so angespannt, dass eine finanzielle Kompensation der Bürger zum Ausgleich des durch die Inflation erlittenen Kaufkraftverlusts illusorisch wäre.

Die aktuelle Inflationsrate ist hoch, aber die absehbaren Gefahren für die kommenden Jahren sind nicht so dramatisch, dass sie drastische Maßnahmen der Zentralbanken erforderten. Doch es wäre an der Zeit, ein Zeichen zu setzen, um die Entschlossenheit der Geldpolitik zu demonstrieren. Solche Zeichen sind in kurzer Zeit von der Federal Reserve und der Bank of England zu erwarten. Die Europäische Zentralbank sollte nicht länger zögern.

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